Meine Schwestern

Eine Filmkritik von Stefan Otto

Linda, Katharina, die Große und Clara, die Kleine

Am Anfang und am Ende liegt Linda darnieder. Dazwischen geht sie mehrmals zu Boden, klappt zusammen. Ein Herzfehler macht die mittlere von drei Schwestern zu einer labilen Person.
„Soll er doch mal mit ‚ner gesunden Frau ficken“, sagt sie (Jördis Triebel) zu den Eskapaden ihres Mannes und möchte im Vorfeld einer Operation nicht mit ihm, sondern mit ihren Schwestern Katharina (Nina Kunzendorf) und Clara (Lisa Hagmeister) verreisen. „Ist irgend etwas gefährlicher oder komplizierter als sonst?“ will Katharina, die Große, wissen, die die wiederkehrenden medizinischen Behandlungen ihrer kleinen Schwester von Kindheit an gewohnt ist. „Ist nur so ein Gefühl, ich weiß nicht, ob ich es schaffe“, antwortet Linda, während der Zuschauer ihr voraus ist und schon weiß, dass diese Zweifel ganz berechtigt sind.

Linda geht es darum, vor der beunruhigenden Operation noch ein paar schöne Tage in Gemeinschaft zu verbringen. Sie fahren an die Nordsee, an einen glücklichen Ort, den Ort ihrer Kindheit, an dem sie unzertrennlich waren. Hier lernten sie schwimmen, hier wurden sie erwachsen, hier gab es die ersten Küsse. Dann geht es spontan weiter nach Paris, wo Onkel (Ernst Stötzner) und Tante (Angela Winkler) wohnen. Sie sind drei Ausreißerinnen. Besonders Linda, die sich in Paris noch einmal selbstständig auf einen Weg zu machen versucht. Sie folgt Béatrice Dalle, scheitert jedoch an den steilen Treppen hinauf zu Sacré-Cœur.

Meine Schwestern ist ein Film wie ein langer Abschied. Anders als in anderen Streifen, an deren Beginn schon der Tod einer Hauptfigur steht, verschwinden die Gedanken daran eigentlich nie. Lindas Erkrankung ist die ganze Zeit über präsent, auch wenn man der Frau bis auf eine Narbe auf der Brust nichts ansieht. Die Einschränkungen, die sie erleidet, sind immer wieder ein wichtiger Bestandteil des Films. Das heißt aber auch, es wird nichts beiseite geschoben, nichts weggelacht oder mit vordergründiger Spannung übertüncht.

Regisseur Lars Kraume, von dem zuletzt der Kieler Tatort: Borowski und der brennende Mann zu sehen war, entwickelte die Geschichte zusammen mit seinen drei Hauptdarstellerinnen, mit denen er jeweils einzeln schon gearbeitet hatte und die als Trio überhaupt den Anstoß für den Film gaben. Gedreht wurde dann nicht bloß chronologisch, sondern möglichst Einstellung für Einstellung in derselben Reihenfolge wie im fertigen Film. Das Ergebnis ist ein sehr überzeugendes Drama, das ganz nah bei seinen Figuren bleibt, nah auch beim bevorstehenden Ende und das doch in den meisten seiner hellen Bilder Lebensfreude nicht nur vermittelt, sondern richtiggehend spüren lässt.

Meine Schwestern

Am Anfang und am Ende liegt Linda darnieder. Dazwischen geht sie mehrmals zu Boden, klappt zusammen. Ein Herzfehler macht die mittlere von drei Schwestern zu einer labilen Person.
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