Koza

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Fernab von Rockys Heldenglanz

Mit Koza, dem Porträt eines abgehalfterten Boxers, legt der slowenische Regisseur Ivan Ostrochovský sein Spielfilmdebüt vor. Im Fokus steht Ex-Boxer Peter Baláž, aufgrund seiner schmalen Gesichtszüge von allen nur „Die Ziege“ – polnisch koza – genannt, der sich hier selbst verkörpert. Ursprünglich als Dokumentarfilm geplant, erzählt Ostrochovský nun eine fiktive Geschichte um einen einst gefeierten Sportler, der von seinem Ruf als slowenischer Olympia-Teilnehmer 1996 zehrt, seine besten Tage aber längst hinter sich hat. Trotz aller Niederlagen denkt der drahtige Mann mit den kurz geschorenen Haaren niemals ans Aufgeben, da er zugleich seine Freundin und ihr Kind ernähren muss.
Mit ihnen haust Koza in einer beengten Unterkunft, wo sie zusammen auf einem Sofa schlafen. Von seinen Einkünften als Metallsammler können sie kaum existieren. Hinzu kommt noch, dass Misa schwanger ist und Geld für eine Abtreibung benötigt, während der Boxer gerne Vater werden würde. Gemeinsam mit seinem schroffen Boss als Box-Promoter kehrt er zu seinem einstigen Metier zurück und reist er von einem Schaukampf zum nächsten – in der vagen Hoffnung, mit der Siegesprämie seine Freundin von ihrer Entscheidung abbringen zu können. Doch auf Dauer ist sein Körper den steten Strapazen aus hartem Training auf schlammigen Straßen, den Nachwirkungen früherer Blessuren und jüngeren Opponenten nicht gewachsen.

Man erkennt an Ostrochovskýs distanziertem Konzept, in dem er auf lange Einstellungen, einen Verzicht auf Musik und reduzierte Dialogen setzt, seine Schulung als Dokumentarregisseur. Im Jahr 2013 porträtierte er etwa in dem Episodenfilm Velvet Terrorists mit zwei Kollegen radikale tschechische Ex-Rebellen. Schon hier verband er reine Beobachtung und Inszenierung mit rauem Realismus und bitterem Humor, woran Koza anknüpft.

In seinem winterlichen Road Movie verzichtet Ostrochovský oft auf die Aktion wie die Boxkämpfe selbst und schneidet direkt auf die Reaktion. Anstatt auf eine dynamische Handkamera bei den Fights zu bauen, verlegt sich der zumeist statische Bildaufbau auf die Totale. Angesiedelt wurde die unspektakuläre Geschichte in unwirtlichen Schauplätzen, was sich von Kozas karger Wohnung über den dreckigen Schrottplatz bis zu den abweisenden Umkleidekabinen zieht. Ostrochovský zeichnet eine egoistische Welt ohne Platz für Vertauen und Hilfsbereitschaft. Während ein versoffener Ersatztrainer mit Geld für Besorgungen verschwindet, kassiert Peters Chef den größten Anteil ihrer Einnahmen und raubt nebenbei eine Anhalterin aus. Sportglamour sieht anders aus.

Dennoch entstand mit Koza keine depressive Studie, da das melancholische Drama schon aufgrund der Titelfigur nicht ohne Optimismus auskommt. Trotz oder aufgrund des minimalistischen Stils gelingt es Ivan Ostrochovský, seine Charaktere und ihr Umfeld in wenigen Strichen präzise zu zeichnen. Damit erinnert die slowenisch-tschechische Co-Produktion mitunter an die sezierenden Arbeiten der „Neuen Rumänischen Welle“. Nach der Weltpremiere im Forum der Berlinale 2015 wurde sie auf dem Wiesbadener GoEast-Festival mit dem Preis für die beste Regie und dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet.

Koza

Mit „Koza“, dem Porträt eines abgehalfterten Boxers, legt der slowenische Regisseur Ivan Ostrochovský sein Spielfilmdebüt vor. Im Fokus steht Ex-Boxer Peter Baláž, aufgrund seiner schmalen Gesichtszüge von allen nur „Die Ziege“ – polnisch „koza“ – genannt, der sich hier selbst verkörpert.
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Meinungen

stenlis · 11.09.2015

Der Film ist Slowakisch nicht Slowenisch