Der Hunderteinjährige, der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Auf der Jagd nach einem roten Softdrink

Angesichts eines großen Erfolgs in Zuschauerzahlen ist eine Fortsetzung in der Regel nur eine Frage der Zeit. Und doch konnte man Hoffnung haben, dass nach Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand die Titelfigur Allan Karlsson (Robert Gustafsson) seine letzten Lebensjahre in Ruhe genießen kann. Hatte doch schon der Autor der Buchvorlage, Jonas Jonasson, auf eine Fortsetzung verzichtet. Aber nein, knapp drei Jahre nach dem ersten Film und ein Jahr nach Allans Flucht aus dem Altenheim in Malmköping, auf der er eine Bande Gangster austrickste und sich schließlich am Strand niederließ, geht es weiter: Der Hunderteinjährige, der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand versucht, nahtlos an den Vorgänger anzuknüpfen.
Nach einem Jahr in Saus und Braus ist das erbeutete Geld fast vollständig verprasst, aber Allans 101. Geburtstag soll noch am Strand von Bali gefeiert werden. Neben Allans Kompagnons Julius (Iwar Wiklander) und Benny (David Wiberg) haben sich Bennys ehemalige und nun wieder aktuelle Freundin Miriam (Shima Niavarani) sowie das Äffchen Erlander eingefunden, das Allans Begleiter geworden ist. Dieses Tier ist es nun, dass eine Flasche Volkssoda aus Allans Beständen herausholt. Oder genauer gesagt: die letzte Flasche Volkssoda, die es überhaupt noch gibt. Dieses Getränk hat für viel Ärger in der Vergangenheit gesorgt, damals wie heute gilt aber: wer es probiert hat, will mehr davon. Um jeden Preis. Sofort wittert der findige Julius ein lukratives Geschäft, zudem sowohl er als auch die schwangere Miriam (Shima Niavarani) nach nur einem Schluck unbedingt mehr davon haben wollen. Allerdings gibt es sie nicht zu kaufen und das Rezept vermutet Allan in Berlin. Während Benny und Miriam nach Malmköping zurückkehren, um ihr Kind in Schweden zu bekommen, machen sich Allan und Julius auf den Weg nach Berlin, begleitet von besagtem Affen und dem Ex-Gang-Mitglied Pike (Jens Hultén), das sein Gedächtnis verloren hat.

Es folgt nun eine schwache Variation des ersten Teils: In der Gegenwartshandlung bewegen sich Allan und Julius von Bali über Moskau und Berlin nach Schweden. Diese Reise führt natürlich dazu, dass sich Allan an eines seiner wundersamen Erlebnisse aus der Vergangenheit in einer Rückblende erinnert. Er war nämlich zur Zeit des Kalten Krieges als Gelegenheits-Doppelagent für den Kreml und die US-Amerikaner tätig und damals durch seinen Kontaktmann an Breschnews Versuchen beteiligt, die Vormachtstellung der USA in der Musik und bei Softdrinks zu durchbrechen. Der Balalaika-Rock war ein Flop, die Volkssoda aber ein Hit, den Nixon unbedingt verhindern musste. Während Allan davon erzählt, gibt es auch in der Gegenwart drei weitere Verwicklungen: Da Miriam unbedingt noch eine Volkssoda trinken will, suchen sie erst im Internet nach einem Rezept oder einer Bestellmöglichkeit, dann in Allans Hinterlassenschaften im Altenheim nach einer weiteren Flasche. Durch die Suchanfrage nach Volkssoda geraten sie aber ins Visier der CIA, die sich in Form zwei stereotyper Agenten auf den Weg ins beschauliche Malmköping macht. Zum zweiten wird durch ein YouTube-Video die Tochter des russischen Spions darauf aufmerksam, dass Allan immer noch lebt – und auch sie hat noch eine Rechnung mit ihm offen. Und drittens gibt es ja auch immer noch die Gangster aus dem ersten Teil.

Abgesehen von der weiterhin guten Maske ist also an diesem Film alles zu viel: die Handlung versucht durch möglichst viele Elemente besonders lustig zu werden – aber ein Affe allein reicht nicht für Witz, auch scheint Pike nur dabei zu sein, damit alle Figuren des ersten Teils auftauchen und jemand die finale, tendenziell böse Tat begehen kann. Auf Gunilla (Mia Skäringer) wurde indes verzichtet, stattdessen ist Bennys Ex-Freundin zurück – dass sie vermutlich hauptsächlich aufgrund des Geldes wieder da ist, wird allerdings nicht thematisiert. Vielmehr scheint entscheidend gewesen zu sein, dass wieder eine Frau mit von der Partie ist. Auch in anderen Aspekten wird der Vorgänger ignoriert – und zwar so weitgehend, dass plötzlich wesentliche Funktionen von Allans Körper wiederhergestellt sind. Durch die Entscheidung, zwei Handlungsorte in der Gegenwart zu haben, gibt es zwar ein Wiedersehen mit vielen Personen des ersten Teils, aber keine Abrundung der Geschichte, geschweige denn Witz oder gar Originalität. Davon ist in dieser Fortsetzung nichts zu sehen. Vielmehr haben die Drehbuchautoren Felix Herngren und Hans Ingemansson übersehen, dass der erste Teil insbesondere deshalb amüsant war, weil Allan zum einen an aberwitzig vielen vergangenen Ereignissen beteiligt war, während sie sich nun auf eine fortgesetzte Geschichte konzentrieren. Und zum anderen gab es bei allem Klamauk immer auch noch einen bitteren, schwarzhumorigen Ton, der in der Fortsetzung gänzlich fehlt. Auch haben die Handlungen keine Konsequenzen: Hatte im ersten Teil jeder Sprengstoffeinsatz eine Wirkung, kann hier eine Rechnung geprellt werden, ohne dass etwas passiert. Deshalb wird natürlich auch nicht thematisiert, dass die Volkssoda augenscheinlich mit dem ersten Schluck ausnehmend süchtig macht. Denn das würde ja dieser überflüssigen Klamaukfortsetzung am Ende noch etwas Tiefgang geben.

Der Hunderteinjährige, der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand

Angesichts eines großen Erfolgs in Zuschauerzahlen ist eine Fortsetzung in der Regel nur eine Frage der Zeit. Und doch konnte man Hoffnung haben, dass nach Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand die Titelfigur Allan Karlsson (Robert Gustafsson) seine letzten Lebensjahre in Ruhe genießen kann.
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Meinungen

Mia · 06.03.2017

Ich will auch Volkssoda! Sieht ein bißchen aus wie Campari Soda, findet ihr nicht? Nur in einer größeren Flasche. Habe nie verstanden, warum nicht zumindest San Pellegrino seine alkoholfreie rote Brause in einer etwas größeren Flasche anbietet - zu zivilen, eben "Volkssoda"-Preisen.