Herr Vig und die Nonne

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der (Alb-)Traum vom Kloster

Jørgen Laursen Vig ist schon ein seltsamer Mann: Der 82-jährige lebte Zeit seines Lebens stets allein, hielt nur wenig von den Menschen im Allgemeinen und nichts von den Frauen im Besonderen. Ein richtiger Eigenbrötler also, der als Theologe und Gemeindepfarrer sein Leben in den Dienst Gottes gestellt hat. Und selbst im Ruhestand treibt ihn die Religion noch um, denn Herr Vig hat einen Traum: Sein Schloss Hesbjerg, das er vor einiger Zeit günstig erwarb und das im Umland von Odense liegt, soll zu einem russisch-orthodoxen Kloster werden. Der Grund dafür ist einfach: Herr Vig, unverheiratet und kinderlos, will etwas Bleibendes hinterlassen. Doch der Weg zu diesem hehren Ziel ist lang und steinig, denn das Schloss ist ziemlich renovierungsbedürftig, wie die vom Patriarchen aus Russland entsandte Delegation schnell feststellt. Die Heizung muss repariert werden und auch das Dach bedarf einer dringenden Renovierung. Vor allem die junge energische Nonne Amvrosija hat Ahnung von der Materie und weist gnadenlos auf die Schwachpunkte der neuen Behausung hin. Das Mutterhaus wäre durchaus bereit, die anstehenden Reparaturen zu übernehmen, doch dies nur dann, wenn das Kloster nach Herrn Vigs Tod in den Besitz der Nonnen übergeht. Soll sich der Schlossbesitzer wirklich darauf einlassen? Herr Vig ist voller Zweifel. Als die Delegation wieder abgereist ist, gehen Monate ins Land, die von eifrigen Reparaturarbeiten und dem Warten auf die neuen Bewohner erfüllt sind.
Bei der neuerlichen Rückkehr der Nonnen stehen die eigentlichen Herausforderungen noch bevor. Denn das Miteinander zwischen ihnen und Herrn Vig gestaltet sich reichlich schwierig – vor allem mit der jungen Schwester Amvrosija gerät der kauzige Schlossbesitzer schnell aneinander. Die Nonne hat ihre eigenen Vorstellungen davon, wie das Kloster aussehen soll – und diese korrespondieren nur selten mit den Ideen von Herrn Vig. Als Herr Vig schließlich angesichts der Schwierigkeiten kalte Füße bekommt und das Arrangement lediglich als temporäres Konstrukt verstanden wissen will, ist es natürlich Schwester Amvrosija, die ihm klar zu verstehen gibt, dass sein Zurückrudern nicht ihren Beifall findet – allen Komplikationen zum Trotz: Denn eine einmal geweihte Kapelle lässt sich nicht einfach wiederumfunktionieren – sie bleibt ein russisch-orthodoxes Gotteshaus. Für Herrn Vig beginnt ein schmerzhafter Prozess, denn ein ums andere Mal wird er mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert und damit, dass er Kompromisse eingehen muss –und genau das hat der Einsiedler nie gelernt.

Pernille Rose Grønkjærs überraschende Dokumentation über den Lebenstraum eines verschrobenen Einsiedlers und seine Konfrontation mit einer resoluten jungen Nonne gewann den Joris Ivens als bester Dokumentarfilm beim International Documentary Festival Amsterdam (IDFA) und war 2007 auf dem Sundance Film Festival im Wettbewerb vertreten. Ein ebenso nachdenklich machender wie bisweilen heiterer Film, der trotz oder gerade wegen seines Themas in manchen Momenten den Gipfel der Absurdität erreicht — das sind nun wirklich Geschichten, die nur das wahre Leben schreibt.

Herr Vig und die Nonne

Jørgen Laursen Vig ist schon ein seltsamer Mann: Der 82-jährige lebte Zeit seines Lebens stets allein, hielt nur wenig von den Menschen im Allgemeinen und nichts von den Frauen im Besonderen.
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Meinungen

R.M.Gries · 23.04.2011

Gerade im Fernsehen angeschaut: sehr berührend.

Peter Schupp · 09.10.2008

genial! in einer linie mit der "blume der hausfrau" und "schotter wie heu". dogma pur.