Dolpo Tulku – Heimkehr in den Himalaya

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der lange Weg zur eigenen Bestimmung

In den letzten Jahren hat sich abseits der gängigen Themen beinahe so etwas wie ein dokumentarisches Subgenre entwickelt, das das seit Jahrzehnten enorm gestiegene Interesse am Buddhismus tibetischer Ausprägung reflektiert. Nicht ganz unschuldig an dieser Häufung von Filmen ist natürlich der charismatische und überaus medienpräsente derzeitige 14. Dalai Lama Tendzin Gyatsho, der überall auf der Welt als geistiges Oberhaupt der Tibeter großes Ansehen genießt. Martin Hoffmanns sehr gelungene Dokumentation Dolpo Tulku – Heimkehr in den Himalaya vertraut weniger auf den prominenten Status der derzeitigen Dalai Lama, sondern begibt sich gemeinsam mit einem 28-jährigen buddhistischen Mönch, der als Reinkarnation eines in der Hierarchie hochstehenden Lama, des Dolpo Tulku, Verantwortung für die tiefreligiösen Menschen der abgeschiedenen tibetischsprachigen Dolpo-Region im Nordwesten Nepals übernehmen soll. Es ist eine Heimkehr unter schwierigsten Bedingungen und mit einer enormen Erwartungshaltung. Denn der Dolpo Tulku ist für die Menschen zuhause der Hoffnungsträger auf eine bessere Zukunft, er ist nicht nur geistiger Führer, sondern muss auch die dringend benötigten Modernisierungen der rückständigen Region auf den Weg bringen, ohne zugleich die Traditionen der Religion zu verraten.
Kennengelernt hat der Regisseur den Dolpo Tulku, der als einfacher Hirtenjunge namens Sherap Sangpo im Alter von zehn Jahren entdeckt und zum Studium ins Namdroling Kloster nach Südindien geschickt wurde, im Jahre 2007, als sich der Filmemacher mit seiner Familie auf einer Urlaubsreise durch Südindien befand. Auf den ersten Blick war Dolpo Tulku ein ganz normaler Mönch wie viele andere tausenden anderen. Erst im Gespräch offenbarte sich, welche schwere Last auf den Schultern des jungen Mannes lastete, der in den Gesprächen als bemerkenswert kluger und weiser Mensch erscheint, der gleichermaßen reflektiert wie auch von Selbstzweifeln geplagt an seine neue Aufgabe herangeht und der in seiner Besessenheit für die modernen Kommunikationsmittel manchmal gar nicht wie ein in sich ruhender geistiger Führer wirkt. Nach der Begegnung kam Hoffmann dann auf die Idee, die Rückkehr des Dolpo Tulku in seine Heimat mit der Kamera zu begleiten. Der Tulku gab seine Zustimmung zu dem Projekt auf seine ganz eigene Weise – mit einer Mail, die ihn und den Regisseur auf einem gemeinsamen Bild, aufgenommen mit einem Selbstauslöser zeigt.

Man merkt dem Film an, dass er von einer großen Vertrautheit zwischen dem Regisseur und dem Dolpo Tulku geprägt ist. Zumal sich Martin Hoffmann erklärender Off-Kommentare weitgehend enthält und lediglich mittels eingeblendeter Texttafeln über Ort und Zeit informiert. Dieses spürbare Vertrauen, die bereitwillige und sehr menschliche Art des buddhistischen Geistlichen, seine bescheidene Art, sein Humor sowie seine Selbstzweifel und vor allem die atemberaubenden Landschaftsaufnahmen machen aus Dolpo Tulku – Heimkehr in den Himalaya einen überaus sehenswerten Film – und zwar nicht nur für Menschen, die sich für den tibetischen Buddhismus interessieren. Spätestens mit dem Verlassen des Kinos wünscht man sich etwas von der Gelassenheit des Mönches, der gerade vor der Aufgabe seines Lebens steht. Möge sie ihm gelingen!

