Das Meer in mir – Mar Adentro

Ozeanische Gefühle

Seit 27 Jahren liegt Ramón Sampedro (Javier Bardem) in einem Bett, vom Hals abwärts gelähmt, bewegungsunfähig und wachen Verstands. Und obwohl es das Meer war, das ihm seine Bewegungsfähigkeit bei einem wagemutigen Sprung ins Wasser raubte, kehrt er doch in seinen Träumen immer wieder ans Meer zurück, sehnt sich nach einer Vereinigung mit ihm und schwelgt in ozeanischen Gefühlen, die Ausdruck seiner Sehnsucht nach Erlösung und einem selbstbestimmten Ende sind. Denn Ramón ist längst des Lebens überdrüssig und wünscht sich nichts sehnlicher als den Tod. Doch dazu benötigt er Hilfe.

Ramón lebt im Haus seines Bruders, umsorgt von seiner Schwägerin Manuela (Mabel Rivera), und umschwärmt von einer ganzen Reihe von Frauen, die er mit seinem Charme und seiner Sanftheit betört hat. Da ist beispielsweise die Rechtsanwältin Julia (Belén Rueda), die ihm dabei helfen will, sein Buch „Cartas desde el infierno“ (Briefe aus der Hölle) zu publizieren, dann Gené (Clara Segura), eine Vertreterin der „Gesellschaft für Würdiges Sterben“, die ihn regelmäßig besucht und unterstützt, und Rosa (Lola Dueñas), eine Fabrikarbeiterin, die in ihm den Mann fürs Leben sieht und die alles dafür tut, dass er wieder Freude an seinem beschränkten und begrenzten Dasein empfindet. Allerdings lässt sich Ramón um keinen Preis der Welt von seinem Entschluss abbringen und notfalls will er sich das Recht darauf vor Gericht erkämpfen. Denn nach der derzeitigen Rechtslage würde jeder, der ihm hilft, seinen Tod herbeizuführen, sich des Mordes schuldig machen – für Ramón ein unerträglicher Gedanke. Ein langer und zäher Streit beginnt, der bald die Aufmerksamkeit der gesamten spanischen Öffentlichkeit auf sich zieht.

Selten hat ein Film in Spanien so heftige Diskussionen ausgelöst wie Mar Adentro, der innerhalb von vier Monaten vier Millionen Zuschauer in die einheimischen Kinos zog, Zahlen, von denen der spanische Film trotz Almodovár sonst nur träumen kann. Und nach 14 Goyas im eigenen Land schickt sich Mar Adentro nun an, auch international für Furore zu sorgen. Nachdem Javier Bardem bereits im letzten Jahr in Venedig für seine eindrucksvolle Darstellung des Ramón Sampredo mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet wurde, erhielt er auch beim Europäischen Filmpreis einen Preis als bester Schauspieler. Eine Nominierung für die diesjährige Golden-Globe-Verleihung folgte kurz darauf. Und nicht zuletzt bei der diesjährigen Oscar-Verleihung dürfte Mar Adentro einer der heißen Kandidaten für den besten ausländischen Film sein.

Tatsächlich besticht Mar Adentro durch eine weitgehend kitschfreie Behandlung des heiklen Themas – man stelle sich vor, was Hollywood aus solch einem Stoff gemacht hätte, falls dort jemand überhaupt jemand diesen Wagemut aufgebracht hätte – und durch einen beeindruckenden Javier Bardem. Doch bei aller berechtigten Begeisterung für Mar Adentro sollten die Zuschauer keinesfalls dem Trugschluss erliegen, hier das Thema Sterbehilfe mit all seinen moralischen Implikationen und ethischen Fußangeln in ausreichender Breite dargestellt zu finden. Denn hier ist es der Kranke selbst, der die Entscheidung über Leben oder Tod trifft. In vielen anderen Fällen ist eben genau diese Entscheidungsmöglichkeit nicht mehr gegeben. Der Film schildert lediglich einen Fall, ein konkretes Beispiel und sollte deshalb nicht als generelles Eintreten für die Sterbehilfe gewertet werden. Ein Umstand, auf den auch die Deutsche Hospiz Stiftung DHS verweist, die dem Film vorwirft, er gehe an der Realität des Sterbens vorbei: „Wer so gut versorgt wird, wie der Seemann Ramón in dem Film, will nicht sterben. Euthanasie fordern Menschen ein, die keine professionelle umfassende Begleitung bekommen“, sagt Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung und sieht in Mar Adentro eine „unrealistische Propaganda pro Euthanasie.“

Dazu kann man stehen wie man will, doch gerade wegen der zwiespältigen Reaktionen, die er hervorruft, ist Mar Adentro ein wichtiger und engagierter Beitrag zu einem gesellschaftlichen Reizthema. Eine Meinung pro oder contra muss sich sowieso jeder selbst bilden.

