Dieses bescheuerte Herz (2017)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Ziemlich beste Freunde

Lenny (Elyas M’Barek) ist von Beruf Sohn. Deshalb hängt er mit Freunden in einer Münchener Nobeldisco ab und versenkt den Sportwagen schon einmal im elterlichen Pool. Aber Lennys Vater (Uwe Preuss) hat die Nase voll von dem Verhalten seines Sohnes und droht ihm mit dem Entzug des Geldes, falls er sich nicht um den 15-jährigen David (Philip Noah Schwarz) kümmert. David ist schwer herzkrank und hat keine hohe Lebenserwartung mehr, vermutlich wird er noch vor seinem 16. Geburtstag sterben.

Auf den ersten Blick erinnert Dieses bescheuerte Herz sehr an eine Mischung aus Ziemlich beste Freunde und Heiter bis wolkig, tatsächlich aber verfolgt der Film die Annäherung zwischen Lenny und David durchaus ernsthaft. Man muss zwar darüber hinwegsehen, dass David von seiner Therapeutin als verschlossen und schroff beschrieben wird, sich jedoch Lenny sehr schnell öffnet, ohne dass dieser etwas dafür getan hat. Aber nach diesem obligatorischen Desinteresse entwickelt auch Lenny schnell brüderliche Gefühle für David. Gemeinsam wollen sie Davids Wunschliste abarbeiten, auf der er notiert hat, was er unbedingt noch erleben will. Vieles davon lässt sich mit Geld kaufen – und davon hat Lenny ja glücklicherweise etwas. Also besorgt er David eine coole Lederjacke, ein Handy und einen Aufnahmetermin im Musikstudio. Außerdem lässt er David Autofahren. Aber sogar bei dem Wunsch, einem Mädchen Blumen zu schenken und den ersten Kuss zu erleben, lässt sich vielleicht etwas drehen. Hier bleibt Marc Rothemunds Film in der Inszenierung wohltuend geerdet, es gibt keine zusätzliche Melodramatisierung des Stoffes, auch ertrinkt nicht jede Szene in emotionaler Musik.

Der Film basiert – wie der zugrundeliegende Roman – auf der realen Freundschaft zwischen dem herzkranken Teenager Daniel Meyer und dem Autor Lars Amend, wodurch die Geschichte eigentlich mehr bietet als konfektionsgerechte Kino-Unterhaltung. Leider aber verschiebt sich der Fokus des Films zunehmend von Davids Sorgen und Hoffnungen auf Lennys Läuterung und verliert dabei die Aspekte aus den Augen, die den Figuren wirkliche Tiefe gegeben hätten: David ist 15 Jahre alt und in vielen Dingen wirklich noch ein Kind, das aber schon sehr lange damit leben muss, dass es bald sterben könnte. Stets muss er eine Sauerstoffflasche bei sich tragen, zur Schule geht er im Kinderhospiz. Hierin stecken einige spannende Aspekte, die der Film aber nicht weiter verfolgt. Auch seine Mutter Betty (Nadine Wrietz), die durch die Daueranspannung müde und kaputt ist, wird anfangs überzeugend eingeführt. Nadine Wrietz wandelt hier sehr überzeugend auf dem schmalen Grat zwischen übertriebener Fürsorge und dem Wunsch, David ein eigenständiges Leben zu ermöglichen, aber mit zunehmender Konzentration auf die „ungleiche“ Freundschaft rückt auch sie an den Rand.

Vielleicht hätte Marc Rothemund hier stärker auf das Ausgangsmaterial vertrauen sollen. Lars Amend – der auch das Buch geschrieben hat – steckte nach eigener Aussage in einer Krise, als er von Daniel hörte, obwohl er beruflich bereits erfolgreich war. Hierin steckt ein interessanter Dreh, der Dieses bescheuerte Herz auch von ähnlichen Stoffen abgehoben hätte. Stattdessen aber ist Lenny ein Arztsohn, bei dem man sich trotz Elyas M’Bareks guter darstellerischer Leistung unweigerlich fragt, wie er auf dieses Leben verfallen ist – zumal die dann doch schnelle Läuterung hier auch unglaubwürdig wird. Insgesamt ist Dieses bescheuerte Herz daher ein mitunter bewegender, aber auch wenig überraschender Film über eine ungleiche Freundschaft.
 

Dieses bescheuerte Herz (2017)

Lenny (Elyas M’Barek) ist von Beruf Sohn. Deshalb hängt er mit Freunden in einer Münchener Nobeldisco ab und versenkt den Sportwagen schon einmal im elterlichen Pool. Aber Lennys Vater (Uwe Preuss) hat die Nase voll von dem Verhalten seines Sohnes und droht ihm mit dem Entzug des Geldes, falls er sich nicht um den 15-jährigen David (Philip Noah Schwarz) kümmert.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen