Der unglaubliche Burt Wonderstone

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Mehr dahinter, als man glaubt

Nach ihrem Berufswunsch gefragt, antworten viele Kinder Feuerwehrmann, Pilot, Lokomotivführer, Cowboy oder Fußballprofi. Dass auch das Metier des Zauberers etwas zu bieten hat, erfährt man in Don Scardinos ausgeflippter Comedy Der unglaubliche Burt Wonderstone. Nicht ausgeschlossen, dass er die Berufswahl des einen oder anderen Kindes beeinflussen und manchen Erwachsenen nostalgisch stimmen wird.
Als Kind hatte es Albert (Mason Cook) nicht leicht: von seinen Mitschülern wurde er schikaniert, von seinen Eltern vernachlässigt. Erst als Burt einen Zauberkoffer geschenkt bekommt, ändert sich sein Leben. Zusammen mit seinem einzigen Freund Anton (Luke Vanek) flüchtet er sich in die Welt der Illusionen. Jahre später hat sich die harte Arbeit rentiert: Unter den Künstlernamen Burt Wonderstone (Steve Carell) und Anton Marvelton (Steve Buscemi) sind die Freunde mittlerweile angesehene Magier in Las Vegas. Ihre Show ist prall gefüllt. Doch der Erfolg steigt Burt zu Kopf, worunter seine Freundschaft zu Anton stark leidet. Und auch der beliebte Straßenzauberer Steve Gray (Jim Carrey) macht den beiden das Leben zunehmend schwer.

Der unglaubliche Burt Wonderstone nimmt bereits in der ersten Szene richtig Fahrt auf und verringert sein Tempo bis zum Ende nicht. Ob der Zuschauer davon mitgerissen wird, steht und fällt allerdings damit, ob er mit dem Humor zurecht kommt. Der ist nämlich auf den ersten Blick alles andere als subtil. Oder mit anderen Worten: voll auf die Zwölf! Steve Buscemi (Fargo, Interview) und Steve Carell (Little Miss Sunshine) spielen die beiden Showmagier voller Lust am Overacting. Vor allem Carell hat sichtlich Spaß daran, seine bis zur Blödheit arrogante Figur schmerzfrei auszuformulieren. Der heimliche Star des Films heißt allerdings Jim Carrey (Die Truman Show). So gut wie in der Rolle des selbstzerstörerisch-fiesen Straßenmagiers Steve Gray hat man ihn schon seit längerem nicht gesehen. Wer über Carrey nicht lachen kann, sitzt im falschen Film.

Doch die Geschichte um Burt Wonderstone ist keine, die ausschließlich schrille Gesten und laute Töne kennt. Sie ist auch eine Hommage an die vergangenen Zeiten und das traditionelle Zauber-Handwerk. Da können vor allem die älteren Zuschauer durchaus nostalgisch werden. Der Antagonist, Steve Gray, schneidet sich seine Zaubertricks im wahrsten Sinne aus dem Leib. Das ist spektakulär. Man kann kaum wegschauen. Trotzdem löst seine Performance trotz aller Lust am Voyeurismus vor allem Widerwillen und Ekel aus. Mit der „alten Schule“, für die Burt und Anton stehen, hat das nichts mehr zu tun. Man darf diesen Gedanken durchaus weiterspinnen und den Film auch als eine Kritik an den reißerischen Film- und Fernsehformaten (Short Cut to Hollywood lässt schön grüßen!) unserer Zeit verstehen.

Auf dieser Ebene – als warmherzige Referenz an Shows, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen verzaubern sowie als gallige Absage an den durch Gray personifizierten Jack-Ass-Trend der letzten 10 Jahre – funktioniert der Film richtig gut! Leider hat sich Scardino (und die zahlreichen Ideengeber und Drehbuchautoren, die an dem Script rumgefriemelt haben) bei der Figurenzeichnung weniger Mühe gegeben: Dass Carells Burt größtenteils ein eitler, misanthropischer Bock bleibt, kann man sich mit gutem Willen noch dadurch erklären, dass Burt mit „Burt Wonderstone“ eine Kunstfigur erschaffen hat, die für ihn und seine Bedürfnisse (Ruhm und viele Frauen im Bett) funktioniert. Hier und da blitzt sogar der Junge in ihm durch, für den Zauberei mal etwas bedeutet hat. Anders verhält es sich mit den langweiligen Nebenfiguren wie Buscemis Anton oder – schlimmer noch – Olivia Wildes Nachwuchszaubererin Jane, die kaum mehr sein darf als der „love interest“ des Protagonisten. Ein bisschen mehr Tiefe und Komplexität hätte den Figuren und damit auch dem gesamten Film sehr gut getan.

Dennoch: Der unglaubliche Burt Wonderstone ist ein vitaler, spritziger Film geworden, der mehr Stärken hat, als man auf den ersten Blick zu sehen glaubt. Das stille und trotzdem augenzwinkernde Plädoyer für das gute alte Handwerk bietet einen angenehmen Kontrapunkt zu seinem lauten, vordergründigen Witz. Ob viele Kinder nach dem Kinobesuch tatsächlich Zauberer werden wollen, ist allerdings fraglich. Denn – und das ist die grandiose, fast schon weise Pointe des Films – hinter jeder Illusion steht eine ganze Menge harter Arbeit.

Der unglaubliche Burt Wonderstone

Nach ihrem Berufswunsch gefragt, antworten viele Kinder Feuerwehrmann, Pilot, Lokomotivführer, Cowboy oder Fußballprofi. Dass auch das Metier des Zauberers etwas zu bieten hat, erfährt man in Don Scardinos ausgeflippter Comedy „Der unglaubliche Burt Wonderstone“. Nicht ausgeschlossen, dass er die Berufswahl des einen oder anderen Kindes beeinflussen und manchen Erwachsenen nostalgisch stimmen wird.
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