Copyright des Bildes: Tobis Filmverleih

Das Meer in mir – Mar Adentro

Seit 27 Jahren liegt Ramón Sampedro (Javier Bardem) in einem Bett, vom Hals abwärts gelähmt, bewegungsunfähig und wachen Verstands.

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Meinungen

Gisela Schneider · 13.03.2010

Diese Geschichte ist sehr eindrucksvoll und realistisch dargestellt. Die Problematik herausgearbeitet. Das Mit- leiden fast unerträglich. Und doch - wo bleibt der freie Wille. Ist es nicht das Recht eines jeden Menschen sein Leben zu beenden, wenn er es nicht mehr lebenswert findet? Er selbst trägt die Verantwortung - denn er ist frei in seinen Entscheidungen.

· 25.07.2006

Bin persönlich gegen aktive Sterbehilfe. Mar Adentro ist ein ergreifender, wundervoll umgesetzter Film, der zum Nachdenken einlädt! Ganz großes Kino!

Ivana · 08.05.2005

ein toller und ergreifender film... unglaublich gut gemacht und einfach fesselnd.
ich finde, das thema euthanasie wird recht gut verarbeitet.
meiner meinung nach absolut sehenswert (und bisher der einzige film, der mich zum weinen gebracht hat, ich konnte kaum aufhören... ;) )

Mobek · 30.04.2005

Ergreifend, mehr ist nicht dazu zu sagen....

chrisdus · 25.04.2005

Dank des Filmes bin ich mit Freunden ins Gespräch gekommen, und zum Nachdenken über Sterbehilfe angeregt.

Ich finde das Thema sehr gut künstlerisch umgesetzt. Hat mich persönlich sehr berührt

· 09.04.2005

Der Film hat mich tief berührt.

thom · 02.04.2005

ein ausgezeichneter Beitrag zum Thema "Sterbehife", den sich die evangelikalen Republikaner in den USA ansehen sollten.

Snacklounge · 19.03.2005

ganz klar: das hat der Verleih wieder seinen Willen durchgesetzt!! aber ich finde DAS MEER IN MIR als Titel eigentlich gar nicht so schlecht ...

Maite, ok (but I prefer German) · 02.03.2005

Hello Cornélia. Unfortunate title "Das meer in mir" or in English "The sea inside" comes to prevent duplicity, since there is a filmcomedy from 1997 with Lemmon and Matthau, called "Out to Sea". This phrase is what truely the title in Spanish meant: a naval expression for going towards far, where the sea is dark, deep and dangerous, as a clear reference of the enormous depression this poor man suffered nearly his whole life. But, if you meditate a little about this, you could call the film in the other way, because this man loved the sea, he took it "inside", although the sea drove him away from itself like in a shipwreck "out to sea". Greetings.

@Maite · 02.03.2005

Maybe it would be preferable to write your comment in English as the German is kind of hard to understand ;-)

Maite, de Madrid. · 02.03.2005

Hallo Cornélia. Mit unglücklicher Titel "das Meer in mir" oder auf Englisch "das Seeinnere" kommt, duplicity in zwei Titeln zu verhindern, da es von 1997 heraus benannt "zum Meer" Lemmon und Matthau ein filmcomedy gibt, das ist, was truely der Titel auf Spanischen bedeutete: ein Marineausdruck für das Gehen in Richtung zu auch, wo das Meer dunkel ist, tief und gefährlich, in den freien Hinweis auf dem enormen depresión, dem dieser arme Mann fast sein vollständiges Leben erlitt. Aber, wenn Sie meditate wenig über dieses Sie diesen Titel in solcher Weise auch sagen konnten, weil dieser Mann das Meer liebte, nahmen ihm es "Innere", obgleich das Meer ihn weg von sich wie einem Schiffswrack "heraus zum Meer" fuhr. Grüße. PD: (Forgive me please, I tried to traslate correctly, but German is too dificult to me. Thanks)

