Fifty Shades of Grey - Gefährliche Liebe (2017)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Ach bitte, nein danke…

Der Hype ist vorbei, die Vorschusslorbeeren sind verbraucht. Jetzt, beim zweiten Teil der Verfilmungen von E.L. James’ Bestseller-Serie reicht es nicht mehr, einfach nur gut auszusehen, nackt zu sein und Popos zu hauen. Das hatten wir schon. Fifty Shades of Grey — Gefährliche Liebe ist ein Film, für den sich eh nur zwei Gruppen von Menschen interessieren: die Hardcore-Fans, denen eh egal ist, was andere sagen (diese Kritik inklusive), und denen, die den ersten Teil sahen und Spaß am ein wenig schlecht und trashig sein hatten. Der letzteren Gruppe muss ich allerdings nun das Herz brechen. Der zweite Teil um Christian (Jamie Dornan) und Anastasia (Dakota Johnson) verliert den Witz und das leicht Absurde des ersten Teiles gänzlich.

Das tut er aber nicht, weil er sich selbst nicht mehr ernst nimmt. Im Gegenteil, der geradezu krampfhafte Kampf darum, als ernsthafter Film anerkannt zu werden, ist es, der den letzten Spaß, die letzte Doppelbödigkeit, das letzte Augenzwinkern aus diesem Werk herauspresst. Übrig bleiben zwei schöne Menschen, die die von jeher karg gesäte Geschichte irgendwie weiterbringen müssen. Inhaltlich ist der Film recht schnell erzählt. Nach ihrer Trennung kommen Christian und Anastasia wieder zusammen, dieses Mal aber unter der Prämisse einer „normalen“ Beziehung. Doch dafür besteht Ana auf Ehrlichkeit und das Ende von Christians Kontrollzwang. Und sie will alles über seine Vergangenheit wissen. In der tummeln sich eine schlimme Kindheit mit Misshandlungen, eine ehemalige Geliebte (Kim Basinger), die ihn als viel zu jungen Mann missbrauchte, und noch eine ehemalige Liebhaberin, die verrückt geworden ist. Das klingt nach viel Action, genau das ist es aber nicht. Denn nach wie vor hakt der Film — genau wie die Vorlage — all diese Dinge im Sturzflug ab, ohne je den Geschichten oder Charakteren auch nur den Hauch einer Chance auf Entwicklung und Entfaltung zu gewähren. Vielmehr ist jede Person, jede Wendung, jede Handlung nur ein sehr grob geschnitzter Katalysator für die nächste Handlung. Zwischen all diesem unmotivierten Chaos wabert die Beziehung der beiden Hauptfiguren so vor sich hin. Anastasias naive Selbstwahrnehmung wandelt stets zwischen der Prinzessin, die vom Prinzen gerettet werden will und muss, und einer Frau, die den „begehrtesten Junggesellen von Seattle“ endlich vor sich selbst und seinen stets plakativ dargestellten Seelenqualen retten kann. Und dies tut sie mit Gesprächstherapie. Ihm Kommunikation beizubringen, sagt Anastasia, sei das Wichtigste. Und so versucht der Film sich immer wieder als Lehrstück über Reden, Austauschen, Vertrauen und Teilen zu präsentieren, zeigt dabei aber eigentlich das Gegenteil: zwei Menschen, die nie eine richtige Konversation haben. Denn immer wenn etwas passiert, das der Aussprache bedarf, lenkt Christian ab, vertröstet auf später oder wirft ihr nur einen Brocken zu. Und sie lässt all dies geschehen. Lässt zu, dass richtige Gespräche abgebrochen werden und man einfach zum Sex übergeht, lässt zu, dass er bestimmt, ob und wann sie sich mit Freunden trifft oder auf Geschäftsreisen fährt. Und noch mehr. Immer wieder zeigt sie Misstrauen ihm gegenüber (eine super Grundlage für eine Beziehung), wie ein Mantra sagt sie wiederholt zu ihm, dass er doch im Grunde seines Herzen einfach „pervers“ sei und sie das nicht liefern könne, was er brauche. Und dann, als romantische Geste, nicht weil sie etwa selbst „pervers“ ist, will sie dann doch alles, was sie nicht will. Plötzlich doch Sex, dann den Hintern versohlt, später sogar ins ominöse rote Zimmer. Das „Ach-Bitte-Nein-Danke“-Spiel zieht sich durch den Film — als einziger roter Faden.

