Cold Souls

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Donnerstag, 11.4. 2013, Arte, 00:00 Uhr

Dass der menschliche Körper mittlerweile zur Handelsware geworden ist, davon erfährt man tagtäglich nicht nur aus den Zeitungen, immer wieder sind es auch Filmemacher, die die Ware Mensch ins Filmbild setzen – wie etwa im Science-Fiction Klassiker …Jahr 2022… die überleben wollen / Soylent Green von Richard Fleischer (1973) oder in Alles, was wir geben mussten / Never Let Me Go von Mark Romanek (2010). Die Seele indes ist bislang von filmischen Ökonomisierungsmaßnahmen bzw. Gedankenexperimenten darüber eher verschont geblieben, wenn man von diversen Bearbeitungen des Doctor-Faustus Topos einmal absieht. Umso erstaunlicher, dass es Sophie Barthes‘ Cold Souls aus dem Jahre 2009 in Deutschland niemals in die Kinos und erstaunlicherweise auch nicht zu einer DVD-Veröffentlichung schaffte. Immerhin ist der Film mit Paul Giamatti überaus prominent und exzellent zugleich besetzt und erinnert darüber hinaus noch an Being John Malkovich von Spike Jonze, der es immerhin zum Kultstatus brachte.
Wie bei jenem Film geht es auch in Cold Souls um einen realen Schauspieler: Paul Giamatti verkörpert in diesem Film sich selbst – und lässt mit sichtlichem Vergnügen kein gutes Haar an der eigenen Zunft. Weil ihn angesichts der Herausforderung einer Rolle in Anton Tschechows Onkel Wanja der Frust überkommt – immerhin geht es bei russischen Dramatikern (hier denke man sich bitte die russische Aussprache hinzu) stets um SEELE, und zwar um ganz viel davon – verfällt der Mime auf die Idee, die eigene loszuwerden. Wie gut, dass er zufällig über das Inserat eines obskuren Unternehmens namens The Soul Storage stolpert, das die fachgerechte Einlagerung derselben verspricht und ihm stattdessen die waschechte Seele eines russischen Poeten implantiert. Klar, dass mittels dieses Kunstgriffes die Tschechow-Rolle ganz selbstverständlich und kinderleicht von der Hand geht. Weil die Nebenwirkungen der russischen Seele aber mit der Zeit ein beängstigendes Ausmaß annehmen, will Giamatti die eigene bald wieder zurück. Nur: Die ist längst in den Warenkreislauf eingegangen und bereits in Russland, wo sie Sveta eingepflanzt wurde, die so gerne Schauspielerin wäre. Also macht sich Giamatti dorthin auf, um seine eigene Seele wieder in Besitz zu nehmen, doch natürlich ist so ein Geschäft mit neoliberalen Teufeln gar nicht so einfach rückgängig zu machen.

Sophie Barthes‘ vergnügliches Langspielfilm-Debüt Cold Souls erinnert nicht nur an Spike Jonze und Charlie Kaufman, sondern auch an surrealistische und absurde Literatur, an André Breton, Boris Vian, Eugene Ionesco, an Woody Allen, Federico Fellini und vor allem an Luis Buñuel, den die Filmemacherin zutiefst verehrt. Insofern werden die vielen Vergleiche mit Being John Malkovich nur bedingt gerecht; dessen Sarkasmus und bisweilen zynische Sichtweise ersetzt sie durch Wärme und beinahe schon kindliche Neugier auf die Sorgen und Nöte ihres Protagonisten. Herausgekommen ist so eine köstliche Spielerei voller verrückter Einfälle, die dennoch zum Nachdenken darüber anregt, was den Menschen im Inneren zusammenhält.

Cold Souls

Dass der menschliche Körper mittlerweile zur Handelsware geworden ist, davon erfährt man tagtäglich nicht nur aus den Zeitungen, immer wieder sind es auch Filmemacher, die die Ware Mensch ins Filmbild setzen – wie etwa im Science-Fiction Klassiker „…Jahr 2022… die überleben wollen“ / „Soylent Green“ von Richard Fleischer (1973) oder in “ Alles, was wir geben mussten / Never Let Me Go von Mark Romanek (2010)“. Die Seele indes ist bislang von filmischen Ökonomisierungsmaßnahmen bzw. Gedankenexperimenten darüber weitgehend verschont geblieben, wenn man von diversen Bearbeitungen des Doctor-Faustus Topos einmal absieht.
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Meinungen

Pitohui · 22.06.2009

Weiss jemand den Namen des Songs zu dem Trailer?