Coco Chanel & Igor Stravinsky

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Die Schöne und das verkannte Genie

Kaum ein paar Monate ist es her, da waren die frühen Jahre der Modeschöpferin Coco Chanel unter dem Titel „Der Beginn einer Leidenschaft“ im Kino zu sehen. Nun ist eine kurze Lebensphase dieser einmaligen Frau filmisch herausgegriffen worden, genauer gesagt, das Jahr 1920, in der die flüchtige aber heftige Affaire mit dem musikalischen Genie Igor Stravinsky im Mittelpunkt steht. Sie war seine Mäzenin, vielleicht auch Muse, und als Vorlage diente der gleichnamige Roman von Chris Greenhalgh.
Während Audrey Tautou der Rolle von Coco Chanel in dem Biopic Coco Chanel — Der Beginn einer Leidenschaft ein zwar charmantes, aber auch braves Image verpasste, so scheint Anna Mouglalis in der aktuellen Verfilmung den überlieferten Attributen der französischen Modezarin weitaus mehr zu entsprechen. Unnahbar, kühl und streng, verdreht sie dem introvertierten Stravinsky den Kopf, der wegen ihr beinahe seine Familie zerstört und in ernsthafte moralische Schwierigkeiten gerät. Die ungezügelte wenngleich unterkühlte Leidenschaft steht hierbei im Mittelpunkt, die aber auch schnell zur Qual wird. Jedenfalls für den Komponisten, der sich zwar selbstherrlich als wahrhaften Künstler sieht, und Chanel nur als eine „Stoffhändlerin“ betrachtet, aber die Macht über ihn hat letztendlich sie. Nicht nur, weil sie ihm ihre Landvilla zur Verfügung stellt, in der er mit Kind und Kegel einzieht, sondern vielmehr durch ihr autonomes und für damalige Frauen untypisches Verhalten. Das langsame Herantasten dieser beiden Figuren wird im Film sehr bedächtig und langsam geschildert. Die erste Begegnung der beiden findet zwar bereits 1913 statt, als Stravinsky seine skandalöse Uraufführung von „Le sacre du printemps“ hat, die Chance eines Kennenlernens verstreicht aber, und der Erste Weltkrieg überfällt Europa (kurz und prägnant dargestellt in Originalbildern).

Ein paar Jahre später, 1920, treffen sich Chanel und Stravinsky zufälligerweise in Paris wieder. Die Anziehung von einst ist geblieben und kurzerhand bietet Coco ihm an, in ihrer durchgestylten Landvilla zu wohnen. Dort ist es quasi vorprogrammiert, dass die beiden eine Liaison eingehen. Aber sie lassen sich Zeit damit, der Filmemacher auch. Exakt nach der Hälfte des Filmes löst sich die dauerhafte Spannung zwischen Coco & Igor, und es kommt – trotz Ehefrau und Kindern – zu einer sexuellen Explosion. Dass sich Jan Kounen diese Zeit nimmt, ist für die dramatische Spannung unabdingbar. Trotz der Überlänge des Filmes ist keine Minute überflüssig, keine Geste zu viel, kein emotionaler Ausbruch redundant. Letztendlich wird auf 120 Minuten Film zwar nur eine kurze Affaire nachgezeichnet, die es aber vor allem durch die beiden Hauptdarsteller in sich hat. Mads Mikkelsen und Anna Mouglalis ergeben die absolut perfekte Besetzung für dieses Liebesdrama, das eigentlich keines sein will.

Es geht um zwei Menschen, die wahrscheinlich wegen ihrer Kreativität zueinander gefunden haben, auch wenn weder Stravinsky von der Mode angetan war, noch Chanel von Musik etwas verstand. Vielmehr sind es Urtriebe, die die beiden zueinander und wohl auch wieder voneinander führten. Ob dies der Realität von damals entspricht, ist nicht weiter von Belang, denn so, wie die beiden Protagonisten miteinander in diese Liaison stürzen, kann es auch heutzutage auf jeden Promi oder Nichtpromi zutreffen. Somit geht es um eine Begegnung von zwei Menschen, die nach anfänglichem Zögern entflammen und deren Feuer irgendwann erlischt. Ein Umstand, der weniger den öffentlichen Phänomenen Chanel und Stravinsky geschuldet ist, sondern den Privatmenschen Coco und Igor. Sehenswert, berührenswert und dramatisch!

Coco Chanel & Igor Stravinsky

Kaum ein paar Monate ist es her, da waren die frühen Jahre der Modeschöpferin Coco Chanel unter dem Titel „Der Beginn einer Leidenschaft“ im Kino zu sehen. Nun ist eine kurze Lebensphase dieser einmaligen Frau filmisch herausgegriffen worden, genauer gesagt, das Jahr 1920, in der die flüchtige aber heftige Affaire mit dem musikalischen Genie Igor Stravinsky im Mittelpunkt steht.
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