Dernier étage, gauche, gauche

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Wenn der Gerichtsvollzieher zweimal klingelt

Francois (Hippolyte Girardot) ist Gerichtsvollzieher und daher daran gewöhnt, dass Leute ihn hassen. Dass seine Ehefrau das in letzter Zeit auch tut, gefällt ihm aber nicht. Nach langem Ringen hat er sich entschieden mit einer Paartherapie seine Ehe zu retten. Kurz vor dem ersten Termin, muss er aber noch einmal zur Arbeit und eine Familie pfänden. Salem Atelhadj (Mohamed Fellag) hat gerade den Scheck in die Post geworfen, um seine Schulden zu bezahlen, und hofft, dass der Gerichtsvollzieher heute nicht erscheint, als er auf Francois trifft, der mit ein paar Polizisten schon vor seiner Wohnung wartet. Aus seiner Wohnung dringen die Schreie und Drohungen seines Sohnes Mohand (Aymen Saïdi), der unter seinem Bett für einen Freund ein Paket mit ein paar Kilo Kokain versteckt hält. Die Situation eskaliert und ehe sich die drei Männer versehen, ist Francois in der Wohnung mit Salem und Mohand und hat eine Waffe am Kopf. Aufgrund der arabischen Herkunft und des als gefährlich eingestuften Ghettoviertels, wird dieser Akt der Verzweiflung als Terrorismus gewertet. Nur kurze Zeit später wimmelt es von SWAT Teams, aufgebrachten Nachbarn und der Presse.
Dernier étage, gauche, gauche (Top Floor, Left Wing) klingt auf den ersten Blick wie einer der vielen Filme, die sich mit den Post-9/11 Ängsten und Vorurteilen muslimischen Mitbürgern gegenüber durchkauen. Doch eigentlich ist er nur das Setting für eine Vater-Sohn-Geschichte, die – dank ihrer Sturheit – erst gemeinsam in einem Apartment eingeschlossen und mit Waffen bedroht werden müssen, bevor sie miteinander reden. Dabei schafft es Regisseur Angelo Cianci in seinem Debütfilm sämtliche Klischeeklippen mit viel Humor und Senisibiltät für Details aufs Korn zu nehmen und gibt seinen Charakteren in ihrer beengten Situation viel Platz, um sich zu entfalten. Der Erzählton oszilliert zwischen Actionfilm á la Stirb langsam, politischer Komödie und Drama. Vor der Tür tobt ein von der Presse aufgepeitschter Krieg, der die drei überforderten Männer zu einer Terrorzelle erklärt, die genervten und zwangsevakuierten Nachbarn freuen sich über die Aufmerksamkeit, die ihr heruntergekommener Kiez erhält. Und im obersten Stock links, erfährt der etwas dümmliche Kleinganove nebenbei, dass sein stiller Vater eine traumatische Vergangenheit hat und genau das ist, wovon sein Sohn in seinen Gangster-Rap Fantasien nur zu träumen wagte.

Die Kamera folgt dem Geschehen meist sehr nah, vor allem die erste Stunde des Films setzt mehr auf Action, doch dann wird Dernier étage, gauche, gauche ruhiger und eindringlicher. Auch hier weiß Angelo Cianci zu überzeugen, die Kamerarbeit wird intimer. Auch sein Humor, ist unaufdringlich, dafür aber intelligent und mit pointiertem Einsatz. Dernier étage gauche gauche macht Spaß. Lediglich das Ende kann nicht ganz mithalten, denn die Auflösung der verfahrenen Situation ist ein wenig unbefriedigend. Nichtsdestotrotz ist der Film einer der wenigen bisher gesehenen Berlinale-Beiträge, der es wagt vom klassischen Drama abzuweichen und sich in schwierige komödiantische Gefilde zu begeben.

Dernier étage, gauche, gauche

Francois (Hippolyte Girardot) ist Gerichtsvollzieher und daher daran gewöhnt, dass Leute ihn hassen. Dass seine Ehefrau das in letzter Zeit auch tut, gefällt ihm aber nicht. Nach langem Ringen hat er sich entschieden mit einer Paartherapie seine Ehe zu retten. Kurz vor dem ersten Termin, muss er aber noch einmal zur Arbeit und eine Familie pfänden.
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