Immer nie am Meer

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Hölle, das sind die Anderen

Manchmal braucht es wirklich nicht viel für einen guten Film. Und im Falle von Antonin Svobodas zweitem Langfilm Immer nie am Meer reicht ganz wenig dazu aus, einen Frontalangriff auf die Sehgewohnheiten und die Erwartungen der Kinobesucher zu starten. Drei Männer, ein Auto, eine Schüssel Heringssalat und ein neugieriger kleiner Junge – das sind die Zutaten, aus denen Svoboda einen ebenso lustigen wie erschreckenden Film kreiert hat, der seinem Publikum einige grandiose Lacher und ziemlich bittere Pillen verabreicht.
Nachts auf einer ziemlich finsteren Landstraße irgendwo in der Provinz: Der Geschichtsprofessor Baisch (Dirk Stermann) und sein depressiver, tablettensüchtiger Schwager Anzengruber (Christoph Grissemann) lesen den Kleinkünstler Schwanenmeister (Heinz Strunk) auf, der beim Ausweichmanöver vor einer Joggerin die Kontrolle über seinen Wagen verlor und im Straßengraben landete. Da Schwanenmeisters Pech anscheinend ansteckend ist, landen die drei Herren wenig später ebenfalls im Wald – und just war es wieder die nächtliche Läuferin, die den Unfall verursachte. Die Insassen überleben zwar, doch da Baisch das Auto erst vor kurzem aus dem Fuhrpark des verschiedenen österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim erwarb, lassen sich die gepanzerten Scheiben nicht einschlagen, die Türen sind durch den Unfall verklemmt und das Schiebedach funktioniert nicht, so dass es vorerst kein Entkommen gibt. Bald schon sind die Essensvorräte – einige Flaschen Prosecco und eine Schüssel Heringssalat aufgebraucht, und es beginnt die zermürbende Zeit des Wartens, Bangens und Hoffens auf Rettung. Bald schon nähert sich ein freundlicher Junge namens Toni (Philip Bialkowski) dem Wagen, doch der interessiert sich dummerweise brennend dafür, wie Lebewesen in Stresssituationen reagieren. Und da ihm das Schicksal unversehens drei wehrlose Menschen präsentiert hat, beginnt der kleine Forscher ungeniert mit seinen Experimenten…

Dirk Stermann & Christoph Grissemann sind zwei berüchtigte österreichische Satiriker, die mit verschiedenen Radiosendungen im österreichischen Sender FM4 längst zu Kultstatus gelangt sind. Ein kurzer Blick in das umfangreiche Werk des Duo Infernale verweist auf ein 1999 erschienenes Buch mit dem gleichen Titel, doch die Spur führt ins Leere. Tatsächlich entstand das Drehbuch zu dem Film in dreijähriger Kleinarbeit und offensichtlich mit viel Spaß an derbem Humor und absurden Situationen. Die beklemmende Enge der Eingeschlossenen und die mehr als deutlichen Macken und Eigenarten des seltsamen Personals sind mit Sicherheit nicht jedermanns Sache, doch wer es gerne ein wenig schwarzhumorig, morbide und durchgeknallt mag, ist mit dieser Psychogroteske, in der neben den beiden Österreichern der Hamburger Mathias Halfpape alias Heinz Strunk zu sehen ist, bestens bedient. Die drei Komiker harmonieren so gut miteinander und erzeugen jene eigenartige Mischung aus Humor der bitterbösen Art, Ekel und Mitleid, dass es des kindlichen Forschers gar nicht mehr bedurft hätte, um aus Immer nie am Meer ein Kinovergnügen der etwas anderen Art zu machen. Nicht auszudenken, wie gut dieser Film dann vielleicht geworden wäre, wenn er sich ausschließlich auf das Wagnis eingelassen hätte, sich ganz auf seine drei Hauptdarsteller und die Enge des Raumes zu verlassen.

Immer nie am Meer

Manchmal braucht es wirklich nicht viel für einen guten Film. Und im Falle von Antonin Svobodas zweitem Langfilm Immer nie am Meer reicht ganz wenig dazu aus, einen Frontalangriff auf die Sehgewohnheiten und die Erwartungen der Kinobesucher zu starten.
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Meinungen

tada · 27.09.2009

..entweder man findet etwas gut oder nicht, beeinflussen lasse ich mich da weder vom Spiegel noch von sonstjemandem. Ich vermute mal du bist eher der oberflächliche Standartactionfilmseher und erkennst somit natürlich nicht die genialität dieses Films. Ich selbst mag deutsche Filme eher selten, dieser war jedoch klasse und extrem lustig. Genau die Absurdität des Films hat mich dazu gebracht ihn zu ende zu sehen

Ein Sehender · 30.08.2008

Hey, keine Ahnung wovon hier alle faseln. Ein mieser langweiliger bis absurder Film, der von irgendwelchen Kritikern hochgejubelt wird (völlig zu Unrecht). Dann gibt es noch einen Haufen Idioten, die diese Bewertungen nachplappern, frei nach dem Motto, wenn der Spiegel sagt, dass es toll ist, muss man es ja auch sagen.
Früher gab es auf RTL2 so ein brennendes Kaminfeuer wenn das Programm zu Ende war, das ist immer noch anspruchsvoller und unterhaltsamer als dieses öde Kackwerk, dass da serviert wird. Zu Strunk: Fleisch ist sein Gemüse, Scheiße sind seine Filme...

Manja Schäfer · 26.11.2007

Selten so gelacht! Männer in Extremsituationen sehen also so aus ;-))))))

Konrad Schaur · 21.10.2007

Am Anfang witzig, gute Grundidee aber... leider verspielt... Wer "Ditsche" mag, wird diesen Film lieben... Anspruchsvollere sparen sich das Geld...

· 20.10.2007

Einfach ein klasse Film mit hohem Anspruch und viel Humor!

ally · 13.10.2007

wirklich nicht schlecht !
sollte man sehen...
und viel spass ! :-)
der film ist anders und gut so .
p.s.
die frau neben mir ist nach einer stunde oder so gegangen, sie war aber auch die einzige, die nicht gelacht hat (glaub ich)

· 09.10.2007

Wirklich sehr originell!

Frank Schneider · 06.10.2007

Was für eine geniale Idee? Was für eine geniale Umsetzung? Um einen tollen Film zu machen braucht man eine Idee. Eine neue wäre gut. Hier ist sie. Das ist mit Abstand der beste deutschsprachige Film, den ich in diesem Jahr gesehen habe. Und die Idee! Einfach großartig. Bisher fand ich Strunk ein wenig farblos, aber nach dem Film. Die anderen beiden (Grissemann & Stermann) waren mir total unbekannt. Das wurde durch diesen Film korregiert. Einfach toll!!!