Electrick Children

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Dass die Masse auch Gutes tun kann, zeigt sich an Rebecca Thomas‘ Electrick Children. Das eloquente Erstlingswerk schaffte es nämlich nur dank einer Schwarmfinanzierung in den Kinosaal der Berlinale. Als Eröffnungsfilm der Sektion für Jugendliche „Generation 14Plus“ ruhen viele Erwartungen auf diesem Erstlingswerk. Das Schöne daran: Der Film erfüllt sie voll und ganz.
Rachel (Julia Garner) lebt als eines von vielen Kindern in einer Mormonenfamilie im Bundesstaat Utah. Ihr Vater ist der örtliche Priester, ihr großer Bruder Mr. Will (Liam Aiken) ist in seiner Lehre und soll ihn eines Tages ersetzen. Rachel ist so unschuldig wie kein anderes Mädchen in ihrem Alter. Sie betet täglich, hält sich an alle Regeln und hat keinerlei Ahnung von Sexualität. Zu ihrem fünfzehnten Geburtstag muss sie zu ihrem Vater (Billy Zane) in die Beichte, die dieser mit einem Kassettenrekorder aufnimmt. Rachel ist fasziniert, schließlich ist das Gerät die erste elektrische Maschine, die sie je in Aktion erlebt hat. Nachts schleicht sie sich in den Keller und hört damit heimlich und verbotenerweise eine alte Musikkassette. Nachdem kurz darauf ihre Periode ausbleibt, glaubt sie fest daran, dass es wohl Gott gewesen sein muss, der sie per Musikkassette geschwängert hat. Ihre Theorie der elektrischen, aber immerhin unbefleckten Empfängnis vermag ihre Eltern leider nicht zu überzeugen. Durch ein Missverständnis gehen sie davon aus, dass Mr. Will sie geschwängert hat und verbannen ihn aus der Familie. Rachel selbst soll sofort den Nachbarsjungen heiraten, um ihre Ehre zu retten. Doch bevor dies geschieht, macht sie sich mit Mr. Will auf nach Las Vegas, um den Sänger auf der Kassette zu suchen.

Die etwas befremdlich und lustig anmutende Grundgeschichte entpuppt sich schnell als Herz zerreißende Parabel über Schuld und Unfähigkeit von Erwachsenen und Unschuld und Glauben von Kindern. Liebevoll und vorsichtig inszeniert Rebecca Thomas ihren ersten Film und projiziert biblische Geschichten auf die junge Generation amerikanischer Jugendlicher und der Eltern. Die Bilder sind offen und sonnig, die Erzählung stets unaufgeregt, manchmal fast schon meditativ. Die Protagonisten, allesamt sehr eigene Charaktere, tragen den Film selbst in den schweren Augenblicken mit einer Leichtigkeit und Souveränität, die so nur selten im Kino zu sehen ist.

Electrick Children verzaubert und lässt den Zuschauer mit sich selbst ringen. Soll man an Rachels Wundertheorie (und damit stellvertretend dem Kino als Projektionsfläche magischer Träume) glauben schenken und noch einmal eintauchen in die kindliche Unschuld? Oder wartet man wissend und zynisch, bis die möglicherweise schmutzige und schmerzhafte Wahrheit ans Tageslicht kommt?

Electrick Children

Dass die Masse auch Gutes tun kann, zeigt sich an Rebecca Thomas‘ „Electrick Children“. Das eloquente Erstlingswerk schaffte es nämlich nur dank einer Schwarmfinanzierung in den Kinosaal der Berlinale. Als Eröffnungsfilm der Sektion für Jugendliche „Generation 14Plus“ ruhen viele Erwartungen auf diesem Erstlingswerk. Das Schöne daran: Der Film erfüllt sie voll und ganz.
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