Für Elise

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Spiel mit Zwischentönen

Sie mag klassische Musik. Und ihr Name erinnert an das wohl bekannteste Klavierstück von Beethoven. Aber Elise hat mit Für Elise nichts am Hut. Denn die Ohrwurm-Melodie erinnert die 15-Jährige an den Musikgeschmack ihrer Mutter. Und die ist ein rotes Tuch in Wolfgang Dinslages sensiblem Beziehungsdrama.
Es sind keine gewöhnlichen Pubertätskonflikte, die Elise (Jasna Fritzi Bauer) mit ihrer alleinerziehenden Mutter Betty (Christina Große) auszufechten hat. Man weiß auch gar nicht, wer hier das Kind und wer die Erwachsene ist. Denn Betty betäubt den Schmerz über den Unfalltod ihres Mannes mit exzessiven Partys, schnellem Sex und viel zu viel Alkohol. Schon lange wachsen der Krankenschwester die Schulden über den Kopf. Elise hat eigentlich keine Lust, den unglücklichen Liebschaften und dem vorprogrammierten Bankrott noch weiter tatenlos zuzusehen. Doch dann wirft sich Betty einem Lover an den Hals, dem auch Elise etwas abgewinnen kann. Ludwig (Hendrik Duryn) ist sensibel, nachdenklich und aufmerksam. Doch die aufkeimende Sympathie stellt die Mutter-Tochter-Beziehung vor ganz neue Herausforderungen.

Rein von der groben Handlung her könnte Für Elise auch die Folge einer Soap Opera abgeben. Es sind die Charaktere, die den ersten Kinofilm von Wolfgang Dinslage zu etwas Besonderem machen. Drehbuchautorin Erzsébet Rácz entwirft Figuren, die sich gängigen Klischees entziehen und darum schwer auszurechnen sind. Geht es hier um die Konkurrenz zweier Frauen? Um einen Machtkampf? Oder um einen gemeinsamen Weg aus der Krise? Vermutlich um alles ein bisschen und um nichts ausschließlich. Es sind die Leerstellen, das nicht bis zum Ende Ausbuchstabierte, die für Glaubwürdigkeit sorgen.

Ohne große Kameraeffekte und im Stil eines Fernsehdramas der anspruchsvolleren Art inszeniert, konzentriert sich das Kammerspiel ganz auf die Beziehungen in einem Dreieck, das immer neue Spannungen hervorbringt. Regisseur Dinslage hat schon öfter auch als Darsteller gearbeitet und lässt seinem Schauspielertrio den Raum, den es braucht, um der heiklen Geschichte die nötigen Zwischentöne mitzugeben. Besonders die junge Jasna Fritzi Bauer (Ein Tick anders, Barbara) erweist sich erneut als großes Nachwuchstalent. Sie verleiht ihrer Figur jugendlichen Trotz, arroganten Sarkasmus, kindliche Verletzlichkeit und die Neugier aufkeimender Sexualität. Und das alles gleichzeitig und ohne dass es sich widerspräche.

Zwar ist auch die Männerfigur nicht so eindimensional angelegt, wie man es zunächst befürchten könnte. Trotzdem steht der Mutter-Tochter-Konflikt klar im Fokus von Drehbuch und Inszenierung. Und der ist bei allen Fetzen, die da fliegen, von einer Solidarität grundiert, die auch die schlimmsten Krisen übersteht. Über Für Elise wird sich Elise mit ihrer Mutter wohl nie einigen können. Aber das ist bei Weitem nicht das Wichtigste in diesem zwischenmenschlichen Duett.

Für Elise

Sie mag klassische Musik. Und ihr Name erinnert an das wohl bekannteste Klavierstück von Beethoven. Aber Elise hat mit „Für Elise“ nichts am Hut. Denn die Ohrwurm-Melodie erinnert die 15-Jährige an den Musikgeschmack ihrer Mutter. Und die ist ein rotes Tuch in Wolfgang Dinslages sensiblem Beziehungsdrama.
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Meinungen

Alf · 12.09.2012

Der Trailer alleine verspricht viel. Was ich bisher von dieser Nachwuchstalent Jasna Fritzi Bauer gesehen habe (Ein Tick anders, Barbara) ist sagenhaft. Ich bin auf dem Film sehr gespannt!!!

Sigrid Magin · 24.06.2012

Einer der wenigen deutschen Filme, die ich von Anfang bis Ende ansehe, ohne den Finger auf der Tastatur der Fernbedienung zu legen, damit ich jederzeit umschalten kann.

Warum gibt es nicht mehr Filme mit solch einer Intention und großartigen Schauspielkunst.