Dolpo Tulku – Heimkehr in den Himalaya

In den letzten Jahren hat sich abseits der gängigen Themen beinahe so etwas wie ein dokumentarisches Subgenre entwickelt, das das seit Jahrzehnten enorm gestiegene Interesse am Buddhismus tibetischer Ausprägung reflektiert. Nicht ganz unschuldig an dieser Häufung von Filmen ist natürlich der charismatische und überaus medienpräsente derzeitige 14. Dalai Lama Tendzin Gyatsho, der überall auf der Welt als geistiges Oberhaupt der Tibeter großes Ansehen genießt.
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Meinungen

hb · 07.02.2010

manchmal sehr schnell geschnitten - um die texteinblendungen komplett lesen zu können, muss man sich ranhalten. beim ersten ansehen des films war ich von den bildern so gebannt, dass mir mancher text halb durch die lappen ging, so schnell war er wieder ausgeblendet.

überhaupt lebt der film vom sich-einfinden, einlassen auf das, was gerade ist: sei es als betrachter, der unvermittelt aus einer szene in die nächste katapultiert wird, zwischen langsamen betrachten, schnellem lesen und unvermitteltem szenenwechsel hin und her geschleudert (trotz allem ist es ein tendenziell langsamer, ein betrachtender und erzählender film), sei es in der aufgabenstellung als tulku, als designierter hoher würdenträger, im hintersten, höchsten bewohnten und vollkommen abgeschiedenen letzten winkel des himalayas an der grenze zu tibet.

nicht so ganz deutlich werden die mühen und entbehrungen der reise - abgeschnitten von jeder art von hilfe, sei es medizinische oder ausrüstungstechnische, sind alle beteiligten zwangsläufig auf ihre robuste gesundheit, ihre vorbereitungen und günstige umstände sowie auf ihr schieres durchhaltevermögen angewiesen.

gerne hätte man erfahren, woher ein über jahre im indischen kloster gelebt habender junger mann plötzlich die kondition für stundenlange, steile bergpasswanderungen hernimmt, wie alltägliche dinge wie körperhygiene, ernährung oder schlaf in beständiger kälte und nässe gehandhabt werden - so detail-dokumentarisch oder auch voyeuristisch ist der film aber wiederum nicht.

ebenso unaufgeregt und sich nicht ins zentrum stellend wie der junge tulku ist die regie: die kamera beobachtet. hier landschaften, da wetter, da gesichter, dort gesprochenes. keine kommentare, keine wertungen. ist-zustand. momentaufnahmen.

zunehmend unwichtig erscheinen die widrigkeiten der reise auch dem betrachter. das persönliche sich-in-den-dienst-stellen, die eigenen fähigkeiten und möglichkeiten zum wohle anderer einzusetzen, und dabei das persönliche empfinden und das-sich-gerade-vielleicht-wohl-oder-auch-unwohl-fühlen hintan zu stellen, wirkt ebenso überzeugend wie ansteckend.

und so sieht man viele nachdenkliche gesichter am ende des films - die wichtig- und wertigkeiten des eigenen lebens überdenkend und hinterfragend.

mehr können sich der tulku als buddhistischer lehrer und sein filmischer dokumentator kaum gewünscht haben.

Barbara Zimmermann · 13.01.2010

Ein Dokumentarfilm ohne Schnörkel, gibt einen Einblick in die Lebenswelt der Menschen der Himalayaregion...realistisch, ehrlich, berührend.
Der Einführungsabend mit Dolpo Tulku und dem Filmteam war großartig!!!

Annelie Jann · 06.01.2010

Ein sehr beeindruckender Film, wunderschöne Aufnahmen von den Menschen und Landschaft. Sehr sympatische Menschen, der Dolpo Tulku Rinpoche und Resisseur Martin Hoffmann und seine Übersetzerin, es war eine große Bereicherung, den Film gesehen zu haben.

Dolpo Hilfe · 02.01.2010

unbedingt ansehen !