Dritte Person

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Im Bann des unsichtbaren Dritten

iner Stelle der deutschen Weihnachtskomödie Alles ist Liebe, ein Remake eines holländischen Ensemblefilms, führen zwei Charaktere eine Diskussion über überflüssige Coverversionen – mit dem Seitenhieb, dass eine neue Fassung mitunter gelungener sein kann als das Original. Auch Paul Haggis’ fünfte Regiearbeit, ebenfalls eine mehrere Handlungsstränge unspannende Ensemblegeschichte, lässt im Mittelteil die Metaebene aufblitzen. Beim gemeinsamen Lunch muss sich Schriftsteller Michael (Liam Neeson) von seinem Verleger anhören, dass er längst seinen früheren Biss verloren habe und seine Werke zunehmend schwächer ausfielen. Sollte man diese Stelle als ironische Selbstkritik zu verstehen wissen?

Nach L.A.Crash von 2004, ausgezeichnet mit zwei Oscars und gefolgt von einer kurzlebigen TV-Serie, entwickelte sich Haggis zu einem der gefragtesten Scriptautoren und Regisseure. Mit dem Remake 72 Stunden – The Next Three Days und dem Post-Kriegsthriller Im Tal von Elah konnte er diese Erwartungen als Filmemacher weitgehend erfüllen. Dagegen bleibt sein romantisches Episodendrama Dritte Person, angesiedelt in New York, Rom und Paris, weitgehend an der schicken Oberfläche. Obwohl gegen Ende der mit 137 Minuten viel zu langen Produktion noch einige tragische Enthüllungen zu verzeichnen sind, zeigt sich der verschachtelte Reigen letztlich als zu seicht und schwach geknüpft. Der französische Titel Puzzle erweist der zwar unterhaltsamen, aber nicht sonderlich fesselnden Konstruktion zu viel der Ehre.

In Paris schlägt sich Erfolgsschriftsteller Michael, der unlängst seine Frau Elaine (Kim Basinger) verließ, mit seinem jüngsten Buch herum, während ihn eine stürmische Affäre zu seiner Geliebten Anna (Olivia Wilde), einer angehenden Autorin, von der Arbeit abhält. Derweil trifft der undurchsichtige, elegante Geschäftsmann Scott (Adrien Brody) in einer pseudoamerikanischen Bar in Rom auf eine verführerische Fremde (Moran Atias). Dringend benötigt die Schöne eine horrende Summe, um ihre Tochter aus den Händen von Kriminellen zu befreien. Unter Geldsorgen leidet ebenfalls die unstete Ex-Schauspielerin Julia (Mila Kunis), die einen Zimmermädchenjob in New York annehmen muss. Verzweifelt kämpft sie um das Sorgerecht für ihren kleinen Sohn, der bei ihrem Ex-Mann Rick (James Franco), einem Maler, und dessen neuer Freundin lebt.

Bei der „Dritten Person“ handelt es sich um den jeweils „unsichtbaren Dritten“, der das Beziehungsgeflecht in Gang setzt – also um die Kinder der Protagonisten. Eher mühsam und banal zeigen sich allerdings am Ende die verschiedenen Handlungsstränge verbandet. Manches Detail ergibt letztlich keinen Sinn: Von der Auflösung her erscheint es unplausibel, dass Schriftsteller Michael Julias Anwältin (Maria Bello) kennt. Ebenso rätselhaft bleibt der Umstand, dass eine wichtige Notiz von Julia in Michaels Pariser Arbeitszimmer und Annas Blumenpräsente in einem New Yorker Hotelzimmer auftauchen. Schwerer wiegt jedoch der Umstand, dass die drei Geschichten den Film letztlich überfrachten und das Tempo drosseln. Eine davon hätte zwar letztlich ausgereicht, wäre jedoch nicht tiefschürfend genug ausgefallen.

Immerhin verstehen die prominenten Darsteller durchweg zu überzeugen und sich mit einigen sowohl humorvollen als auch dramatischen Sequenzen ins Gedächtnis zu rufen. Neben der eleganten Kameraarbeit muss der hervorragende Schnitt von Haggis’ langjähriger Cutterin Jo Francis hervorgehoben werden, der häufig die Charaktere über die Distanz hinweg in Beziehung setzt und eine Figur auf eine völlig andere Situation reagieren lässt. Diese Qualitäten können aber auf Dauer nicht über den Mangel an Substanz, Spannung und Tiefgang hinwegtäuschen.

Dritte Person

An einer Stelle der deutschen Weihnachtskomödie „Alles ist Liebe“, ein Remake eines holländischen Ensemblefilms, führen zwei Charaktere eine Diskussion über überflüssige Coverversionen – mit dem Seitenhieb, dass eine neue Fassung mitunter gelungener sein kann als das Original. Auch Paul Haggis’ fünfte Regiearbeit, ebenfalls eine mehrere Handlungsstränge unspannende Ensemblegeschichte, lässt im Mittelteil die Metaebene aufblitzen.
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