Insidious (2010)

Eine Filmkritik von Lida Bach

Leichen im Keller

„Eine Besucherin“. So habe die Gestalt im Kinderzimmer sich genannt, erzählt Daltons Großmutter Lorraine (Barbara Hershey). Ihr zehnjähriger Enkelsohn (Ty Simpkins) hat oft Besucher und sie kommen nicht allein zu ihm. Sie flüstern durch das Babyphone von Daltons kleiner Schwester. Sie spielen Versteck hinter Vorhängen, die nur ihre Anwesenheit nur erahnen lassen. Noch bedrohlicher sind die anderen Spiele der Gäste, die Dalton und seiner Familie keine Wahl lassen, ob sie mitmachen wollen. Als sie die Anderen wahrnimmt traut seine Mutter Renai (Rose Byrne) ihren Sinnen kaum; ihr Ehemann Josh (Patrick Wilson) traut ihnen bis zuletzt nicht. Dennoch zieht er mit ihr aus dem neuen Haus, noch bevor die Umzugskisten ausgepackt sind. Nun hat der Spuk ein Ende – vorerst.

Was in konventionellen Horrorfilmen das Ende wäre, ist in James Wans Geistergeschichte der Anfang. Insidious, der das Maliziöse bereits im Titel trägt, inszenierte der Regisseur von Saw nach einem Drehbuch von Leigh Whannell, mit dem er die beiden Filme schuf, die Wans Namen in die Chronologie des zeitgenössischen Horrorkinos einschreiben. In der Tradition der kultträchtigen Folterfallen-Filme und des bizarren Marionetten-Grusels Dead Silence versteht sich Insidious. Die Charakteristika der äußerlich grundverschiedenen Genre-Vorgänger vereinen sich zu einer effektiven Gespenstermär, die mit einem psychologischen Subplot die Brücke zwischen Poltergeist und Paranormal Activity schlägt. Während er scheinbar im Trailer zu viel preisgibt, verrät Insidious in Wahrheit bewusst zu wenig. Den Zuschauer wiegt er in dem trügerischen Glauben, es mit gewöhnlichem Spuk zu tun zu haben, dem gleichen fatalen Glauben, dem auch Renai zum Opfer fällt. Doch das Grauen entspinnt sich nicht in einem von Dämonen heimgesuchten Anwesen, sondern im Kreise einer Familie.

Die Geister sind jene der biografischen Leichen im Keller, die von Generation zu Generation weitergereicht werden. Die unterdrückten Konflikte manifestieren sich in in immer bedrohlicheren Erscheinungen, die nicht an eine geografische Umgebung gebunden sind, sondern an eine psychische. Das verdrängten Aggressionen, die die nach außen hin gewöhnlichen Familie plagen, verraten die abgekämpfte Erscheinung Renais und Joshs Flucht in seine Arbeit. Mit heimlicher Ironie deutet Wan bereits in der ersten gemeinsamen Szene des Paares an, dass ihr Zusammenleben nicht so harmonisch ist, wie es scheint. Der Schrecken begegnet Renai erstmals in einem Alptraum, aus dem sie Josh‘ Schnarchen weckt. Dort, wo sie sich geborgen fühlen sollte, zu Hause im Bett neben ihrem Partner, quälen Renai die schlimmsten Ängste. Kein beliebiges Gebäude, sondern ihr eigenes Heim ist im wahrsten Sinne un-heimlich. Ein Umzug, wie er zu Handlungsbeginn gerade zurückliegt und wenig später wiederholt wird, bietet keinen Ausweg. Die Flucht aus dem Geisterhaus, mit der sich die Protagonisten im Spukfilm üblicherweise retten, ist für die Charaktere sinnlos.

Ihr Vergangenheit tragen sie mit sich wohin sie auch gehen und das dunkle Erbe streckt seine Hände gerade nach den Familienmitgliedern aus, die am sensibelsten sind: den Kindern. Der älteste Sohn Dalton ist gleichzeitig Ursache und Opfer der Erscheinungen. Darauf verweist die Spiritistin Elise (Lin Shaye), wenn sie ausspricht, was scheinbar den finalen Plot-Twist verrät: „It´s not the house that´s haunted. It´s your son.“ Das zentrale Wort ist doppeldeutig. „haunted“ bezeichnet sowohl Geister zu beherbergen als auch von ihnen geplagt zu werden. Und die Geister, von denen Renai und ihre Kinder heimgesucht werden, sind zu eng mit ihrer Familienbiografie verwachsen, als dass Geisterjäger sie austreiben könnten. Der psychologische Hintersinn hebt Insidious trotz stilistischer Ausfälle in Effekthascherei vom zeitgenössischen Horrorkino ab und rückt ihn näher an die klassischen Vorbilder, denen James Wan bereits in Dead Silence huldigte. Totenstille herrscht auch nach dem Schrei, der den Spukhaus-Besuch beendet und beweist, dass Wans Geisterstunde ist, was der Titel verspricht: Insidious.
 

Insidious (2010)

„Eine Besucherin“. So habe die Gestalt im Kinderzimmer sich genannt, erzählt Daltons Großmutter Lorraine (Barbara Hershey). Ihr zehnjähriger Enkelsohn (Ty Simpkins) hat oft Besucher und sie kommen nicht allein zu ihm. Sie flüstern durch das Babyphone von Daltons kleiner Schwester. Sie spielen Versteck hinter Vorhängen, die nur ihre Anwesenheit nur erahnen lassen. Noch bedrohlicher sind die anderen Spiele der Gäste, die Dalton und seiner Familie keine Wahl lassen, ob sie mitmachen wollen.

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Meinungen

Hans Wurst · 30.08.2011

Der Film war super. Ein gelungener Mix von vielen bekannten Horrorfilmen:
Silent Hill, Poltergeist, etc.

kampfreh · 09.08.2011

Anfangs erinnert der Film an Para.Act. mit sehr ähnlichen (viel zu ähnlichen "Schockmomenten). Erschrocken bin ich nie, es war mehr ein "Ich sehe was, was du nicht siehst". Spätestens nach 20 Minuten sollte man diesen Film einfach ausschalten, bzw den Kinosaal verlassen. Der Film wirkt dann nicht mehr wie ein Horrorfilm sondern entspricht Scary Movie. Ich habe etwas anders erwartet, hatte aber dennoch meine Freude, da wir sehr viel über den Film lachen konnten