majo_manolo · 02.03.2005

Das Gefühl, einen "Kloß im Hals" zu haben und durch die Macht der Bilder innerlich so berührt zu werden, schaffen nur sehr wenige Filme wie "Schindlers Liste", "Philadelphia" oder "Zeit des Erwachens" weil sie auf beeindruckende Art und Weise großes Kino schaffen, indem sie gerade nicht dem Mainstream verfallen. Mar adentro gehört eindeutig zu diesem großen Filmen.

Schon Wochen vor Kinostart wurde im span. Fernsehen über den Film diskutiert.
Meiner Meinung nach etwas zu mystifizierend.
Wenn ein ausschweifendes Interview mit dem Regisseur die angeblich so stimmigen Dudelsack-Improvisationen zum Thema haben und über deren Entstehung langatmig philosophiert wird, erscheint das dem einfachen Zuschauer "abgehoben". Nachdem ich diesen überaus einfühlsamen, bedrückend-schönen Film ím spanischem Orginal allerdings gesehen hatte, war klar, dass auch diese Musik ihren Teil zum Erfolg des Films beigetragen hat. Der Hauptdarsteller Javier Bardem überzeugt ungemein.

Kurz und gut: Mit einem sehr dicken "Kloß im Hals" und dem Gefühl, einen außergewöhnlichen Film gesehen zu haben, verliess ich das Kino.

Hoffentlich verliert die Stimmung in der deutschen Übersetzung nicht allzu sehr.
Ein starker Film und vielleicht bislang der beste von Alejandro Amenábar! Que bueno.

susi · 28.02.2005

Liebe Cornelia,
der deutsche Titel ist tatsaechlich ein Problem, weil er die Mehrdeutigkeiten des spanischen "Mar adentro" vereindeutigt: das heisst naemlich sowohl "das Meer im Inneren" als auch "Hinaus aufs Meer". Wer den Film gesehen bzw. die Gedichte gelesen hat, weiss auch, dass in Sampedros Sehnsucht nach Freiheit, wofuer das Meer eine Metapher ist, beide Konnotationen mitschwingen. Ein typisches Uebersetzungsproblem, das sich leider nicht einfach mit einem Blick in "jedes Woerterbuch" loesen laesst.
(Das ist eine professionelle Erklaerung, nicht die des Filmverleihs).

michi · 27.02.2005

Der beste Film, den ich in meinem Leben gesehen habe. Ich hab zwar auf Spanisch nicht alles verstanden, aber SUPER

· 19.02.2005

Was die Namen anbetrifft, hat man sich an die Namen der tatsächlichen Personen gehalten, allerdings sind ja auch Personen dazuerfunden worden. Also da gibt es nicht viel hineinzudeuten...

· 19.02.2005

Ein absolutes Meisterwerk, der beste Film, den ich je gesehen habe. Poetisch und ergreifend, aber ohne falsche Sentimentalität. Die Kameraführung exzellent ("Flug" Ramóns über das Hinterland hinab zum Strand!) Schauspielerische MEisterleistung von Bardem, Mabel Rivera und vor allen Dingen Celso Bugallo. Unbedingt ansehen!!

· 18.02.2005

schöner film und nicht so düster, wie man sich das bei diesem thema denkt. sensibel und mit charme.

Gerard · 12.02.2005

Ein sehr schöner Film. Wie weit geht die Liebe for Ramon?

Auch die Namen sind nicht zufällig, oder? zB. Ramon & Julia (Romeo&Julia). Sampedro (San Pedro=St.Petrus).

Mike · 10.02.2005

Ich denke mir die Übersetzung geht auf die Kappe des Filmverleihs.

Cornélia · 10.02.2005

Wer hat eigentlich diese idiotische Übersetzung "Das Meer in mir" auf dem Gewissen? "Mar adentro" heißt "seewärts" oder "Hinaus aufs Meer", wie man in jedem Wörterbuch nachschauen kann.