Gold (2016)

Eine Filmkritik von Maria Engler

Bauch raus - Gold rein

Schlechtsitzende Anzüge, permanente Schweißflecken unter den Achseln, verfärbte Zähne, schütteres Haar und immer eine Fluppe in der Hand. In Gold präsentiert sich der in der Öffentlichkeit auf Hochglanz polierte Hollywoodstar Matthew McConaughey ungeahnt schmierig vor gleichsam unästhetischen 1980er-Jahre-Sets. Dabei verknüpfen sich in der Charakterstudie exotische Dschungelwelten mit uramerikanischen Wall-Street-Büros und beeinflussen den Erfolg und das Scheitern des goldsuchenden Kenny Wells.

1981: Die Welt ist noch in Ordnung, die Washoe Mining Corporation, eine Firma mit Spezialisierung auf Bodenschätze, läuft wie geschmiert. Im prächtigen Büro mit Blick auf den azurblauen Himmel philosophiert Kenny Wells’ Vater über das Geschäft und überträgt seinem Sohn die Verantwortung über das größte Projekt des Betriebs. Sieben Jahre später ist die Firma pleite, Kenny Alkoholiker und sein Vater tot. In einem Traum phantasiert er von einem Dschungelparadies voller Gold, das er umgehend erschließen möchte. Gleich am nächsten Tag macht er sich nach Indonesien auf, um den Geologen Mike Acosta (Edgar Ramírez) für das Projekt ins Boot zu holen. Als sich nach endlosen Wochen endlich Erfolg einstellt, schalten sich große Firmen von der Wall Street in das Projekt ein, um Kenny aus dem Geschäft zu drängen. Ein Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel zwischen dem unbeliebten Kenny und den Schwergewichten der amerikanischen Wirtschaft entbrennt.

Der amerikanische Drehbuchautor und Regisseur Stephen Gaghan, der für seine Arbeit als Drehbuchautor bspw. von Traffic – Die Macht des Kartells oder auch Regisseur von Syriana bekannt ist, hätte wohl kaum ein passenderes Thema für das aktuelle Zeitgeschehen wählen können als das Ausmaß menschlicher Gier. In Gold zeichnet er eine spannungsreiche Charakterstudie eines aus der Zeit gefallenen Goldschürfers auf der Suche nach Erfolg, Anerkennung und natürlich dem ganz großen Fund. Dabei streift er mal mehr, mal weniger subtil die Mechanismen des entfesselten Kapitalismus und wandelt dabei gleichermaßen auf den Pfaden klassischer Abenteuerfilme wie auf denen moderner Wirtschaftsthriller.

Matthew McConaughey, der mit seiner enormen Gewichtszunahme nach vorherigem Abspecken nun offenbar vollends dem Vorbild von Jojo-Effekt-Könnern wie Christian Bale nacheifert, begibt sich erneut in die schillernde Geschäftswelt. So wirkt die Figur des Kenny Wells wie eine unschön gealterte, erfolglose Version von Mark Hanna, dem exzentrischem Brustklopfer aus The Wolf of Wall Street. Anders als in der Scorsese-Erzählung wird hier allerdings nicht stoisch über den Zeitraum von drei Stunden der Aufstieg und Fall einer Person durchexerziert. Stattdessen nimmt die Handlung immer wieder unerwartete Wendungen, die die Spannung und den Filmgenuss deutlich erhöhen.

Gold legt den Fokus auf die Charakterisierung seiner Hauptfigur, die an die Figur des kernigen Goldsuchers aus dem Western angelehnt ist, der seinen Erfolg durch eigener Hände Arbeit erlangt. In einem interessanten Spannungsverhältnis dazu steht die gesteigerte Körperlichkeit, die McConaughey hier ausstrahlt. In einer verblüffenden Ähnlichkeit mit dem großen amerikanischen Trinker und Poeten Hunter S. Thompson wird wiederholt der ganz offensichtlich wenig zu körperlicher Arbeit geeignete Körper Wells’ zur Schau gestellt. Immer wieder drängt sich sein ausladender Bauch ins Bild, sprengt beinahe die Knöpfe des bis zum Zerreißen gespannten Hemdes, immer wieder wird der lichte Haaransatz inszeniert, immer wieder nacktes, welliges Fleisch in den Mittelpunkt gerückt. Hier vermischen sich die Star Persona McConaugheys, dessen Mut zur Hässlichkeit zwar bereits bekannt ist, sich hier aber in ungeahnte Höhen aufschwingt, und die Charakterisierung des ewig abgehängten, kaputten Wells, mit dem niemand etwas zu tun haben möchte. Wie ein Fremdkörper hängt der ununterbrochen schwitzende Wells in echtlederbezogenen Sesseln erfolgreicher Firmen und bildet damit den maximalen Kontrast zu den aalglatten Geschäftsmännern der Wall Street.

Gefangen in den übergroßen Fußstapfen des erfolgreichen Vaters, wirkt er in seiner endlosen Jagd nach dem amerikanischen Traum wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Nachdem in Amerika die großen Gewinne gemacht und alle unbekannten Weiten bereits entdeckt sind, wendet er sich einem neuen Grenzgebiet zu. Im exotischen Dschungel Indonesiens kracht die ungezügelte Geldgier des amerikanischen Goldsuchers auf die Armut der Landbevölkerung, die für einen Hungerlohn den uralten Dschungel einreißt. Gold spielt dabei geschickt mit der ständig wechselnden Sympathie für seinen Protagonisten und führt den Zuschauer immer wieder aufs Glatteis. Er zeigt äußerst facettenreich den Kampf derer, die immer noch an den grenzenlosen Aufstieg und den amerikanischen Traum glauben, obwohl sich die Gesellschaft längst in eine ganz andere Richtung weiterentwickelt zu haben scheint.
 

Gold (2016)

Schlechtsitzende Anzüge, permanente Schweißflecken unter den Achseln, verfärbte Zähne, schütteres Haar und immer eine Fluppe in der Hand. In „Gold“ präsentiert sich der in der Öffentlichkeit auf Hochglanz polierte Hollywoodstar Matthew McConaughey ungeahnt schmierig vor gleichsam unästhetischen 1980er-Jahre-Sets.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen