Die Reise des chinesischen Trommlers

Eine Filmkritik von Florian Koch

Trommeln für ein neues Leben

Die Zen-Trommel-Gruppe U-Theatre vereint völlig harmonisch Kampfkunst, Meditation, Ausdauer-Übungen und Tai Chi. Ein Kunststück, dass sie, neben den identischen Protagonisten mit Die Reise des chinesischen Trommlers gemein hat. Regisseur Kenneth Bi (Rice Rhapsody) kombiniert in seinem waghalsig-gelungenen Genremix scheinbar spielerisch Selbstfindungsdrama, Vater-Sohn-Konflikt und Gangsterfilm.
Erstmals darf die renommierte U-Theatre-Truppe dabei ihre beeindruckenden Performances nicht nur in Dokumentarfilmen sondern als essentieller Bestandteil eines Spielfilms zum Besten geben. Doch bevor die austrainierten Simultantrommler in Aktion treten dürfen, taucht Bi in Hongkongs gefährlichen Großstadtdschungel ein. Eine Welt voller Gewalt gehört dort zum täglichen Brot des Triadenbosses Kwan (Tony Leung Ka Fai). Sein Sohn, der verantwortungslose Lebemann Sid (Jaycee Chan, Sohn von Jackie Chan) hält sich aus den knallharten Drogengeschäften des Vaters heraus. Er vergnügt sich lieber mit der aparten Carmen (Hei-Yi Cheng), die mit Sid ein ähnliches Schicksal teilt. Als ihr Mann, der Gangsterboss Stephen Ma (Kenneth Tsang) die beiden in flagranti erwischt und Sid auch noch patzig reagiert wird es brenzlig für den arroganten Gernegroß. Nur die flehentlichen Bitten von Kwan, einem alten Kumpel von Ma verhindern die Exekution von Sid. Allerdings soll der Junge eine Hand für seine schändlich-sündhafte Tat opfern. Verständlicherweise ziert sich Yuppie Sid, doch sein strenger und grobschlächtiger Vater lässt sich nicht so leicht abspeisen. Als Strafe und zum Schutz muss Sid Hongkong verlassen und in Begleitung von Kwans Gefolgsmann Ah Chiu (Roy Cheung) im taiwanesischen Exil sein Dasein in absoluter Abgeschiedenheit fristen.

Dieser Bruch in der Handlung wird von Bi auch stilistisch nachvollzogen. Auf pulsierend schnelle Schnitte und hektische Kamerafahrten durch Hongkongs Nachtleben folgt ganz programmatisch die formale Ruhephase voller Momente des Innehaltens. Die Undurchschaubarkeit des Großstadtdickichts wird ersetzt durch eine für Sid ebenso unübersichtliche Naturidylle fernab der Zivilisation. Erst ein entferntes Trommelgeräusch reißt Sid aus seiner Agonie. Er geht den dumpfen Schlägen nach und kämpft sich bis zu einem Berggipfel vor. Dort erwartet ihn neben dem fantastischen Ausblick eine hochkonzentrierte Zen Trommlertruppe (überzeugend verkörpert vom U-Theatre-Ensemble), die nicht nur wie Shaolin Mönche gekleidet sind sondern auch ein ebenso bescheidenes Leben voller Selbstdisziplin pflegen. Ein krasser Kulturschock für den zügellosen Sid, doch seine Passion fürs Trommeln lässt ihn alle Vorbehalte vergessen. Er entsagt in einem schmerzhaften Entpuppungs-Prozess dem bisherigen Konsum orientierten Leben und schließt sich den Schlagzeug-Mönchen an. Erst als die Gruppe auf Welttournee geht und auch Station in Hongkong macht sieht sich Sid mit seiner längst verdrängten Gangster-Vergangenheit konfrontiert.

Bereits auf den Filmfestivals in Locarno, Sundance und München wurde Keneth Bis beeindruckender Film gefeiert. Bi gelang es, die radikale Transformation seiner Hauptfigur und den damit einhergehenden Culture-Clash völlig glaubwürdig und klischeefrei zu erzählen. Die Faszination für den intensiven Klang der Trommel und ihre kraftvollen Vibrationen vermittelt Bi ganz nebenher und mit großer Überzeugungskraft auch härtesten Schlagzeug-Hassern. Neben seiner präzisen Erzählweise und dem untrüglichen Gefühl für stimmige Bilder und treffende Dialoge hält Bi mit seinen Hauptdarstellern noch zwei entscheidende Trümpfe in der Hand. Chan, der sich bisher verständlicherweise nur schwer aus dem riesigen Schatten seines Star-Vaters lösen konnte ist genau der richtige Typ für den sorglosen Lebemann, den er zu Beginn darstellen muss. Auch die zähe Wandlung zum disziplinierten Trommler nimmt man ihm nach anfänglicher Skepsis bald ab. An Charisma und kraftvoller Darstellung ist ihm nur noch Hongkongs Schauspielveteran Tony Leung Ka Fai (Election, Ashes of Time) überlegen. Er verleiht der zu Beginn völlig abstoßenden Schlägerfigur Kwan menschliche Züge und gewährt überzeugend tiefe Einblicke in seine seelischen Wunden. Der den Film emotional dominierende Vater-Sohn Konflikt wird auch über die enorme räumliche Distanz von Hongkong nach Taiwan aufrechterhalten und berührt in seiner subtilen Stimmigkeit.

Die Reise des chinesischen Trommlers beweist, zu was für Überraschungen das immer wieder für tot erklärte Hongkong Kino noch fähig ist.

Die Reise des chinesischen Trommlers

Die Zen-Trommel-Gruppe U-Theatre vereint völlig harmonisch Kampfkunst, Meditation, Ausdauer-Übungen und Tai Chi. Ein Kunststück, dass sie, neben den identischen Protagonisten mit Die Reise des chinesischen Trommlers gemein hat.
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Meinungen

Stefan · 22.01.2009

Super Film, sehr berührend ! Nicht verpassen !

Saskia · 13.01.2009

Ein wundervoller Film. Er stellt für mich sehr gut dar, worum es beim Trommeln geht.
Der Film berührt.

Jürgen Hoffmann · 05.01.2009

Wieder mal eine sehr gelungene Produktion.
Abwechslungsreiche Drehorte und talentierte Schauspieler.
Eine durchwegs spannender und sehenswerter Film!

@ An Jo Rupin, schade das Ihnen der Film nicht gefallen hat. Ich denke sie sind in einem deutschen Film mit langweiliger Handlung besser aufgehoben.

Jo Rupin · 05.01.2009

Der Film bringt von allem etwas und nichts richtig: Ein bißchen Action, ein bißchen Kampfkunst, ein bißchen Mafia-Kolorit, ein bißchen Psychologie und ein verballhornter Zen-Buddhismus, damit die Esoterik-Freaks auch auf ihre Kosten kommen. War hier jemand übermotiviert oder hat er im kommerziellen Interesse gnadenlos auf eine breit gefächerte Interessentenschicht spekuliert ? Lediglich das Trommeln an sich entschädigt - und die eine oder andere gelungene schauspielerische Leistung.

Gast · 03.01.2009

Sehr eindrucksvoller wirklich schöner Film- unbedingt anschauen!
Schade das sie in den Arthouse Kinos nicht öfter solche Filme zeigen.