Jakobs Bruder

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Die Sache mit dem Weg und dem Ziel

Familienangehörige, die miteinander mehr gezwungen als freiwillig auf Reisen gehen und sich im Verlauf der Strecke nicht nur mit den Widrigkeiten des Straßenverkehrs, sondern vor allem mit sich selbst auseinander setzen müssen, sind im Kino nun wahrlich nichts Neues. Trotzdem erfreut sich diese Konstellation nach wie vor großer Beliebtheit und sorgt immer wieder für Filme, die zwar nett anzuschauen sind, bei denen einen aber häufig das Gefühl beschleicht, genau diesen Film bereits in ähnlicher Form gesehen zu haben. Genau so ergeht es einem auch bei Jakobs Bruder von Daniel Walta, der neben einer vertrauten Storyline auch drei vor allem aus dem Fernsehen bekannte Gesichter auf der Leinwand versammelt: Hannelore Elsner sowie Klaus J. Behrendt (Tatort) und Christoph Maria Herbst (Stromberg).
Behrendt und Herbst spielen die beiden Brüder Jakob und Lorenz Goldt, die – natürlich unterschiedlicher kaum sein könnten. Während der jüngere Lorenz (Herbst) als Moderator eines schmierigen TV-Shopping-Senders ein Leben auf der Überholspur führt, ist Jakob gesetzter, reifer und viel ernsthafter als sein Bruder. Um möglichst viel Abstand zwischen sich und seine Familie zu bringen, hat sich Jakob viele hundert Kilometer entfernt an der ostfriesischen Nordseeküste niedergelassen, wo er ein Fischrestaurant führt. Die Flucht vor der Vergangenheit funktionierte bislang auch bestens, bis eines Tages sein Bruder vor ihm steht, um ihn mit nach Hause zu nehmen. Der Grund: Ann Goldt (Hannelore Elsner), die Mutter der beiden, ist mittlerweile an Alzheimer erkrankt. Und vielleicht ist dies die letzte Chance, findet Lorenz, die tiefen Gräben zwischen ihr und Jakob zu überwinden, die niemals aufgearbeitet wurden. Nur widerwillig lässt sich Jakob auf die Reise ein, denn auch mit Lorenz ist sein Verhältnis nicht das Beste.

Jakobs Befürchtungen scheinen sich anfangs zu bewahrheiten: Schnell brechen die alten Verhaltensmuster wieder auf, Verdrängtes bahnt sich seinen Weg und die Konflikte, die man bislang totschwieg, müssen erneut ausgefochten werden. Zu allem Überfluss streikt der betagte Volvo und versagt mehrmals die Weiterfahrt, so dass die beiden Brüder die Fahrt nicht so schnell zu Ende bringen können, wie ihnen das lieb ist. Als sie dann noch unterwegs die minderjährige Tramperin Lara (Sophie Rogall) auflesen, kommt endlich Bewegung in die verkrusteten Beziehungen…

Eigentlich hätte sich die Geschichte der beiden Brüder, die sich erst durch die Erkrankung der Mutter wieder aneinander annähern, auch in 60 Minuten erzählt werden können. Weil das aber weder im Kino noch im Fernsehen – wo der Film viel eher hingehört – kein übliches Format ist, wird die Reise mittels automobiler Pannen in die Länge gestreckt. Im Fußball würde man so etwas wohl ein klares Zeitspiel nennen, im Kino jedoch greift das Regelwerk aus dem Stadion leider nicht.

Überhaupt ist die Geschichte, die Daniel Walta in seinem Debütfilm erzählt, wenig überraschend, dafür aber solide inszeniert und passabel gespielt. Für einen amüsanten Kinoabend ist das aber insgesamt zu wenig. Filme wie Wir können auch anders oder Bis zum Ellenbogen sind und bleiben in Sachen deutscher Road Movie nach wie vor das Maß aller Dinge.

Jakobs Bruder

Familienangehörige, die miteinander mehr gezwungen als freiwillig auf Reisen gehen und sich im Verlauf der Strecke nicht nur mit den Widrigkeiten des Straßenverkehrs, sondern vor allem mit sich selbst auseinander setzen müssen, sind im Kino nun wahrlich nichts Neues.
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