Knerten traut sich

Eine Filmkritik von Lida Bach

Auf Holz klopfen

Sogar vom Holzweg kann man manchmal auf einen grünen Zweig kommen. Das lernt Lillebror (Adrian Grønnevik Smith) in Martin Lunds Fortsetzung von Åsleik Engmarks feinsinniger Kindergeschichte mit seinem besten Freund Knerten. Holz- und Beinbruch heißt es für den sprechenden Stock, der zum ständigen Begleiter des kindlichen Helden von Mein Freund Knerten geworden ist, um ein Haar schon in den ersten Minuten des quirligen Filmabenteuers, in das die kühne Einleitungsszene die jungen Zuschauer wirbelt.
Gewirbelt wird auch Knerten: In die Speichen des Fahrrads von Lillebrors Mutter (Pernille Sörensen), für die es wenig später Hals- und Beinbruch heißt. Schlimm ist der Sturz zwar nicht, der sie vom Rad in den Straßengraben bugsiert, aber die Erkenntnis, dass seine Eltern verletzlich sind, fort, wenn er sie braucht, und manche Menschen so rücksichtslos, dass sie Unfallopfer einfach liegen lassen, schafft bei Lillebror eine zweifache Verunsicherung. Die Sorgen der Erwachsenen, deren Welt Knerten traut sich so vertrackt und verwirrend zeigt, wie sie nicht nur in Kinderaugen manchmal erscheint, erlebte Lillebror im ersten Teil durch die materielle Bedrängnis der Eltern. Die hat sich dank des florierenden Strumpfhandels des Vaters stabilisiert, während Trennungs- und Verlustängste an ihre Stelle treten. Ihnen begegnet Lillebror mit der mutigen Detektivarbeit, der er sich mit Verstärkung der gewitzten Vesla (Amelie Blanholm Hegemsnes) widmet.

Die gleichaltrige Vesla beweist ihre ebenbürtige Erfindungsgabe, indem sie die Ermittlungen mit tänzerischen Ablenkungsmanövern und kulinarischen Fahndungsideen unterstützt. Da der Ast nicht weit vom Stamm fällt, wird Knerten der Holzkopf von Zweigmädchen Karoline verdreht. Seinem von Vesla mitgebrachten weiblichen Pendant gegenüber ist der Astgefährte zuerst stocksteif und abgeklärt. Gleich ihm findet auch Lillebror auf der Spurensuche keinen pauschal Schuldigen, sondern zu etwas bedeutenderem: einem flexibleren Urteilsvermögen, zu dem das Wissen gehört, dass der äußere Schein trügen kann und Verantwortlichkeit etwas Relatives ist. Der Kinderkrimi um den Fahrer, der am Unglücksort einen von Lillebror gefundenen Rücklichtsplitter hinterlassen hat, und die keimende Romanze zwischen Knerten und Karoline lassen beide zusammen wenig von der Unaufdringlichkeit und Bedachtsamkeit des filmischen Vorgängers fühlen.

Nicht ganz so geschmeidig wie Mein Freund Knerten geht das neue Kinoabenteuer, in das der hölzerne Titelheld saust, über die Leinwand, genau wie Knertens Landung. Die ärgsten der Turbulenzen, die Knerten in seiner Begrüßung hinter sich gelassen zu haben verkündet, stehen ihm, Lillebror und der zum zweiten mal von Brigitte Bratstetn adaptierten Handlung noch bevor. Knertens Eröffnungsflug und der Titel von Knerten traut sich sprechen mit allegorischer Stimme am Ende des zweiten Kinofilms nach der Kinderbuchreihe der 2008 verstorbenen Autorin Anne-Catherine Vestly um den kleinen Lillebror, der in den Sechzigern mit seiner fürsorglichen Mutter und seinem vielbeschäftigten Vater (Petrus Andreas Christensen) aus der Stadt aufs Land zieht und dort in dem Zweig Knerten, mit dem nur er sich unterhalten kann, einen im doppelten Sinne zauberhaften Gefährten findet. Knerten traut sich — ein wenig zu viel für ein Kinderabenteuer, das bei seinen Anspielungen die Jüngsten, für die es ausgerichtet ist, mitunter übergeht, um sie an anderer Stelle mit seichtem Ulk zu unterfordern.

Obwohl durch die weit stärker für aufregende Effekte eingesetzten Animationen und die ungeschicktere Struktur zurückgedrängt, sind die nachdenklichen Nuancen nicht ganz vergessen. Die Gewissensfrage, die Lillebror schließlich sich selbst stellen muss, verweist auf seine bevorstehende Abzweigung von dem kindlichen Fantasiereich, dessen Symbolgestalt Knerten ist. Åsleik Engmark, der sich dieses Mal ausschließlich seiner Sprechrolle als Knerten widmet, schuf ein feineres Relief nostalgischer Kinderpoesie als Regisseur Lund. Doch dass beide aus dem gleichen Holz sind, ist in Knerten traut sich trotz der groberen Züge noch spürbar.

Knerten traut sich

Sogar vom Holzweg kann man manchmal auf einen grünen Zweig kommen. Das lernt Lillebror (Adrian Grønnevik Smith) in Martin Lunds Fortsetzung von Åsleik Engmarks feinsinniger Kindergeschichte mit seinem besten Freund Knerten. Holz- und Beinbruch heißt es für den sprechenden Stock, der zum ständigen Begleiter des kindlichen Helden von „Mein Freund Knerten“ geworden ist, um ein Haar schon in den ersten Minuten des quirligen Filmabenteuers, in das die kühne Einleitungsszene die jungen Zuschauer wirbelt.
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