Merida - Legende der Highlands

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Prinzessin wider Willen

Welches junge Mädchen träumt nicht davon, eine waschechte Prinzessin zu sein? Im Falle von Pixars neuestem Animationsfilm fällt die Antwort auf diese Frage ganz einfach, sie verbirgt sich schon im Titel des Abenteuers – Merida. Die lebt zu Zeiten des Mittelalters in den schottischen Highlands, ist die Tochter eines mächtigen Clanchefs und damit per Geburt zum Leben als Prinzessin verdammt. Das ist vor allem deshalb bedauerlich, weil das Mädchen mit der hinreißenden roten Lockenpracht so gar nicht den Wünschen ihrer Mutter Queen Elinor und den Erwartungen an eine spätere Königin entspricht. Viel lieber jagt sie in wildem Ritt durch die Natur, kann verteufelt gut mit Pfeil und Bogen umgehen und hat überhaupt keine Lust auf das höfische Leben mit all seinen Konventionen und strengen Regeln.
Allerdings richten sich die Erfordernisse der hohen Politik nicht nach den Wünschen von Merida und so soll sie eines Tages mit einem der (grenzdebilen) Söhne der Clanchefs Lord MacGuffin, Lord Macintosh oder Lord Dingwall vermählt werden, um den Fortbestand des Reichs zu sichern. Merida aber denkt nicht im Traum daran, sich den Wünschen ihrer Mutter zu fügen und so lässt sie sich auf einen fatalen Handel mit einer Hexe ein, durch den ihre Mutter in eine echte Bärin verwandelt wird. Und weil bis zur endgültigen und nicht mehr wieder rückgängig zu machenden Verwandlung der Mutter in das Tier nur wenig Zeit bleibt, muss Merida ein Abenteuer bestehen, wie sie sich es schon immer gewünscht hat und doch nie erträumt hätte.

Wieder einmal, wie in fast allen Filmen aus der Animationsschmiede Pixar, geht es also – und das ist schon äußerst zielgruppengerecht – ums Heranwachsen, um die ersten Schritte auf dem Weg in die große weite Welt und darum, wie man dort als (Noch)Kind seinen Weg finden kann. Dennoch ist Merida — Legende der Highlands kein Abklatsch von Filmen wie Ratatouille oder Oben, sondern findet dank der zeitlichen und räumlichen Verortung in den mittelalterlichen schottischen Highlands und eines ganz einfachen Kniffs durchaus neue Wege und Einsichten in die wohlbekannten Plotstrukturen. Dass der Film beispielsweise einen Mutter-Tochter-Konflikt ins Zentrum der Geschichte stellt und dass die Männer in Merida nur schmückendes und nicht sonderlich helles Beiwerk sind, ist durchaus bemerkenswert. Gleiches gilt für die Volte des Drehbuchs, dass Merida in Wirklichkeit nicht nur eine Emanzipationsgeschichte erzählt, sondern eigentlich zwei – denn neben der Tochter wird sich auch die in Konventionen verhaftete Mutter am Ende weitgehend (wenngleich auch nicht radikal) von den Fesseln der Erwartungen befreien.

Die Abenteuer, die Merida und ihre animalische Mutter im Verlauf der Geschichte bestehen müssen, wirken gegen so viel Experimentierfreude in der Figurenzeichnung fast schon ein wenig überholt und bieten nur wenige Überraschungen – und das, obwohl es an märchenhaften Einfällen wie den blauen Irrlichtern und einem dämonischen Bären nicht mangelt. Das Gute an der eher vernachlässigbaren Story ist, dass man so als Zuschauer die Zeit hat, die Qualität der Animationen ausdauernd zu genießen. Und die stellen im Vergleich zu den vorherigen Pixar-Filmen noch einmal einen weiteren erheblichen Fortschritt dar, was man vor allem bei den grandiosen Landschaftspanoramen deutlich sehen kann, bei denen man die Unterscheidung zwischen real gefilmten und am Computer entstandenen Bildern kaum mehr feststellen kann (oder will).

So fällt unterm Strich das Fazit zu Merida – Legende der Highlands ambivalent aus: Bezüglich der Qualität der Animationen und der Raffinesse der Figurenzeichnung ist der neue Pixar-Streifen ein echter Hit. Gerade die Geschichte aber schafft es nicht, an den Charme, den Humor und den Tiefgang von Ratatouille anzuknüpfen. Und das ist dann doch eine kleine Enttäuschung.

Wie es vielleicht besser gegangen wäre, führt Pixar übrigens selbst vor – und zwar vor dem eigentlichen Hauptfilm. In alter Tradition des Unternehmens ist auch Merida – Legende der Highlands ein Vorfilm vorangestellt: La Luna bzw. Mondlicht heißt das neue Werk, das mit einer Dauer von sieben Minuten und ohne ein einziges gesprochenes Wort (Grunzen und Grummeln zählen natürlich nicht) ebenfalls eine märchenhafte Geschichte vom Erwachsenwerden erzählt, die von Anfang bis Ende bezaubert. Umso bedauerlicher, dass der Hauptfilm diese außerordentlichen Qualitäten des Kurzfilms nicht erreicht. Dennoch: Im Vergleich zu Ice Age 4 – Voll verschoben ist Merida der bessere und ungleich sympathischere Film.

Ein Tipp noch für die zahlreichen erwachsenen Fans von Pixar: Wie stets sollte man sich den Film nach Möglichkeit im Original anschauen, weil der hinreißende schottische Akzent neben dem Augen- auch noch einen Ohrenschmaus bietet.

Merida - Legende der Highlands

Welches junge Mädchen träumt nicht davon, eine waschechte Prinzessin zu sein? Im Falle von Pixars neuestem Animationsfilm fällt die Antwort auf diese Frage ganz einfach, sie verbirgt sich schon im Titel des Abenteuers – „Merida“. Die lebt zu Zeiten des Mittelalters in den schottischen Highlands, ist die Tochter eines mächtigen Clanchefs und damit per Geburt zum Leben als Prinzessin verdammt.
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Meinungen

sabrina · 15.08.2012

der film scheint sehr gut zu seien deshalb werde ich ihn mir demnächst mit meiner freundin ansehen