Hasta La Vista, Sister!

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Männer retten Frauen auf Kuba

Gerade noch haben in Jackie – Wer braucht schon eine Mutter? zwei Frauen ihre Erzeugerin in den USA aufgesucht, nun begibt sich in Hasta La Vista, Sister! schon wieder ein ungleiches Schwesternpaar auf familiäre Spurensuche im Ausland. Zwei Dinge sind in dieser romantischen Komödie von John Roberts jedoch grundlegend anders: Die Geschichte spielt nicht in Nordamerika, sondern auf Kuba. Und von den Eltern der Hauptfiguren ist nur noch die Asche übrig.
Um Vater und Mutter im Tod wieder zu vereinen, bringt Rosa (Eva Birthistle) die Asche ihres Vaters nach Kuba. Mit im Gepäck hat sie jede Menge Geschichten über das romantische Leben ihrer Eltern in dem fernen Land, über Revolutionäre und die Bedeutung des Sozialismus. Schwester Ailie hingegen freut sich vornehmlich auf ein paar Tage am Strand. Kein Wunder, dass es zwischen den beiden Frauen immer wieder knallt. Conway (Bryan Dick), den Rosa als moralische Unterstützung mitgenommen hat, gerät dabei unangenehm zwischen die Fronten. Auf Kuba angekommen geht natürlich alles schief, was schief gehen kann. Sie verpassen den Bus, verlieren die Asche des Vaters und werden schließlich auch noch mit einer überraschenden Wahrheit konfrontiert. Bei all dem weiß Rosa nicht mehr, wem sie noch trauen kann. Ihrer affektierten Schwester? Conway, der sich aus unerfindlichen Gründen plötzlich an Ailie ranmacht? Dem schmalzigen Kubaner, der ihr ständig Komplimente macht? Oder doch dem hilfsbereiten Fremdenführer?

Hasta La Vista, Sister! tut so, als handele es sich um die Geschichte einer Frau auf der Suche nach ihren Wurzeln und somit auch ihrer Identität. In Wirklichkeit aber dreht sich die komplette Handlung vor allem um die Paarung der Schwestern mit den „richtigen“ Männern. Die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird zunehmend von der Familiengeschichte abgezogen und darauf gerichtet, die verlogenen Kerle von denen mit wohlwollenden Absichten zu unterscheiden. Rosas mehrfach wiederholte Aussage, sie könne auf sich selbst aufpassen, wird auf der Plotebene konstant unterminiert. Unterm Strich steht: Weder Rosa noch Ailie kommen alleine zu recht. Wann immer sie in eine Notsituation geraten, sind sie auf die Rettung durch einen Mann angewiesen. Nur wenn es darum geht, ihren Helden an sich zu binden, werden die Damen aktiv.

Das ist nicht nur aus feministischer Sicht bedauerlich. Auch der Film leidet unter der Passivität der Figuren. Statt Rosa als starke Person zu inszenieren, die mit ihrem Sturkopf vielleicht das ein oder andere Mal über das Ziel hinaus schießt, verkommt sie zu einer im Grunde nicht zurechnungsfähigen Frau, der zu allem Übel auch noch ein Vaterkomplex angedichtet wird. In der Folge fungiert Rosa eher als komödiantische Figur. Selbiges gilt für Ailie, deren Faible für modische Kleidung und Accessoires maßlos übertrieben wird. Indem die zentralen Figuren jedoch auf simple Typen heruntergebrochen werden, verliert ihr Konflikt an Glaubwürdigkeit, ihre Geschichte an Tiefe.

So ist es vor allem das kubanische Setting, das Hasta La Vista, Sister! ein wenig Charme verleiht. Aber auch hier findet der Film keine klare Linie. Auf der einen Seite repräsentieren Rosa wie auch die Reisegruppe, der sie sich anschließt, einen alternativen Tourismus jenseits der All-Inclusive-Bunker. Gleichzeitig aber führt uns die Geschichte vor Augen, dass sich auch angebliche Hippies von den Vorzügen eines Touri-Schuppens verführen lassen. Darüber sind wir nicht minder enttäuscht als Rosa, die wutschnaubend die Lokalität verlässt. Statt aber Rosas (leicht übertriebene) politisch korrekte Position einzunehmen, bedient sich Hasta La Vista, Sister! selbst bereitwillig vorhandener Stereotypen. Dabei wird der „gute“ Latino vom „schlechten“ mit eurozentrierten Maßstäben unterschieden: Der Salsa tanzende Mann, der seine Partnerin in der Disco feurig umherwirbelt, soll uns zwielichtig erscheinen, während der Balletttänzer allein durch seinen Beruf rehabilitiert ist.

Amüsant ist in diesem Zusammenhang, wie Rosas idealisierte Vorstellung vom sozialistischen Paradies mit der Realität aufeinanderprallt. Vor lauter Begeisterung für die kubanische Revolution ist Rosa gar nicht in der Lage, Kubas Bevölkerung mit all ihren Facetten und Problemen zu sehen. Während sie Strandurlauber für ihr Desinteresse an Geschichte und Kultur des Landes verurteilt, ist sie im Grunde in ihrer Wahrnehmung ebenso beschränkt. Diese verklärte Sicht spiegelt sich im Umgang mit den verstorbenen Eltern wieder. Auch hier klammert Rosa sich an einer Vergangenheit fest, die sie im Laufe der Jahre erfolgreich idealisiert hat.

Rosas eigentliche Aufgabe ist es also, endlich der Realität ins Auge zu schauen und sich mit der Gegenwart auseinanderzusetzen, um sich selbst und ihren ganz eigenen, individuellen Weg zu finden. Der Film jedoch scheint die heterosexuelle Paarung über diese Selbstfindung zu stellen. Was ein berührender Film über die Suche nach den eigenen Ursprüngen hätte werden können, wird so zu einer weitgehend austauschbaren romantischen Komödie.

Hasta La Vista, Sister!

Gerade noch haben in „Jackie – Wer braucht schon eine Mutter“ zwei Frauen ihre Erzeugerin in den USA aufgesucht, nun begibt sich in „Hasta La Vista, Sister!“ schon wieder ein ungleiches Schwesternpaar auf familiäre Spurensuche im Ausland. Zwei Dinge sind in dieser romantischen Komödie von John Roberts jedoch grundlegend anders: Die Geschichte spielt nicht in Nordamerika, sondern auf Kuba. Und von den Eltern der Hauptfiguren ist nur noch die Asche übrig.
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Meinungen

reiseholger · 04.09.2013

Es fehlt in der Rezension, dass der Soundtrack richtig gut ist. Eine herrliche Mischung mit viel Kubafeeling in mehreren Stilrichtungen und guten europäischen Musikzitaten. Zugegeben die Handlung ist etwas einfältig und hätte mehr hergegeben, aber Originalzitat Film: "Wir können nicht jeden Tag für die Revolution kämpfen".
Ein vergnüglicher Filmabend, sentimental und naiv aber mit guter Musik.