Interior. Leather Bar

Eine Filmkritik von Festivalkritik Berlinale 2013 von Beatrice Behn

Reenactment eines verschollenen Stücks Filmgeschichte

James Franco als Schauspieler ist etwas völlig anderes als James Franco der Regisseur. Während der Schauspieler sein Geld mit allen möglichen Mainstream-Filmen verdient und ab und zu mal einen kleinen Indie-Ausflug unternimmt, sind die Filme des Regisseurs Franco etwas, dass man zuerst einmal mit Intellektualismus in Verbindung bringt und dann mit Experimentalismus und Kunst.
Francos Filme sind stets geprägt von einem Beobachten des Beobachters, die letzten Filme sogar ganz dezidiert, vom Beobachten eines Schauspielers bei der Arbeit. Nach Francophrenia (Or Don’t Kill Me, I Know Where the Baby Is), in dem er sich selbst bei den Dreharbeiten zur Soap Opera General Hospital filmte, ist es nun Interior. Leather Bar, ein oberflächlich gesehen schwuler Film — nicht sein erster, vor ein paar Jahren gewann er auf der Berlinale den „Teddy Award“ für seine Kurzfilm The Feast of Stephen. In seinem neuen Werk kommt also alles zusammen, was in seinen vorherigen Filmen schon vorhanden war. Interior. Leather Bar, eine Kooperation mit dem schwulen Regisseur Travis Matthews, versucht eine Doku über die Dreharbeiten zu einem außergewöhnlichen Stück Filmgeschichte darzustellen.

Im Jahr 1980 stellte Regisseur William Friedkin (Der Exorzist) unter lauten Protesten seinen Film Cruising fertig. Mit Al Pacino in der Hauptrolle, handelte der Film von einem Undercover-Cop, der in der Schwulenszene nach einem Mörder sucht. Der Film brachte dem Regisseur viel Ärger mit Konservativen, aber auch mit der Schwulenbewegung ein und wurde letztendlich von der Zensur zerstückelt. Eine komplette 40-minütige Sequenz, die in einem Schwulenclub spielte, wurde komplett entfernt. Bis heute weiß niemand, wie die Szene wirklich aussah. Und genau diese sollen nun ein paar Schauspieler und eine Komparsen-Crew aus homosexuellen Männern nachstellen.

Matthews und Franco drehen also den Casting-Prozess und die Vorbesprechungen mit einem heterosexuellen Schauspieler, der die Rolle nur angenommen hat, um Franco einen Gefallen zu tun. Am Tag der Dreharbeiten sieht man ihm an, wie unangenehm ihm das alles wirklich ist. Seine Agenten raten ihm ab, seine Freundin hat wenig Verständnis und ihm selbst geht der Hintern auf Grundeis. Auch vor der Kamera mit dabei: Franco selbst. Die Dreharbeiten sind explizit, es gibt Fellatio, es werden Hintern versohlt, Schuhe geleckt und schwitzende Körper geküsst. Und dann — Schnitt — hin zu Franco und dem Hauptdarsteller, die zwischen entsetzt und fasziniert dem Treiben zusehen, um sich danach in eine Ecke zu verziehen und philosophische Diskussionen über die eigenen Schranken im Kopf zu beginnen.

Und hier wird es dann doch recht krude, Franco und sein Kumpan eröffnen ganz kurz recht interessante Innenansichten der amerikanischen Mentalität in Hinsicht auf Sexualität. Doch nach einem kurzen Ansatz, der, hätte man damit den Film begonnen und konsequent weiter verfolgt, überaus sinnvoll und spannend hätte sein können, ist das auch schon wieder vorbei. Letztendlich beschränkt sich Interior. Leather Bar aufs konventionelle Beobachten aus sicherer Entfernung durch das Objektiv der Kamera hindurch. Und bleibt so ein Film, der zwar mildes Interesse weckt, sonst aber wenig Erkenntnisgewinn zu bieten hat.

(Festivalkritik Berlinale 2013 von Beatrice Behn)

Interior. Leather Bar

James Franco als Schauspieler ist etwas völlig anderes als James Franco der Regisseur. Während der Schauspieler sein Geld mit allen möglichen Mainstream-Filmen verdient und ab und zu mal einen kleinen Indie-Ausflug unternimmt, sind die Filme des Regisseurs Franco etwas, dass man zuerst einmal mit Intellektualismus in Verbindung bringt und dann mit Experimentalismus und Kunst.
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