Die Geschichte der Liebe

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Die Liebe zwischen den Zeiten

Universaler kann ein Titel fast nicht klingen: Die Geschichte der Liebe – so heißt der Film von Radu Mihăileanu, aber auch das Buch, um das es im Film geht und das verschiedene Menschen, Generationen, Lebensorte und Zeit(eben)en miteinander verknüpft. Es geht also um Liebe und darum, wie man die Geschichte einer Liebe und der Liebe ganz im Allgemeinen erzählt, wie man sie liest und weitergibt, wie sie fortdauert und Sinn stiftet. Viele neue Erkenntnisse liefert der Film damit natürlich nicht, aber er verzaubert mit seiner Atmosphäre und seinen Figuren und überrascht auch mit der Komplexität seiner Geschichte.
Léo Gurski (Derek Jacobi) erlebt seine Jugendjahre in einem polnischen Dorf der 1930er Jahre. Er hat zwei gute Freunde und liebt ein Mädchen, Alma (Gemma Arterton), die jedoch mit allen drei Jungs anbandelt und sich – ganz offen – nicht so recht für den ein oder anderen entscheiden mag. Für Léo aber ist sie die tollste Frau auf Erden oder – wie er immer wieder betont – die meistgeliebte Frau auf Erden, weil er sie bedingungslos und bis ans Ende seines Lebens lieben wird. Er verspricht ihr, sie ein Leben lang zum Lachen zu bringen.

Leo und Alma sowie der Vierecks-Beziehung kommt der Krieg dazwischen und Alma ist die Erste, die flieht und nach Amerika auswandert. Léo verspricht ihr, sein Buch über und für sie fertig zu schreiben und ihr jedes neue Kapitel zu schicken. Doch wie es die Zeiten des Krieges so wollen, verlieren sich die Briefe und die beiden aus den Augen. Dennoch hält Léo an seiner großen Liebe fest, arbeitet hart und spart für seine Reise nach New York; sein Freund Zvi (Claudiu Maier) flieht nach Chile; und so trennen sich auch die Wege der drei Freunde.

Léo findet Alma dann sogar, doch diese hat inzwischen eine Familie – hatte sie doch Léos Sohn im Bauch mit nach New York getragen. Ein anderer Einwanderer hat sich ihrer angenommen und auch schwanger geheiratet, um ihr aus der Patsche zu helfen. Enttäuscht zieht Léo von dannen, über sein Buch über ihre Geschichte der Liebe sprechen die beiden nicht mehr. Und Léo baut sich ein eigenes kleines Leben in New York auf, bleibt jedoch allein und sucht all die Jahre nach dem verlorengegangenen Buch.

Auch Charlotte Singer (Torri Higginson) kennt ein Buch mit dem Titel La historia del amor – das schönste Buch, das sie je gelesen hat, das ihre eigene Liebesgeschichte begründet und sie bewogen hat, ihre Tochter (Sophie Nélisse) nach der Hauptfigur Alma zu nennen. Charlotte lebt mit ihren Kindern Alma und Bird (William Ainscough) im New York der Gegenwart, findet jedoch nach dem Tod ihres Mannes nicht mehr so recht in den Alltag zurück. Erst als sie von einem Unbekannten den Auftrag erhält, ihr Lieblingsbuch ins Englische zu übersetzen, kehrt ihre Schaffenskraft zurück, und in kürzester Zeit fertigt sie ein englisches Manuskript des Buches an.

Natürlich hängen beide Geschichten zusammen, das Netz zwischen den Zeitebenen und Handlungssträngen ist dicht gewebt, erschließt sich aber glücklicherweise nicht unbedingt auf den ersten Blick. Das macht den Charme der Geschichte aus, die auf dem Roman von Nicole Krauss basiert, und selbstverständlich auch einen Teil der Spannung des Films. Man folgt der einen Figur, dann der anderen und erkennt nach und nach, wie die Schicksale aneinandergeknüpft sind und wie viel Vergangenheit in der Gegenwart steckt, die Erkenntnisse aus der Gegenwart aber auch das Vergangene in ein neues Licht rücken können.

Das Herzstück des Films ist Derek Jacobi alias Léo Gurski, eine Figur, für die man schnell Sympathie empfindet und die Jacobi mit voller Lebensfreude zu mimen mag. Aber auch Sophie Nélisse spielt die junge Alma Singer mit großem Charme. Der Film steckt voll von originellen Figuren, selbst die Neben-Nebenfiguren sind mit Witz und gelegentlicher Übertreibung gezeichnet, was auch den Charakter des Films bestimmt und ihn in die Tradition des jüdischen Films einpasst.

Da macht es letztendlich auch nicht viel aus, dass einen immer wieder das Gefühl beschleicht, dass man Ähnliches schon gesehen hat: die Geschichte um die Liebe in Zeiten des Krieges, die Verknüpfung von filmischer Geschichte und der Geschichte in einem Buch im Film. Man lässt sich trotzdem gerne von Filmen wie Die Geschichte der Liebe verzaubern und in diese Welten der schwierigen, aber die Kontinente und Zeiten überdauernden Liebe davontragen.

Die Geschichte der Liebe

Universaler kann ein Titel fast nicht klingen: „Die Geschichte der Liebe“ – so heißt der Film von Radu Mihăileanu, aber auch das Buch, um das es im Film geht und das verschiedene Menschen, Generationen, Lebensorte und Zeit(eben)en miteinander verknüpft. Es geht also um Liebe und darum, wie man die Geschichte einer Liebe und der Liebe ganz im Allgemeinen erzählt, wie man sie liest und weitergibt, wie sie fortdauert und Sinn stiftet.
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Meinungen

Martin Zopick · 14.07.2019

Regisseur Radu Mihaileanu ist wahrlich kein Vielfilmer (nach dem Zug des Lebens und dem Konzert) hat er nichts Großes auf den Weg gebracht. Jetzt hat er den Roman von Nicole Krauss mehrmals mit dem Handlungsquirl bearbeitet und ein Herz-Schmerz Dramolett daraus gemacht, in dem die beiden Hauptdarsteller buchstäblich Rotz- und Tränen en masse vergießen.
Es ist eine traurige Liebesgeschichte, auch eine Lebensgeschichte voller unerfüllter Hoffnungen und der Emigration osteuropäischer Juden nach Nord und Südamerika, eine Literaturgeschichte, in dem der titelgebende Roman, mehrmals den Besitzer wechselt, verschwindet und wiederauftaucht.
Die lebenslange Liebe zwischen Leo (Derek Jacobi) und Alma (Gemma Arterton), endet mit dem Tod der Geliebten. Leo verliert seine Heimat, seine Geliebte aber findet seinen Roman wieder, den sein Freund Zvi (Claudiu Miller) inzwischen unter seinem eigenen Namen veröffentlicht. Diese urheberrechtliche Facette wird aber nicht weiter verfolgt (zu viele Tränen!).
Der Zuschauer wird nicht nur durch die verquaste Erzählweise gestresst, die auch innerhalb der Zeitebenen unerwartete Übergänge einfügt, sodass der Überblick schon mal verloren gehen kann. Nur Derek und Arterton halten das zusammenfügende Fähnchen hoch. Das gelingt ihnen fast, wenn nicht das umtriebige Drehbuch immer wieder einen Strich durch die Zuschauerrechnung machen würde. Die Kunst der Quertreiberei ist hier fast zur Perfektion gediehen. Schade, denn an den Darstellern lag es nicht.