Lommbock (2017)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Mitkiff-Crisis

Ja, Sie haben richtig gelesen. Dieser Filmtitel ist kein Tippfehler. Lommbock ist Christian Züberts Fortsetzung seiner Kifferkomödie Lammbock (2001), in der Lucas Gregorowicz und Moritz Bleibtreu zwar 15 Jahre älter, aber kein Stück weiser sind. Das Philosophieren und Konsumieren haben sie auch nicht verlernt.

Kinder, wie die Zeit vergeht! 15 Jahre ist das schon her, dass Stefan (Lucas Gregorowicz) und Kai (Moritz Bleibtreu) lieber kiffend auf der Couch versackten, als ihre Hintern hochzukriegen. Um ihr Studium zu finanzieren, betrieben sie einen ganz speziellen Lieferservice namens „Lammbock“. Wer dort die „Pizza Gourmet“ bestellte, bekam das Päckchen Cannabis gleich mit. Während Kai nie aus Würzburg rausgekommen ist, hat Stefan als Anwalt Karriere gemacht. Er steht kurz vor der Hochzeit und vor der Erfüllung seines langgehegten Traums. Seine jamaikanische Strandbar wird Stefan allerdings nicht in der Karibik, sondern auf der Dachterrasse eines Hochhauses in Dubai eröffnen, mit THC-freien Joints (!). Zum Heiraten braucht er nur noch schnell seine Geburtsurkunde. Also geht es für einen Kurztrip zurück in die fränkische Provinz und dort dann alles schief.

Der 1973 in Würzburg geborene Regisseur und Drehbuchautor Christian Zübert hat gleich mit seinem Debütfilm einen Überraschungserfolg gelandet. Lammbock traf einen Nerv. Endlich hatte auch das deutsche Publikum seinen Cheech und Chong, seine Variante des „Dude“ Lebowski oder von Kevin Smiths dummschwätzenden Ladenhütern. Das passte in die Zeit. Rückblickend waren die Jahre um die Jahrtausendwende welche, in denen auch in Deutschland die Epigonen aus dem Boden der Filmlandschaft sprossen. Knocking on Heaven’s Door (1997), Der Eisbär (1998) oder Bang Boom Bang (1999) machten alle keinen Hehl daraus, dass sie sich großzügig bei amerikanischen und britischen Genre-Vorbildern bedienten. Auch Kais nicht enden wollende Monologe über Erika Eleniaks Brustimplantate und Sex mit Mehmet Scholl waren deutlich an Quentin Tarantino und Kevin Smith geschult, die Figuren Frank (Wotan Wilke Möhring) und Schöngeist (Antoine Monot Jr.) unverkennbar bei Smiths Jay und Silent Bob abgekupfert. Selbst wenn sie die Qualität der Originale nie ganz erreichten, brachten die bekifften Konversationen doch einen erfrischenden Ton in den deutschen Film, der bei vielen bis heute Kult ist.

Von Kais Monologen gibt es auch in der Fortsetzung reichlich. Denn der zieht immer noch lieber einen durch, als mit seiner Freundin Sabine (Mavie Hörbiger) und deren Sohn Jonathan (Louis Hofmann) an einem Strang. Sein Lieferservice heißt mittlerweile „Lommbock“, weil asiatische Küche besser geht als italienische. Dort kiffosophiert Kai auf der Couch über den wahren Ursprung der Menschheit oder darüber, wie Internetpornos das Sexualleben versauen. Das ist immer noch ziemlich witzig, auch wenn Stefan eine von Kais Theorien bei seiner Exfreundin Jenny (Alexandra Nelde) besser nicht in die Praxis umgesetzt hätte. Aber selbst diese kleinen Zoten federt Lommbock erstaunlich leicht ab, was in erster Linie an den Schauspielern liegt, denen das Publikum viel verzeiht. Moritz Bleibtreus spitzbübisches Lächeln genügt dafür meist schon.

Wie im ersten Teil lässt sich Zübert viel Zeit, nimmt manch unnötigen Umweg. Aber vielleicht gehört das zu einer Kifferkomödie einfach dazu, allein schon deshalb, weil vermutlich nicht jeder Zuschauer dem Geschehen nüchtern folgt. Neben allerlei abstrusen Verwicklungen klingen dieses Mal aber auch ernstere Töne an. Wie es sich für eine Komödie gehört, hat Zübert seine Kritik an technisch hochgezüchteten Cannabispflanzen unter dem Titel „Der Polen-Fluch“ als Running Gag verpackt. Dessen Auswirkung ist eine äußerst gelungene Pointe, wie Lommbock insgesamt mehr in einzelnen Episoden denn als großes Ganzes überzeugt. Wie Zübert etwa den gemeinen deutschen Gangsterrapper (hier: Dar Salim) als profitgierigen, provinziellen Spießbürger entlarvt, ist köstlich.

Ein Kultfilm wie der erste Teil dürfte Lommbock kaum werden. Dafür sind die Figuren zu weit von einem jugendlichen bis adoleszenten Publikum entfernt, auch weil ihre Probleme mehr an ihr Alter geknüpft sind als etwa die des Big Lebowski. Die Jugendlichen von einst, die mit Stefan und Kai 15 Jahre älter geworden sind, holt Züberts Komödie hingegen ab, zumindest die Männer. Lommbock ist eine erstaunlich melancholische Komödie über das Älterwerden und über einen gar seltsamen Typus Mann, nämlich jenen, der von der Quarterlife-Crisis direkt in die Midlife-Crisis stolpert. Das ist zwar nicht neu, aber auch nüchtern erstaunlich entspannt.
 

Lommbock (2017)

Ja, Sie haben richtig gelesen. Dieser Filmtitel ist kein Tippfehler. „Lommbock“ ist Christian Züberts Fortsetzung seiner Kifferkomödie „Lammbock“ (2001), in der Lucas Gregorowicz und Moritz Bleibtreu zwar 15 Jahre älter, aber kein Stück weiser sind. Das Philosophieren und Konsumieren haben sie auch nicht verlernt.

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