Die unbarmherzigen Schwestern

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Donnerstag, 24. Januar 2008, Tele 5, 20:15 Uhr

Irland in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Während einer ausgelassenen Hochzeitsfeier wird eine junge Frau (Anne-Marie Duff) von ihrem eigenen Cousin vergewaltigt. Doch statt den Gewalttäter seiner gerechten Bestrafung zuzuführen, sorgen die streng katholischen Eltern dafür, dass ihre Tochter sich nur wenige Tage nach dem Vorfall im Magdalenen-Heim wiederfindet. Für Margret – so der Name des Mädchens – ist dies der Beginn eines jahrelangen Leidensweges. Denn die Nonnen des Ordens, der die Magdalenen-Heime betreibt, erweisen sich als wenig mildtätig und führen vielmehr ein strenges Regiment der Unterdrückung und Ausbeutung.
Neben Margret widmet sich Peter Mullan in seinem Film Patricia (Dorothy Duffy), die eigentlich Rose heißt und die ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hat und Bernadette (Nora-Jane Noone), die für den Geschmack des Waisenhauses, in dem sie bislang untergebracht war, zu viel geflirtet hat. Die drei, die gleichzeitig in das Heim der barmherzigen Schwestern gebracht werden, lernen von Crispina (Eileen Walsh) schnell, dass Freundschaften hier nicht nur unerwünscht, sondern sogar kontraproduktiv sind – eine bittere Wahrheit, die schneller als erwartet eintritt. Denn jeglicher Kontakt der Mädchen untereinander ist ebenso unerwünscht und zieht Strafmaßnahmen nach sich wie Verbindungen zur Welt jenseits der Mauern des Heimes. Stattdessen müssen die Mädchen sieben Tage in der Woche und zehn Stunden pro Tag in der Wäscherei schuften und werden wie Arbeitssklavinnen gehalten, um ihre sündigen Seelen rein zu waschen. Für die jungen Frauen beginnt ein Martyrium unvorstellbaren Ausmaßes, das für manche von ihnen nur mit dem Tod enden kann.

Aufmerksamen Kinofans dürfte der in Schottland geborene Peter Mullan bis zu diesem Film – seinem zweiten als Regisseur – vor allem als Darsteller in Erinnerung sein. Nach kleineren Rollen in Filmen wie Braveheart und Trainspotting gelang ihm mit der Hauptrolle in Ken Loachs My Name is Joe der endgültige Durchbruch als Schauspieler. Nach mehreren Kurzfilmen drehte Mullan 1997 seinen ersten Langfilm mit dem Titel Orphans, der zahlreiche Filmpreise erhielt. Doch auch bei seiner Karriere als Regisseur brachte nicht gleich der erste Wurf den großen Treffer – Die unbarmherzigen Schwestern / The Magdalene Sisters aber markierten für ihn auch als Filmemacher den endgültigen Durchbruch.

Wer meint, der Film schildere Zustände, die schon lange Zeit hinter uns lägen, sei daran erinnert, dass der letzte Magadalene-Convent erst 1996 seine Pforten schloss. Die katholische Kirche indes zeigte sich wenig bereit dazu, sich mit Verfehlungen wie den in diesem schockierenden Film auseinander zu setzen. Als der Film den Goldenen Löwen auf den Filmfestspielen von Venedig erhielt, hagelte es wütende Proteste. Noch erschreckender aber waren die Reaktionen einiger ehemaliger Insassinnen von Magdalenenheimen: Auf die im Film gezeigten Misshandlungen angesprochen, bescheinigten sie dem Film Realitätsferne – da die wahren Umstände noch brutaler gewesen seien. Kaum zu glauben, aber wahr… Ein Film, der packt und aufwühlt.

Die unbarmherzigen Schwestern

Irland in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Während einer ausgelassenen Hochzeitsfeier wird eine junge Frau (Anne-Marie Duff) von ihrem eigenen Cousin vergewaltigt.
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