Die Nordsee - Unser Meer

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Zum Tête-à-Tête mit der Kegelrobbe

Mit der Nordsee verbinden Bewohner küstenferner Regionen vor allem Fernsehbilder von Sturmfluten und natürlich das Watt. Das Weltnaturerbe Wattenmeer ist zwar ein wichtiger Schauplatz im Kinofilm Die Nordsee – Unser Meer, aber nicht der einzige. Die Dokumentation der Hamburger Firma Doclights, die unter anderem Naturfilme für den NDR produziert, bietet eine Rundreise zu über 60 Drehorten an der gesamten Nordseeküste. Sie startet in Deutschland und führt über Dänemark und Norwegen nach Schottland, England und über Holland wieder zurück zum Ausgangspunkt. Die charakteristischen Küstenlandschaften beherbergen eine Fülle von Tierarten, denen die Kamera an Land, in der Luft und unter Wasser bis 60 Meter tief folgt. Als Reiseleiter aus dem Off fungiert Axel Prahl: Sein Vortrag ist nicht nur informativ, sondern auch reich an humorvollem Lokalkolorit.
Mit Prahl hat Autor und Produzent Jörn Röver einen echten Glücksgriff getan. Der beliebte Schauspieler kann einen imaginären, emotionalen Dialog mit Tieren führen, ohne dass es peinlich wird. Seine launigen Kommentare sorgen wirklich für Stimmung, was Touristenführern im wirklichen Leben nicht immer gelingt. Wie schon in dem aus dem gleichen Hause stammenden Kinofilm Das grüne Wunder – Unser Wald erlaubt es der Einsatz des Erzählers, auf Statements und Interviews zu verzichten. Menschen nimmt die Kamera überhaupt nur selten ins Visier. Die Aufnahmen aus dem Hubschrauber und unter Wasser, die Zeitraffer und Superzeitlupen fügen sich zu einer ästhetischen Hommage an den Lebensraum und seine Tierwelt.

Dass die deutsche Nordseeküste auch eine Kulturlandschaft ist, zeigt der Flug über die friesischen Inseln mit ihrer jeweils typischen Bebauung. Nicht überall ist es so einsam wie bei dem Postboten, der die Briefe per Bahn übers Watt transportiert, oder den Schlickschlittenfahrern. Aber wer auf Sylt oder Helgolands Nachbarinsel Düne Badeurlaub macht, trifft mitunter im Wasser auf neugierige Tiere: die delfinähnlichen Schweinswale, bzw. die Kegelrobben begeben sich zumindest in diesem Film auf Tuchfühlung mit Tauchern und Schnorchlern. Obwohl das Wasser in der Regel so trübe ist, wie es dem Klischee dieses launisch-unwirtlichen Meeres entspricht, bietet sich Tauchern bei Helgoland eine überraschende Fülle von Leben: Krebse, Seeanemonen, Lederkorallen, Seeigel, Hummer, Katzenhai haben dort ihr Revier. Und auf der markanten Langen Anna nisten Kolonien von Basstölpeln – wie auf der schottischen Insel Bass, der die Vögel ihren Namen verdanken.

In jedem Land sieht die Küste anders aus: Von den dänischen Sanddünen geht es zu den norwegischen Schären und Fjorden, wo in der Tiefe die Kaltwasserkorallen gedeihen. Ein Ausflug zu den Moschusochsen der Tundra ist ebenso inbegriffen wie Tauchgänge an der Grenze zum Nordmeer zu Killerwalen, der glänzenden Seekatze und dem blinden Grönlandhai. An der schottischen Küste warten die bunten Papageientaucher, die Fischotter, ein paar urige Highlandrinder und Rothirsche. Letztere beweisen, dass sie keineswegs auf Wälder angewiesen sind. Vor Dover gibt es spektakuläre Aufnahmen des bis zu zehn Meter langen Riesenhais. In Holland paart sich der Gemeine Tintenfisch – als „dackelgroß“ bezeichnet ihn der Sprecher treffend – und legt seine Eier ab.

Dieser Reichtum an Leben und die dynamische Schönheit der Küsten liefern visuelle Information und Poesie zugleich. Der Text bleibt angenehm sparsam bei Daten und Fakten und auch stilistisch herrscht Zurückhaltung. Zeitraffer und Zeitlupe werden nicht aufdringlich oft, sondern gezielt eingesetzt, wo die besten Bilder warten, zum Beispiel beim Vogelflug. So entsteht der Gesamteindruck eines Dokumentarfilms, der seine Mittel optimal in den Dienst seines Themas stellt.

Die Nordsee - Unser Meer

Mit der Nordsee verbinden Bewohner küstenferner Regionen vor allem Fernsehbilder von Sturmfluten und natürlich das Watt. Das Weltnaturerbe Wattenmeer ist zwar ein wichtiger Schauplatz im Kinofilm „Die Nordsee – Unser Meer“, aber nicht der einzige. Die Dokumentation der Hamburger Firma Doclights, die unter anderem Naturfilme für den NDR produziert, bietet eine Rundreise zu über 60 Drehorten an der gesamten Nordseeküste. Sie startet in Deutschland und führt über Dänemark und Norwegen nach Schottland, England und über Holland wieder zurück zum Ausgangspunkt.
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