DeAD (2012)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Unsympathen am Werk

Der Vorspann ist richtig flott animiert, irgendwas zwischen James Bond, Terry Gilliam, Gerald Scarfe; und wie die beiden Hauptprotagonisten Patrick und Elmer „out of time“ und „out of space“ inszeniert werden, mit Riesentolle, 70er-Schnurrbart, mit einem roten Riesencabrio in einem Phantasieamerika, das doch Deutschland ist: Das ist zunächst schon beeindruckend an DeAD, dem Spielfilmdebüt von Sven Halfar. Der hat den Willen, den Drang zum Genre, und zwar in der amerikanischen Popspielart, die Coolness, Look und Waffen verlangt.
Nur: Halfar fällt auch auf diese Vorbilder rein. Indem er nämlich keine durchgehende Ironie — und sei es auch nur die der Postmoderne — einbaut. Nein: Er lässt sich auf ganz merkwürdige Weise ganz ernsthaft auf diese Welten von Comic und Gewalt und Fantasie ein, indem er ungebrochen kopiert, ohne jeden Bruch, ohne jede wie auch immer geartete Distanzierung. „Das fühlt sich verdammt nochmal nach Ärger an!“ — sogar die Dialoge hören sich wie artifizieller Synchronsprech an. DeAD spielt nicht mit seinem Genre, DeAD ist es und will es auch sein. Und Ironiegenre sein zu wollen, ohne Ironiegenre ironisch zu brechen — das geht nicht lange gut.

Zumal der Film, nachdem er eine Weile als Roadmovie vor sich hingetuckert ist, plötzlich im spießigen Eigenheim von Reinald Borz landet. Wir merken: Er ist wohl der uneheliche Vater von Patrick, der zusammen mit Elmer Funny Games-like dessen Geburtstagsfeier aufmischt. Zuvor hat er — natürlich ohne jede Konsequenz — dessen Geliebte in der Stadt erschossen: Einer der wenigen überraschenden Momente, dass sie plötzlich eine Pumpgun in der Hand hat. Sowas hätte man gerne öfter gesehen.

Stattdessen nimmt Halfar das ganze ab und zu wirklich ernst, will „wahres Leben“ und „echte Gefühle“ reinbringen. Sowas hat man ja schon zu Anfang geahnt, als Patrick in einem stummen Schrei aus leidensverzerrtem Gesicht die Mutter betrauert, die tot, erhängt, baumelt. Später wird Elmer die Bourgeoisie anklagen: Die nämlich nie die Probleme bei sich selbst suchen, und jetzt liegen da schon ein, zwei Leichen im Wohnzimmer!

Halfar meint das, glaube ich, tatsächlich als ernsthafte Gesellschaftskritik, und vermutlich denkt er, sein Film sei mehr als ein Abklatsch filmischer Vorbilder, die filmische Vorbilder imitieren. Immerhin kann er auch witzig sein, in diesem ganzen Ehrgeiz der Suche nach Echtheit, die es nicht geben kann. Suzanne von Borsody spielt perfekt eine versoffene geile Oma, und Patricks Stiefbruder Holger ist eine dolle Karikatur eines doofen Yuppies, der mit dem Porsche Katzen überfährt und in Harvard mit Zuckerberg studiert und Natalie Portman gevögelt hat — „Und trotzdem hast du keine Ahnung vom wahren Leben“, entgegnet Patrick, als wäre er mehr als ein Abziehbild.

So hat Halfar einen merkwürdigen Hybriden geschaffen, der einerseits bloße Kopie ist, gleichzeitig mehr sein will als dieses. Und drittens genau weiß um seine epigonische Existenz: „Du hast zu viele schlechte Filme gesehen“, trotzt Holger rum, und Patrick weiß: „In den schlechten Filmen sind die Bösen immer die Guten.“ Doof nur, dass hier keine faszinierenden Gangstertypen, sondern bloße Unsympathen am Werk sind.

DeAD (2012)

Der Vorspann ist richtig flott animiert, irgendwas zwischen James Bond, Terry Gilliam, Gerald Scarfe; und wie die beiden Hauptprotagonisten Patrick und Elmer out of time und out of space inszeniert werden, mit Riesentolle, 70er-Schnurrbart, mit einem roten Riesencabrio in einem Phantasieamerika, das doch Deutschland ist: Das ist zunächst schon beeindruckend an „DeAD“, dem Spielfilmdebüt von Sven Halfar.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen