Ein Traum in Erdbeerfolie

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Zweit- und Drittverwertung der dem Bürger zur Verfügung stehenden Produkte der DDR wie Duschvorhänge oder Erdbeerfolie: Was heutzutage einfach weggeworfen wird, daraus machten die Freunde des Regisseurs Marco Wilms vor zwanzig Jahren Kleider. Wilms, seines Zeichens staatlich zertifiziertes Model des Modeinstitutes der DDR zeigt in seinem Film Ein Traum in Erdbeerfolie die kleine Untergrundbewegung ostdeutscher (Über)Lebenskünstler, Designer, Hairstylisten und Models, die aus den minimalen Ressourcen, die ihnen zur Verfügung standen das Beste machten. Und das nicht nur weil es die damalige Modeszene einiges zu wünschen übrig ließ, sondern um sich abzugrenzen und sich einer Phantasiewelt in den engen Grenzen des eigenen Landes zu schaffen.
Als Gegenbewegung zur Gleichschaltung der Köpfe und des Aussehens, ließ sich die Gruppe um Wilms so einiges einfallen, um aufzufallen. Sehr zum Ärger der Staatssicherheit veranstalteten die Jugendlichen orgiastisch-fantastische Modeschauen die alles waren, nur nicht DDR-Alltag.

Wilms begleitet sich selbst mit Kamera auf der Suche nach den verschollenen Kameraden und schwelgt nicht nur in Erinnerungen, sonder seziert Hinter- und Beweggründe der einzelnen Gruppenmitglieder. Unumgänglich auch die Frage nach dem jetzigen Leben. Seine Mitstreiter berichten wie es ihnen und ihrer Kreativität erging nach dem die Mauer fiel und plötzlich alles möglich war. Mit viel Humor und ohne schwelgerische Ostalgie zeichnet Wilms ein Bild vom anders sein wollen in einem strikten System. Es wäre nur wünschenswert gewesen, dass er sich selbst dabei beschränkt hätte nur Regie zu führen. Leider mindert seine übertrieben wirkende Selbstdarstellung die Qualität und Glaubwürdigkeit des Filmes. Im Gegensatz zu seinen Mitstreitern scheint es ihm fast nicht um den Inhalt seines eigenen Films zu gehen, sondern darum sich endlich noch einmal darstellen zu können, noch einmal auf der Bühne im Rampenlicht zu stehen.

Abgesehen von den eigenartig albern wirkenden schauspielerischen Qualitäten Marco Wilms‘ ist Ein Traum in Erdbeerfolie ein kleines ostdeutsches Kleinod im riesigen Programm des diesjährigen Panoramas der Berlinale.

Ein Traum in Erdbeerfolie

Zweit- und Drittverwertung der dem Bürger zur Verfügung stehenden Produkte der DDR wie Duschvorhänge oder Erdbeerfolie: Was heutzutage einfach weggeworfen wird, daraus machten die Freunde des Regisseurs Marco Wilms vor zwanzig Jahren Kleider.
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Meinungen

filmfan · 22.09.2009

Er läuft am Sonntag, 4. Oktober 2009 um 22.05-23.30 in arte

nancy.baumann@t-online.de · 21.02.2009

Wann und wo läuft denn Ein Traum in Erdbeerfolie im Rhein-Main-Gebiet würde mich über eine Rückinfo. Freuen. Danke