Hampstead Park - Aussicht auf Liebe (2017)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Teuer wohnen oder das Leben genießen

Im Grunde sind Emily Walters (Diane Keaton) und Donald Horner (Brendan Gleeson) Kontrahenten auf dem Schlachtfeld der kapitalistischen Gesellschaft. Sie wohnt in einem Apartmenthaus im noblen Londoner Viertel Hampstead, in dem sich ihre Nachbarinnen über das marode Hospitalgebäude im Park gegenüber aufregen. Emilys Freundin Fiona (Lesley Manville) schwört die Hausgemeinschaft darauf ein, dass es auch für sie besser ist, wenn es dem geplanten Bau von Luxuswohnungen weicht. Emily mag zwar den Anblick des altehrwürdigen Schlösschens, aber sie hält sich mit ihrer Meinung im Kreis der Nachbarinnen lieber zurück. Als sie einmal auf dem Dachboden den Park mit dem Feldstecher ins Visier nimmt, wird sie einer idyllischen, ja märchenhaften Szene gewahr: Hinter dem Wall aus Bäumen versteckt sich ein Teich mit Seerosen und darin badet ein nackter Mann.

Donald Horner lebt mitten im weitläufigen Park. Der Einsiedler errichtete vor 17 Jahren dort einfach seine kleine Hütte, vor der er sein eigenes Gemüse anbaut. Als Emily den Mann dann anspricht, sitzt er nicht von ungefähr auf dem Friedhof am Grab von Karl Marx. Denn die romantische Komödie von Regisseur Joel Hopkins (Liebe auf den zweiten Blick) nimmt die Auswüchse der Gentrifizierung und des Profitstrebens in London kritisch ins Visier. So soll Donalds bescheidenes Heim dem angekündigten Bauprojekt weichen.

Die Figur des Donald Horner ist inspiriert von der realen Person des Iren Harry Hallowes. Der Aussteiger lebte fast 30 Jahre lang, bis zu seinem Tod 2016, in einer Hütte im Hampstead Park. Dass sich Donald traut, ohne Geld zu leben, ist für Emily eine Offenbarung. Von ihrem vor einem Jahr verstorbenen Mann hat sie einen Haufen Finanzprobleme geerbt und ihre Arbeit in einem Wohlfahrtsladen ist nur ehrenamtlich. Ihr gewohntes Leben baute augenscheinlich auf einer Lüge auf, zu der auch die späte Entdeckung gehört, dass ihr Mann eine Affäre hatte. Der Amerikanerin wird bewusst, dass sie sich in diesem Haus schon immer deplatziert gefühlt hat, doch sie klammert sich ängstlich an diese Existenz, für die sie keine Alternative sieht. Ähnlich hilflos gibt sich auch Donald angesichts der Räumungsaufforderungen, die er erhält.

Obwohl sie davon erzählt, wie Donald mit Unterstützung Emilys vor Gericht um sein Wohnrecht kämpft, ist diese Geschichte eine Wohlfühlkomödie. Emily hat etwas Verzagtes, ist sich ihrer Widersprüche nicht wirklich bewusst. Aber Diane Keaton versteht es wunderbar, dieser Figur Niveau zu verleihen. Emily verfügt nämlich über Humor und eine eloquente Leichtigkeit, die mit wenigen Worten auskommt und sehr souverän wirkt. Auch bei ihr ist ein Stück jener Widerspenstigkeit vorhanden, die Donald im Übermaß besitzt. Brendan Gleeson verleiht diesem Charakter die Aura eines cholerischen Brummbären, der sich nach Liebe sehnt, dem aber seine misanthropisch rechthaberische Art oft ein Bein stellt. Das ungleiche Paar rauft sich verbal zwar mühsam, dabei aber sehr vergnüglich zusammen.

Außer den gut gespielten Figuren bleiben von diesem Film zwei Dinge in Erinnerung. Zum einen sind es die friedlich-anheimelnden Aufnahmen des Parks, der selbstgeschaffenen Aussteiger-Idylle Donalds und des Friedhofs. Dort sitzen Emily und Donald einmal auf einem Grasstück beim Picknick zwischen Kornblumen – ein wunderschönes Bild für das kleine Glück, das verwunschene Refugien mitten in der Großstadt bieten können. Zum anderen sind es die gelegentlichen Abstecher in die Tiefe, die sich die Geschichte leistet, ohne dabei ihren unbeschwerten Unterhaltungscharakter aufs Spiel zu setzen. So verschweigt sie nicht, dass einer Beziehung über so große Unterschiede hinweg ein Missverständnis innewohnen kann. Es ist nicht dasselbe, eine Aussteigeridylle aus der Ferne zu bewundern und ihr alltägliches Kleinklein des Improvisierens im Mangel zu mögen.

Hampstead Park - Aussicht auf Liebe (2017)

Im Grunde sind Emily Walters (Diane Keaton) und Donald Horner (Brendan Gleeson) Kontrahenten auf dem Schlachtfeld der kapitalistischen Gesellschaft. Sie wohnt in einem Apartmenthaus im noblen Londoner Viertel Hampstead, in dem sich ihre Nachbarinnen über das marode Hospitalgebäude im Park gegenüber aufregen. Emilys Freundin Fiona (Lesley Manville) schwört die Hausgemeinschaft darauf ein, dass es auch für sie besser ist, wenn es dem geplanten Bau von Luxuswohnungen weicht.

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