InnSaei - Die Kraft der Intuition

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

Wie man über Achtsamkeit spricht, ohne esoterisch zu werden

Wie sind wir dahin gekommen, dass heutzutage alle permanent an ihrer Work-Life-Balance arbeiten? Hier noch ein bisschen Zeit optimieren und da noch ein Meeting hineinquetschen. Und obwohl der Körper eindeutige Signale sendet und danach schreit, mal einen Gang zurückzuschalten, schiebet man das alles beiseite und marschiert weiter. Bis man gegen eine Wand rennt. So beschreibt Hrund Gunnsteinsdottir, was ihr geschehen ist: Vollzeitjob, Auslandseinsätze, Karriere bei den Vereinten Nationen und mit 29 Jahren Burn-out. In ihrem Dokumentarfilm Innsaei — Die Kraft der Intuition geht die Isländerin der Frage nach, warum der moderne Mensch so viel im Verstand lebt und so wenig auf seine Gefühle hört. Haben wir unsere Intuition verlernt?
Auf der Suche nach Antworten auf diese Frage und Alternativen im Umgang mit Stress und Überarbeitung reist Gunnsteinsdottir gemeinsam mit der isländischen Produzentin und Regisseurin Kristin Olafsdottir um den Globus. Sie sprechen mit dem Harvard-Professor Bill George über moderne Arbeitsverhältnisse („Wir denken, wenn wir mehr arbeiten, schaffen wir mehr, aber so funktioniert das eben nicht.“), mit dem Psychiater Iain McGilchrist über die Funktionsweisen der Gehirnhälften und mit einem Meeresbiologen über das Wissen der polynesischen Seefahrer, die ohne Karte und Kompass den Pazifik befuhren. Sie treffen sogar Marina Abramovic, die ihnen erklärt, wie Wissenschaftler nach ihrer Perfomance „The Artist is Present“ ihre Hirnströme vermessen haben. „Bei mir wurden sehr intensive lange Wellen gemessen“, sagt sie. Dann spricht sie über ihre Perfomance und dass sie das stundenlange Sitzen und das intime In-die-Augen-Anschauen nur durch bewusste Atemtechnik durchstehen konnte.

Die beiden Dokumentarfilmerinnen treffen noch viel mehr Personen, sie sammeln Interviews, als würden sie an einer Patchwork-Decke arbeiten, sie bunt, aber man verliert ein bisschen den Überblick, was jetzt genau das Ziel des Films ist. An den Aussagen der Interviewten liegt dieses Unübersichtliche nicht. Alle sagen gewichtige Dinge. Dinge, die man eigentlich weiß, die man aber so gern in seinem Alltag ausblendet. Dinge, die man vielleicht ein bisschen ernster nimmt, wenn sie von Marina Abramovic oder einer Neurowissenschaftlerin gesagt werden.

Was also hilft gegen unseren Stress? In die Natur gehen, atmen, achtsam den Moment genießen. Spätestens beim Wort Achtsamkeit schrillen heutzutage ja sofort die Esoterik-Warnglocken. Es gibt sogar eine Atemübung, aber die ist so subtil eingeschoben, dass man erst mittendrin merkt, wie man schon zum dritten Mal bewusst Luft eingesogen hat. Gunnsteinsdottir schafft es, ohne Kitsch und Klangschalen auszukommen. Ihr Anliegen ist ernst, der Film ein Appell.

In Zeiten, in denen jeder mindestens diesen einen Freund, Bekannten oder Kollegen hat, der schon einmal an Burn-out oder Depressionen litt, scheint es angebracht, an die Intuition und das Mitgefühl zu appellieren. Wenn man nach diesem Film das Kino verlässt, fühlt sich die Sonne gleich ein bisschen intensiver an.

InnSaei - Die Kraft der Intuition

Wie sind wir dahin gekommen, dass heutzutage alle permanent an ihrer Work-Life-Balance arbeiten? Hier noch ein bisschen Zeit optimieren und da noch ein Meeting hineinquetschen. Und obwohl der Körper eindeutige Signale sendet und danach schreit, mal einen Gang zurückzuschalten, schiebet man das alles beiseite und marschiert weiter. Bis man gegen eine Wand rennt. So beschreibt Hrund Gunnsteinsdottir, was ihr geschehen ist: Vollzeitjob, Auslandseinsätze, Karriere bei den Vereinten Nationen und mit 29 Jahren Burn-out.
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