Idioten - Arthaus Collection

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Dogma pur

Lars von Trier ist immer für eine Überraschung gut, für eine Provokation oder für eine Revolution. Im Jahre 1995 hieß diese Provokation Dogma 95 und war eine radikale Absage an das Filmemachen „as we know it“. Keine gebauten Sets mehr, nur noch Originalton, keine Kamerafahrten und anderes schmückendes Beiwerk sollten die Filme zu technisch perfekten, aber letztlich inhaltsleeren Machwerken verunstalten. Vielmehr gab es nun einen strengen Regelkanon, der fortan die Filmwelt in konventionelle und Dogma-Filme unterschied. Das wäre alles vielleicht weniger bedeutsam gewesen, wenn nicht die Dogma-Filme auf so ein großes Interesse gestoßen und enorm erfolgreich gewesen wären. Das lag allerdings nicht allein an den formalen Kriterien, die Dogma den Filmemachern auferlegte, sondern auch an den Geschichten, die Regisseure wie Thomas Vinterberg, Søren Kragh-Jabcobson oder Susanne Bier erfanden. Sie waren verdammt nah dran an ihren Figuren und verströmten eine Unmittelbarkeit, die den Zuschauern an die Nieren (und manchen auch auf die Nerven) ging.
Ganz besonders traf dies auf den Dogma-Film Nr. 2 Idioterne — Idioten zu, der 1998 in die Kinos kam. In ihm trifft sich eine Gruppe junger Leute, um die Umwelt durch die Simulation von Debilität zu schocken und eine verschüchterte junge Frau gerät in den Bann der selbst ernannten Idioten. Lärmend und röchelnd toben sie durch die Straßen und stellen die Geduld der ach so liberalen Dänen mit Guerilla-Aktionen und Gruppensex-Orgien auf eine harte Probe. Die Kamera, eine DV, die vom Regisseur selbst geführt wird, befindet sich meist inmitten des Geschehens und bewegt sich häufig verwackelt oder mit harschen Reißschwenks von einem Akteur zum anderen. Vielleicht ist es diese bis dato unbekannte Direktheit, die dem Zuschauer einiges abverlangt und die Grenzen zwischen Spiel und Realität verwischt.

Idioten ist hartes, brutales Kunstkino, das die Grenzen überschreitet – ein Film wie ein Faustschlag ins Antlitz des guten Geschmacks.

Idioten - Arthaus Collection

Lars von Trier ist immer für eine Überraschung gut, für eine Provokation oder für eine Revolution. Im Jahre 1995 hieß diese Provokation Dogma 95 und war eine radikale Absage an das Filmemachen „as we know it“.
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