Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki (2016)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Betörende Schwermut, feiner Witz

Manche Filme sind wundervoll in ihrer leisen Melancholie — und Juho Kuosmanen gelingt mit Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki das feine Kunststück, mit Ruhe, zarter Schwermut und leichtem Humor einen Boxer-Film nach einer wahren Geschichte zu inszenieren, der eigentlich ein Film über die Liebe ist.

Der Boxer Olli Mäki (Jarkko Lahti) ist nach einigen Erfolgen als Amateur nun Profi und sein Manager Elis (Eero Milonoff) hat einen Weltmeisterschaftskampf gegen den Amerikaner Davey Moore (John Bosco Jr.) in Finnland arrangiert. Allerdings nicht in der Gewichtsklasse, in der Mäki bisher gekämpft hat, sondern eine niedrigere, so dass Mäki vier Kilo abnehmen muss. Doch der Tag des Kampfes und der mögliche Gewinn des Titels, da ist sich Elis sicher, wird der glücklichste Tag im Leben von Olli Mäki und ist daher jede Mühe wert.

Olli Mäki beschäftigt indes etwas anderes: Er hat sich in Raija (Oona Airola) verliebt. Sie kommt wie er aus Kokkola und ist ein freundlicher Mensch. Elis fürchtet indes, Raija könne Olli ablenken — und nun könnte man meinen, hieraus würde sich ein Kampf um Selbstbestimmung und Liebe entwickelt, aber an diesem Film ist nichts laut, dramatisch oder bombastisch. Kousmanen verweigert sich dem üblichen Rocky-Erzählschemas eines Films, der von dem Kampf zwischen einem Underdog gegen einen überragenden Gegner erzählt. Sicherlich gibt es auch hier Bilder vom Training, die aber — wie der gesamte Film — im ruhigen Cinema-Verité-Schwarzweiß gedreht sind. Es fehlt das trotzige Aufbegehren gegen die vermeintliche Chancenlosigkeit, aus der meist entgegen aller Wahrscheinlichkeit ein Sieg entspringt. In diesem Film wird von Anfang deutlich, dass der Ausgang für Olli keine große Bedeutung hat. Für ihn ist es ein Kampf, man wird sehen, wie er ausgeht und falls er verliert, wäre es wenigstens nicht gegen einen schlechten Boxer, murmelt er in einer Pressekonferenz zum Entsetzen von Elis, der das Aufeinandertreffen überhöhen und mit der üblichen Klaviatur der Emotionen bespielen will. Für den ruhigen Olli sind diese vielen PR- und Werbeauftritte eine weitaus größere Herausforderung, das Händeschütteln mit Honoratioren und der höheren Gesellschaft.

Jarkko Lathi sieht dem tatsächlichen Olli Mäki nicht nur sehr ähnlich, sondern verleiht ihm eine betörende Melancholie, durch die man sich mühelos in ihn einfühlen kann. Dabei wird sehr deutlich, dass diesem höflichen, freundlichen Mann für eine Karriere im Profisport Aggressivität und Selbstüberschätzung fehlen. An seiner Seite spielt Oona Airola, die bisweilen wie eine glückliche Verwandte von Florence in Fahrstuhl zum Schafott erscheint. Ihrem Zusammenspiel, ihrer sanften Zuneigung zueinander zuzusehen, lässt diesen in auf 16mm gedrehten Film über ein finnisches Sportereignis sehr warmherzig werden. Hier stimmt einfach alles: die Besetzung, das Erzähltempo, die visuelle Inszenierung, die sehr realistisch wirkt, aber dennoch Raum für fast poetische Einstellungen lässt, in denen Olli in einen finnischen See taucht. Das Produktionsdesign und die Kostüme lassen nicht nur das Jahr 1962 lebendig werden, sondern zeigen ebenso sehr deutlich die Unterschiede zwischen dem modernen, städtischen Helsinki und dem ländlichen Kokkola, in dem die Kleider noch mehr an die 1950er Jahre erinnern und Frank Sinatra unbekannt ist. Überragend ist zudem das Drehbuch von Juho Kuosmanen und Mikko Myllylathi. Es wird nur wenig gesprochen, aber alles wichtige gesagt.

Deshalb ist Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki nicht nur ein erstaunlicher Debütfilm, sondern ein wundervolles Werk, das nicht den großen Sieg, den Triumph über einen unüberwindbaren Gegner feiert, sondern zeigt, dass in Bescheidenheit und Selbsterkenntnis weitaus bessere Wege zum Glück zu finden sind. Sehr deutlich wird es in der perfekten Schlusssequenz, in der Olli und Raija an einem Fluss entlanggehen und ihnen ein altes Paar händchenhaltend entgegenkommt. Raija fragt, ob sie wohl in diesem Alter auch noch glücklich sein werden, die Antwort liefert das Paar im Bild: Es sind Olli und Raija Mäki.
 

Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki (2016)

Manche Filme sind wundervoll in ihrer leisen Melancholie — und Juho Kuosmanen gelingt mit „Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki“ das feine Kunststück, mit Ruhe, zarter Schwermut und leichtem Humor einen Boxer-Film nach einer wahren Geschichte zu inszenieren, der eigentlich ein Film über die Liebe ist.

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