Conny Plank - The Potential of Noise

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

Wer war Conny Plank?

Alle Welt kennt den Vater, nur der Sohn erinnert sich kaum an ihn. Stephan Plank war gerade einmal 13 Jahre alt, als sein Vater Konrad Plank im Alter von nur 47 Jahren an Krebs starb. Die Musikwelt kannte ihn da längst nur noch unter dem Namen „Conny Plank“, sein Sohn aber kannte ihn nur als den Mann hinter dem Mischpult. Viele Erinnerungen an den Vater sind ihm nicht geblieben. Grund genug, sich 25 Jahre später auf die Suche nach diesem Mann zu machen, um zu verstehen, warum er der Musikwelt eigentlich so viel bedeutete.
Stephan Plank und Co-Regisseur Reto Caduff haben sich in ihrem Dokumentarfilm Conny Plank – The Potential of Noise dafür entschieden, den persönlichen Ansatz zum roten Faden zu machen. Stephan ist der Protagonist, denn es ist seine Suche nach dem Vater, die ihn von seiner Heimat nahe Bonn nach London, Los Angeles und Atlanta führt. In ruhigen Voice-Over-Kommentaren spricht er von seinen Hoffnungen, Erinnerungen und was er sich von der nächsten Begegnung erhofft. Auch bei den Interviews mit den zahlreichen Musikern versteckt er sich nicht hinter oder neben der Kamera, sondern sitzt als gleichberechtigter Gesprächspartner gegenüber. Das muss er auch, denn oftmals beginnen die Begegnungen mit Gefühlsausbrüchen und herzlichem „Mein Gott, bist Du groß geworden!“
Jeder, den er trifft, erinnert sich an ihn als den kleinen rothaarigen Jungen, der immer bei den Tonaufnahmen herumwuselte. Viel mehr erinnern sie sich aber an seinen Vater und so zeichnet sich langsam das Bild eines außergewöhnlichen Tonmeisters, dessen unkonventioneller Ansatz manche Bands der 1970er und 1980er Jahre erst in ihre eigentliche Richtung brachte. „Er war ein Revolutionär“, sagen Bandmitglieder von Kraftwerk, Ultravox oder Eurythmics über ihn. Denn er gab ihnen, was kein anderer Produzent erübrigen konnte: Zeit. Und einen Ort, um sich kreativ zu entfalten.

Den hatte Conny Plank in einem alten Bauernhof nahe Bonn gefunden. Dort hatte er ein Tonstudio eingerichtet, das Gelände gab obendrein genug Platz für seine Familie her. Und auch die Musiker konnten hier unterkommen. So schwärmen die beiden Künstler des frühen Hiphop-Duos Whodini noch heute von dem Park und der Natur um das Haus und wie glücklich und frei sie sich dort fühlten: „Und als dein Vater das merkte, stellte er dort große Lautsprecher auf, um uns diese Atmosphäre auch für die Aufnahmen zu ermöglichen, so war er.“ Auch Rock-Ikone Gianna Nannini beschreibt ihn ähnlich. Der Besuch auf dem Hof sei ihr „wie ein Märchen“ vorgekommen und ohne Conny hätte sie nie zu ihrem Stil gefunden.

Man bekommt über all dem Lob ein ziemlich gutes Bild von Conny Plank als Künstler vermittelt, der sich selbst eher als Medium zwischen dem Musiker und dem Aufnahmeband betrachtete. Ganz am Anfang des Films sieht man ihn 1987 mit Aufnahmegerät und Kopfhörern durch Tokio ziehen. „Es ist wie der Anfang der Musik, als Menschen in den Wald hörten und die Geräusche der Tiere und der Bäume wahrnahmen. Die Geräusche, die sie mochten, machten sie zu Musik. Jedes Geräusch hat das Potenzial, Musik zu werden“, sagt Plank in die kleine Handkamera. Und genau das war sein Motto. Er ließ allen ihre Freiheiten, kitzelte das letzte Bisschen Kreativität aus den Musikern heraus und kannte keine Grenzen, wenn es um das Erfinden und Aufnehmen von Tönen ging. Vielmehr arbeitete er so lange, bis er die richtige Stimmung auf Band hatte. Die Bands liebten ihn.

Und doch schwingt über all dem immer wieder die Frage mit, was das eigentlich mit dem Sohn macht, wenn diese Prominenten seinen Vater viel besser kannten als er selbst. Nur eine sehr kurze Sequenz ist diesem Thema gewidmet. Eine alte Weggefährtin der Familie erzählt, dass er vielmehr der Sohn der Mama war, dass der Vater sich kaum um ihn gekümmert habe und „Kinder für ihn generell nicht so das Himmelreich bedeuteten“. Die Rolle der Mutter hoben so einige hervor, priesen ihre Kraft, alles zusammenzuhalten. So viel Lob Conny für seine Kreativität und sein Schaffen bekommt, so viel Schelte muss er für seinen Umgang mit dem Sohn einstecken. Was das mit dem Sohn und Regisseur dieses Films angestellt hat, wäre interessant gewesen. Doch Stephan Plank hält sich hier genauso zurück wie er es in allen anderen Gesprächen über den Vater getan hat. Er hört zu, nimmt auf und kommentiert sehr, sehr sparsam.

So entsteht das Porträt eines Ausnahmeproduzenten, das auf seine Wirkung für die deutsche und internationale Musikgeschichte verweist. Auch dem Menschen Conny Plank kommt man näher, sofern es um seine Arbeit als Mann hinter dem Mischpult geht, die private Seite bleibt trotz vielfachem Einsatz von privatem Videomaterial etwas blass. Plank war ein Mann, der sich in seine Arbeit stürzte, für sie lebte und in gewisser Weise auch daran zugrunde ging.

Conny Plank - The Potential of Noise

Alle Welt kennt den Vater, nur der Sohn erinnert sich kaum an ihn. Stephan Plank war gerade einmal 13 Jahre alt, als sein Vater Konrad Plank im Alter von nur 47 Jahren an Krebs starb. Die Musikwelt kannte ihn da längst nur noch unter dem Namen „Conny Plank“, sein Sohn aber kannte ihn nur als den Mann hinter dem Mischpult.
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