Mal was anderes?

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Homo. Hetero. Und der ganze Rest dazwischen.

Berlin hat einen, Paris ebenso, warum sollte dies also nicht auch in Italien möglich sein? Die Rede ist von einem schwulen Stadtoberhaupt. Der junge Zentrumspolitiker Piero, der seit 14 Jahren mit seinem Partner Remo zusammen ist, ist jedenfalls voller Elan, als die grauen Eminenzen seiner Partei ihm antragen, sich doch bei der internen Vorwahl auf den Posten des Kandidaten für das Bürgermeisteramt der Stadt (diese ist zwar nicht genauer benannt, allerdings ist deutlich zu sehen, dass der Film in Triest gedreht wurde) zu bewerben. Was er nicht ahnt: Die Aufforderung zur Kandidatur ist lediglich eine Farce, um einen vorgeschobenen Gegenkandidaten zu haben und die resolute Politikerin Adele als Vize zu verhindern. Allerdings geht die Rechnung der Honoratioren nicht so ganz auf: Just bei der Verkündung des Ergebnisses der Vorwahlen bricht der eigentliche Spitzenkandidat zusammen und stirbt, so dass die Partei nun mit einem liberalen Schwulen und einer konservativen und nicht eben wohlgelittenen Frau ins Rennen gehen muss. Klar, dass bei dieser Kombination schon bald die Fetzen fliegen, denn Adeles Bild von der Familie als Keimzelle des Staates lässt sich kaum mit Pieros freizügigerem Lebensstil in Einklang bringen.
Und es droht noch anderes Ungemach: Der bekennende schwule Playboy und die geschiedene Frau verlieben sich ineinander und beginnen eine Affäre, die nicht nur Pieros Weltbild ins Schwanken bringt, sondern der angeblich unfruchtbaren Adele auch noch eine zwar sehnlichst erwünschte, aber in dieser Form nicht geplante Schwangerschaft beschert. Was sowohl Pieros Beziehung als auch seine politischen Ambitionen gewaltig gefährdet.

Dass im Lande eines Silvio Berlusconi, der gerne mal zu Protokoll gibt, seine Leidenschaft für junge bis sehr junge Frauen sei ja immerhin besser als schwul zu sein, Alternativen zur klassischen Familie überhaupt filmisch verhandelt werden, ist alleine schon löblich genug. Zugleich hat sich in den letzten Jahren auch dank des Filmemachers Ferzan Özpetek und anderer eine wohltuende Selbstverständlichkeit in der cineastischen Behandlung queerer Lebensformen etabliert, auf deren Fundament Umberto Carteni aufbauen kann.

Mit viel Dialogwitz (es ist wieder einmal beeindruckend mit anzuhören, in welcher maschinengewehrartigen Geschwindigkeit in Italien selbst Liebeserklärungen heruntergerattert werden) sowie mancherlei Missverständnissen und Turbulenzen ist Mal was anderes? eine erfrischende Komödie über Geschlechterrollen und –differenzen, über Toleranz und die Fallstricke der Politik, wie sie sich vor allem in Italien darstellen. Herrlich sind die Seitenhiebe auf den populistischen Gegenkandidaten Pieros, dessen Wahlkampf vor allem darin besteht, vollkommen sinnfreie Mauern der Freiheit einzuweihen, deren pure Existenz bereits davon zeugen, dass dem Mann der Sinn nicht nach Freiheit, sondern vor allem nach Einschränkung derselben steht. Auch die Machtspiele der eigenen Parteigenossen, deren Winkelzüge schließlich dazu führen, dass die verkrusteten Strukturen überhaupt erst aufgebrochen werden können (wenn auch wider Willen), sind unterhaltsam inszeniert und fügen sich nahezu nahtlos in den leichten Tonfall der Erzählung ein.

In gewisser Weise ähnelt Mal was anderes? in seiner Schilderung des ganz normalen queeren Zusammenlebens und seines Diskurses über die Stellung der Familie im Zeitalter alternativer Lebensmodelle ein klein wenig Lisa Cholodenkos Film [ilink13552]The Kids Are All Right[/ilink], ist aber in seinen Beobachtungen der italienischen Politik vielschichtiger, wenn es um die Stellung der Schwulen und Lesben im immer noch stark von der katholischen Kirche geprägten Italien geht.

Wenn man von der etwas zu pathetischen Schlussrede Pieros und den manchmal etwas zu heftig agierenden Darstellern einmal absieht (aber hey, so ist Italien nun mal), die aber trotz kurzer Momente des overacting stets glaubwürdig und sympathisch bleiben, ist Mal was anderes? eine verblüffend unterhaltsame Komödie über Homo, Heteros und all die Formen dazwischen.

Mal was anderes?

Berlin hat einen, Paris ebenso, warum sollte dies also nicht auch in Italien möglich sein? Die Rede ist von einem schwulen Stadtoberhaupt. Der junge Zentrumspolitiker Piero, der seit 14 Jahren mit seinem Partner Remo zusammen ist, ist jedenfalls voller Elan, als die grauen Eminenzen seiner Partei ihm antragen, sich doch bei der internen Vorwahl auf den Posten des Kandidaten für das Bürgermeisteramt der Stadt (diese ist zwar nicht genauer benannt, allerdings ist deutlich zu sehen, dass der Film in Triest gedreht wurde) zu bewerben.
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