Doch abgesehen von den Unausgegorenheiten perpetuiert der Film hier, noch stärker als der erste, gefährlich verschwurbelte Ideen von Sexualität und Beziehungskonstrukten. Was der Film hier permanent als romantisch und liebevoll deklariert, ist nichts weiter als zwei Menschen, die auf sehr verschiedene Arten Macht über den anderen ausüben. Christian geradlinig kontrollierend, Ana durch moralische Erpressung, emotionalen Druck und ein permanentes Ändern der Spielregeln. Weitaus schwerwiegender ist allerdings die permanente Pathologisierung von Sexualität. Mit dem Wort „pervers“ für Christians Sexualität wird hier nur so um sich geworfen, dabei ist sie gar nicht so abartig, wie der Film deklariert. Vielmehr wird auch in diesem Teil viel gevögelt, dies aber in keiner sonderbaren Weise. Mal ein paar Liebeskugeln zu benutzen oder eine Augenbinde machen noch lange kein BDSM aus, geschweige denn Perversität. Noch fahrlässiger ist hier die Anmerkung Christians, dass er kein Dominanter, sondern ein Sadist sei. Und der Grund dafür sei in seiner Kindheit zu verorten, denn er suche sich Frauen, die aussehen wie seine Mutter, um diese zu quälen. „Ach so“, sagt Anastasia darauf und die Show geht weiter. Aber ehrlich, hier muss man Einhalt verlangen, denn nichts ist gefährlicher und stigmatisierender für alle Beteiligten als Kindesmisshandlung/missbrauch gleichzusetzen mit Perversion und daraus resultierendem Sadismus. Zumal Sadismus hier als Wort niemals erklärt oder hinterfragt wird. Vielmehr lässt der Film vermuten, Christian sei ein maligner, pathologischer Sadist, der allein aus dem Schmerz anderer seinen Spaß zieht. Nein, er ist allerhöchstens jemand, der sexuelle Erregung beim gemeinsamen, konsensualen Spiel mit einer Partnerin hat. Das ist etwas völlig anderes. Hier zeigt sich ganz zugespitzt, wie unklar und vor allem ungebildet die Bücher und auch die Filme sind und wie sich naive Ideen und massive Vorurteile zu einer völlig hirnverbrannten Suppe zusammenbrauen lassen.

Dies zeigt auch die Idee von Reichtum, die der Film perpetuiert. Ja, Grey und seine Familie sind reich. Aber nicht einfach nur reich. Sondern so eine Art von neureich. Eine, die permanent zeigen muss, wie unverschämt reich sie doch ist. Ganz wie Donald Trumps vergoldete Wohnung muss jeder Ort, ob Christians Penthouse Suite oder die Familienresidenz einfach unbedingt „too much“ sein. Die Yacht, der Helikopter, die Häuser und Wohnungen, die dutzenden Firmen, die dutzenden Slips und prunkvollen Kleider — stets protzt der Film mit seinem Reichtum, den er ausstellt und gleichzeitig verleugnet. Denn natürlich will Anastasia keine 24.000 US-Dollar geschenkt bekommen. Sowas macht man nicht. Aber dann zu unfassbar pompösen Bällen unfassbar teure Dinge tragen, das ist in Ordnung. Wenn hier etwas pervers ist, dann die Idee von Reichtum und die Absenz von jeglichen anderen Realitäten, Klassen und Menschen in diesem Film. Aber hier, wie an allen anderen Stellen des Filmes und der ganzen Reihe, ist die Idee von Geld und Macht abermals absolut simpel.

Da hilft es auch nicht, dass Dornan und Johnson ansonsten ästhetisch schön anzuschauen sind und auch die Sexszenen, bis sie sich in der „Höschen-aus-Penis-rein“-Wiederholung selbst zu Tode vögeln, schön anzusehen sind. Der Rest ist ein Desaster.
 

Fifty Shades of Grey - Gefährliche Liebe (2017)

Der Hype ist vorbei, die Vorschusslorbeeren sind verbraucht. Jetzt, beim zweiten Teil der Verfilmungen von E.L. James’ Bestseller-Serie reicht es nicht mehr, einfach nur gut auszusehen, nackt zu sein und Popos zu hauen. Das hatten wir schon. „Fifty Shades of Grey — Gefährliche Liebe“ ist ein Film für den sie eh nur zwei Gruppen von Menschen interessieren:

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