Max Bill - Das absolute Augenmaß

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Das Jahrhundertgenie

Am 22. Dezember 2008 jährt sich der 100. Geburtstag des wohl bedeutendsten Schweizer Künstlers des 20. Jahrhunderts – Max Bill. Zu diesem Anlass kommt beinahe punktgenau Erich Schmids Dokumentation über Leben und Werk des Malers, Architekten und Gestalters Max Bill in die Kinos – ein sehenswertes Werk über einen ungewöhnlichen Künstler und ebensolchen Menschen. Dass der Filmemacher sich in seinem Film dem Jahrhundertgenie widmet, ist übrigens kein Zufall, sondern auch Ausdruck einer Verbundenheit familiärer Natur: Denn Schmid ist seit 1998 mit Angela Schmid Thomas verheiratet. Und die wiederum war über zwei Dekaden mit Bill eng verbunden, die beiden heirateten 1991, drei Jahre vor dem Tod des Gestalters. Kein Wunder also, dass der Zugsang, den dieser Film wählt, ein sehr persönlicher ist – mit Angela Schmid Thomas als Erzählerin.
1908 in Winterthur geboren, absolvierte Bill zunächst von 1924 bis 1927 eine Lehre als Silberschmied an der Kunstgewerbeschule, wo er bereits 1925 eine erste ungewöhnliche Anerkennung seines Talents erhielt: Seine Arbeiten wurde in der berühmten „Exposition international des arts décoratifs“ gezeigt – neben denen von bereits arrivierten Designern wie Le Corbusier und Melnikov. Ab 1927 studierte er ein Jahr lang Architektur am legendären Bauhaus in Dessau, bevor er nach Zürich zurückkehrte und fortan als Publizist, Designer, Architekt und Künstler wirkte. Ab 1933 gehörte Bill der Künstlergruppe „abstraction création“ in Paris an und stellte gemeinsam mit Piet Mondrian, Jean Arp, Sophie Taeuber, Marcel Duchamps und Georges Vantongerloo aus. Wohlgemerkt, zu diesem Zeitpunkt war Bill gerade mal 25 Jahre alt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Max Bill nach Ulm berufen, um dort die heute legendäre Hochschule für Gestaltung aufzubauen und an ihr als Rektor zu wirken. Bis heute gilt die Hochschule als wichtigste Brutstätte des Designs der Nachkriegszeit, aus der unzählige herausragende Gestalter hervorgingen.

Neben seinem künstlerischen Wirken steht aber auch der „homo politicus“ Max Bill im Zentrum des Films – und auch da bewies Max Bill ein absolutes Augenmaß. Kunst und Design waren für ihn nie nur reiner Selbstzweck, sondern gehorchten auch moralischen und gesellschaftlichen Zielsetzungen. Denn schöne Gestaltung diente – so seine Vorstellung – auch dazu, das Wohlbefinden des Menschen zu verbessern und Ordnung und Harmonie in eine Welt zu bringen, die von Chaos, Zerstörung und Krieg geprägt ist. Doch der politische Mensch Max Bill beschränkte sich keineswegs nur darauf, seine ästhetischen Prinzipien in den Dienst des Humanismus zu stellen, er setzte sich auch sehr konkret gegen den Faschismus ein, indem er etwa während des Zweiten Weltkrieges Flüchtlinge bei sich aufnahm. Kunst und Engagement – sie sind wie im Fall Max Bills, keine Gegensätze, sondern ergänzen sich gegenseitig und legen so Zeugnis ab vom Verantwortungsbewusstsein eines großen Mannes.

An manchen Stellen allerdings gerät der Künstler in Erich Schmids Film dann doch zu einer überlebensgroßen Lichtgestalt, was mit Sicherheit auch dem direkten und sehr persönlichen Zugang durch Angela Schmid Thomas geschuldet sein dürfte. Manche Inszenierung der Verehrung des Künstlers durch seine Witwe berührt auf beinahe peinliche Weise. Und neben dem Chor der vielen Zeitzeugen, die allesamt Max Bill in den höchsten Tönen loben, bleibt keinerlei Platz für kritische Anmerkungen. Auch bei manchen Aussagen von Bills zweiter Ehefrau hätte man sich ein intensiveres Nachfassen gewünscht. Doch wenn Filmemacher und Erzählerin auf solch enge Weise aneinander gebunden sind wie in diesem Fall, kann man das wohl nicht erwarten.

So ist und bleibt Max Bill – Das richtige Augenmaß vor allem ein Film für die Fans des Designers und für jene Kunstinteressierten, die sich eine erste Einführung in Leben und Werk des Mannes wünschen, dessen Wirken die äußere Gestaltung des 20. Jahrhunderts auf so vielfältige Weise geprägt hat.

Max Bill - Das absolute Augenmaß

Am 22. Dezember 2008 jährt sich der 100. Geburtstag des wohl bedeutendsten Schweizer Künstlers des 20. Jahrhunderts – Max Bill.
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Meinungen

Madeleine Schäublin · 28.11.2008

ich glaube nicht, dass der kritiker den film selber gesehen hat. wer einen film-online-dienst selber betreut, daneben noch bücher über wein und bugatti (in der heutigen zeit der klimadebatten) schreibt wie j. kurz wirkt nicht gerade seriös - vor allem, weil der film sehr stark berührt, sowohl künstlerisch wie auch politisch.

P. Gasser · 28.11.2008

Den Film über Max Bill habe ich am Filmfestival in Locarno im August gesehen. Wer sich für Film und Kultur interessiert, darf diesen spannenden und berührenden Film auf keinen Fall verpassen! Ich habe sehr viel über Max Bill und das Bauhaus erfahren.

@Madeleine · 06.12.2008

Interessante und absolut logikfreie Schlussfolgerungen, die Sie da abliefern. Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun?