Meotjin haru

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Berlinale 2009: Forum

Wer sich den koreanischen Film Meotjin haru / My Dear Enemy von Lee Yoon-Ki ansieht, sollte vorher einen starken Kaffee trinken. Hier besteht akute Einschlafgefahr. Vielleicht hätte man doch die Q&A-Session nach der Vorführung am Abend abwarten sollen, um herauszufinden, was der Regisseur mit diesem Film aussagen wollte. So richtig klar ist das beim Sehen jedenfalls nicht geworden. Obwohl Lee Yoon-Ki mit seinen Filmen This Charming Girl (2005) und Ad Lib Night (2007), beide liefen im Forum der Berlinale, brillierte, ist sein neuester Streifen ziemlich enttäuschend.
Basierend auf einer Kurzgeschichte von Taira Azuko geht es um ein Wiedersehen zwischen Hee-Su (Jeon Do-Yeon) und ihrem Exfreund Byung-Woon (Ha Jung-Woo). Sie sucht ihn in einem Wettbüro auf, um eine beträchtliche Summe Geld von ihm zurückzufordern, die er natürlich nicht bei sich hat. Da sie ohne das Geld nicht gehen will, weicht sie von nun an partout nicht mehr von seiner Seite. Und weil Byung-Woon selbst gerade mittellos auf der Straße sitzt (was man ihm allerdings nicht ansieht), zieht er los, um sich von Freunden, Bekannten, Geliebten und sonstigen Anvertrauten neues Geld zu borgen – mit seiner Ex im Schlepptau.

Einen ganzen Tag bzw. zwei Filmstunden dauert diese Suche nach Geld: Ein Trip durch die kalte, trostlose Stadt Seoul mit einer griesgrämig dreinschauenden und genervten Hee-Su und einem ewig optimistisch, fröhlichen Byung-Woon. Aber wer sind diese Figuren? Wieso braucht sie so plötzlich und dringend ihr Geld zurück? Was haben die beiden für eine Vorgeschichte? Warum hat er zurzeit keinen Job? Ein bisschen mehr Futter wäre schön gewesen. Raum und Zeit dafür wären genug vorhanden gewesen. Es war sicher Lee Yoon-Kis Absicht, einen so reduzierten, subtilen Film zu drehen, nimmt man an.

My Dear Enemy ist der vierte Film von Lee Yoon-Ki. Bezeichnend für sein bislang überschaubares Werk ist, dass immer Frauen mit einer starken Persönlichkeit die Hauptrolle spielen. Auch bei diesem Film ist dies der Fall. Obwohl Hee-Su eine gebrochene und scheinbar arme Frau ist (allerdings fährt sie ein neues, teures Auto), hat sie Charakter und Stärke und erträgt die Eskapaden ihres Exfreundes mit großer Gelassenheit.

Fazit: Der Film ist ein echtes Kontrastprogramm zum Hollywoodkino. Komplett ohne Drehungen und Wendungen folgt man zwei eigentlich unscheinbaren Menschen, die auch Du oder ich sein könnten. Das ist nicht jedermanns Geschmack und erfordert eine Menge Geduld, könnte aber so manchen Nerv genau ins Schwarze treffen.

Meotjin haru

Wer sich den koreanischen Film Meotjin haru / My Dear Enemy von Lee Yoon-Ki ansieht, sollte vorher einen starken Kaffee trinken. Hier besteht akute Einschlafgefahr.
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