Die Reise der Pinguine 2: Der Weg des Lebens (2017)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Und wieder im Gänsemarsch über das Packeis

Regisseur Luc Jacquet löste 2005 mit seinem Dokumentarfilm Die Reise der Pinguine einen globalen Pinguin-Hype aus. Der Film, der den Oscar bekam, gehört mit weltweit über 25 Millionen Zuschauern zu den erfolgreichsten Naturdokumentationen. Zwölf Jahre danach präsentiert der französische Biologe, der den Wechsel ins Filmmetier seiner Begeisterung für die Kaiserpinguine verdankt, eine Fortsetzung, für die er eine neue Antarktis-Expedition unternahm. Im Presseheft schwärmt er von der Erinnerung, „auf dem Packeis zu spazieren und dabei einen Kaiserpinguin als Gefährten zu haben, der ein Stück des Weges mitgeht“.

Die schwierigen Lebensumstände der neugierigen, geheimnisvollen Tiere, die mit ihrer Statur und Körpergröße von etwas über einem Meter dem Menschen ähneln, hatten schon die Zuschauer des ersten Films emotional berührt. Unvergesslich sind die Aufnahmen der Pinguine, die wie jedes Jahr in Reih und Glied und in stoischer Ruhe eine weite Strecke vom Meer in Richtung Festland marschierten, um sich an ihrem Brutplatz zu paaren. Auf die elegante Balz folgte das Drama der Ei-Übergabe von der Mutter an den Vater, der es binnen Sekunden vom Boden auf seine Füße und unter die schützende Bauchfalte hieven musste, damit es nicht erfror. Während die Mütter auf Nahrungssuche zum Meer marschierten, harrten die Väter mit den Eiern, aus denen mitten im Winter die Küken schlüpften, dicht aneinandergedrängt aus. Die rechtzeitige Rückkehr der Mütter entschied über Leben und Tod.

Diese unglaublichen Entbehrungen, die die Eltern für ihr jeweiliges Küken in Kauf nahmen, wurden von manchen konservativen Christen in den USA zum Vorbild für menschliches Verhalten erklärt. Der naturwissenschaftlich orientierte Jacquet hatte diese Absicht keineswegs. Aber aus den Dialogen, die den Tieren in der Originalversion und der deutschen Fassung des ersten Films in den Mund gelegt wurden, sprachen menschlich empfundene Poesie und Dramatik.

Im Fortsetzungsfilm sorgt eine Erzählerstimme – Udo Wachtveitl in der deutschen Version – für mehr dokumentarische Nüchternheit. Das macht den Film nicht unbedingt besser, denn er wirkt zwar viel normaler im Ton, aber auch unspektakulärer. Visuell jedoch steht er dem Vorgängerfilm nicht nach, im Gegenteil, hier kommen beispielsweise sensationelle Unterwasseraufnahmen hinzu. Viel stärker wird diesmal die Doppelnatur des Pinguins betont, der die Hälfte seines Lebens im Meer verbringt. Wenn er dann, seinem Paarungstrieb folgend, aus dem Wasser in die frostige Kälte herausspringt und bäuchlings auf dem Packeis landet, verwandelt er sich in den stoisch-unbeholfenen Wanderer, der entschlossen ist, dem antarktischen Winter an Land zu trotzen.

Die Reise der Pinguine 2 folgt dramaturgisch einem etwa 40-jährigen Tier, das noch einmal Vater werden wird. Und sie endet mit dem Marsch der noch flaumigen Jungtiere zum unbekannten Meer. Dort bleiben die Heranwachsenden erst einmal ein paar Tage lang unschlüssig stehen, bevor sie dann dem beherzten Sprung eines ersten Pinguins ins Wasser folgen. Was mag in den Köpfen dieser Tiere nur vorgehen, die zwar instinktgesteuert sind, aber auch sehr individuell anmuten und ihre Erlebnisse in gewisser Weise zu reflektieren scheinen? Wieder einmal zeigen Jacquet und sein Team, wie viel es im Leben dieser faszinierenden Geschöpfe noch zu entdecken gäbe.

Das Sequel wählt eine nichtlineare Erzählweise mit häufigen Rückblenden, die eher für die Dramaturgie moderner Spielfilme typisch ist. Die Ruhe der einsamen Eislandschaften aber setzt sich auch diesmal atmosphärisch durch. Es ist unglaublich, welche Farbenpracht der Himmel und das Eis je nach Wetter und Sonnenstand entfalten können. Die Magie dieser majestätischen Landschaft vergrößert sich noch, wenn dann wieder die Schar dieser kleinen geduldigen Wanderer auf zwei Füßen ins Bild rückt.

Auch diese ökologische Nische ist, wie der Film eher am Rande erwähnt, vom Klimawandel bedroht. Denn wenn das Eis im Frühjahr zu schnell schmilzt, können die Küken nass werden, bevor sie ihr wasserdichtes Federkleid bekommen haben. Es liegt also am Menschen, wie am Schluss betont wird, ob der Kaiserpinguin in der Antarktis überleben kann. Jacquet jedenfalls ist es erneut gelungen, ihn als ein wahres Wunder der Schöpfung zu porträtieren, das die menschliche Liebe zur Natur beflügeln kann.
 

Die Reise der Pinguine 2: Der Weg des Lebens (2017)

Regisseur Luc Jacquet löste 2005 mit seinem Dokumentarfilm „Die Reise der Pinguine“ einen globalen Pinguin-Hype aus. Der Film, der den Oscar bekam, gehört mit weltweit über 25 Millionen Zuschauern zu den erfolgreichsten Naturdokumentationen. Zwölf Jahre danach präsentiert der französische Biologe, der den Wechsel ins Filmmetier seiner Begeisterung für die Kaiserpinguine verdankt, eine Fortsetzung, für die er eine neue Antarktis-Expedition unternahm.

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