Drawing Restraint 9

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Elfe und das Monster

Auf dem schmalen Grat zwischen Medienkunst und Kino ist Matthew Barney der wohl bekannteste, produktivste und auch glamouröseste Grenzgänger, den die Kunstwelt derzeit zu bieten hat. Nach einer Ausstellung in Köln tourte sein Cremaster Cycle, bestehend aus fünf Teilen, die samt und sonders neue filmische Kosmologien entwerfen, unlängst durch deutsche Großstädte und stieß dort auf reges Interesse, erntete aber auch befremdete Reaktion – Kunst eben. Auch sein neues Werk Drawing Restraint 9 arbeitet mit den Versatzstücken, die die befremdliche und bizarre Welt des Künstlers beherrschen: Heiße Vaseline, die zu merkwürdigen Objekten gegossen wird, monströse Körper und ein Sammelsurium kultureller und subkultureller Querverweise, die sich – aller Heterogenität zum Trotz – immer wieder zu einem organischen Ganzen zusammenfügen. Neu allerdings ist die Teilnahme von Barneys berühmter Ehefrau Björk, die neben ihrem Auftritt als eine der beiden Fremden auch einen hörenswerten Soundtrack komponiert und eingespielt hat, der die schrägen Fantasiewelten ihres Mannes kongenial ergänzt. Beides zusammen ergibt ein sinnliches Kunsterlebnis, dessen Wirkung allerdings auf geteilte Meinungen stoßen dürfte. Nur wer bereit ist, sich auf Barneys Anregungen und dicht gewebte Assoziations- und Bildketten einzulassen, wird an Drawing Restraint 9 seine Freude haben.
Japan und die Traditionen des Walfangs sind nur zwei der Themen, die Matthew Barney in seinem neuen Werk bearbeitet und mit anderen Elementen lose verknüpft. Getragene, langsame Kamerabewegungen, sphärische Musik und mit großer Sorgfalt ausgeübte rituelle Handlungen, verknüpft mit großartigen Aufnahmen aus der Welt der japanischen Fischer und Walfänger erzeigen eine erhabene und weihevolle Atmosphäre, gerade so, als würde man Anhänger eines fremdartigen Kultes bei der Ausübung ihrer religiösen Verrichtungen beobachten. Vielleicht erklärt diese Stimmung ja auch den Erfolg Matthew Barneys, der es wie kaum ein zweiter versteht, seine Filme als sinnliche und spirituelle Erfahrungen zu gestalten, die den gleichermaßen ekstatischen wie kontemplativen Gesten und Riten der Religion nahe kommen. Narrativ ist Barney auf jeden Fall kaum zu fassen, am besten, man gibt die Suche nach einer vorgegebenen Geschichte auf und benutzt stattdessen Barneys Strom der Bilder als Ausgangspunkt für eigene Geschichte, sofern man dieser bedarf. Ein Erlebnis ist dieser Film allemal.

Drawing Restraint 9

Auf dem schmalen Grat zwischen Medienkunst und Kino ist Matthew Barney der wohl bekannteste, produktivste und auch glamouröseste Grenzgänger, den die Kunstwelt derzeit zu bieten hat.
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Meinungen

· 14.06.2006

Sher merkwürdig und schräg aber geiler soundtrack