Bobby – Sie alle hatten einen Traum

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Am Tag, als Bobby Kennedy starb

Emilio Estevez? Ist das nicht jener Schauspieler aus den Achtzigern, der gemeinsam mit Richard Dreyfus in Die Nacht hat tausend Augen zu sehen war und der in Young Guns als Teil des so genannten "Brat Packs" auftrat? Der Sohn Martin Sheens und Bruder Charlie Sheens galt als eines der hoffnungsvollsten Jungtalente Hollywoods, doch zu Beginn der neunziger Jahre verschwand er quasi über Nacht und nach einigen beachtlichen Erfolgen in Teenie-Filmen wie St. Elmo’s Fire von den Leinwänden, sein bislang letztes Mitwirken bei einem Film datiert aus dem Jahre 1996, dort war er in Mission: Impossible mit einem kurzen Cameo-Auftritt zu sehen. Umso erstaunlicher, dass Estevez nun nach zehnjähriger Pause mit einem durchaus ambitionierten Stoff über das Schicksalsjahr 1968 reüssiert, der an einem einzigen Tag, dem 4. Juni jenes Jahres und an einem einzigen Ort nicht weniger als ein Abbild der amerikanischen Gesellschaft entwirft. Mit von der Partie ist eine Schauspielerriege, die sich sehen lassen kann und die genügend Stars versammelt, um zwei, drei oder vier Filme zu bestücken. Neben Anthony Hopkins, Laurence Fishburne, Emilio Estevez himself und Harry Belafonte finden sich solche bekannten Namen wie Helen Hunt, William H. Macy, Lindsay Lohan, Demi Moore, Martin Sheen, Christian Slater, Sharon Stone und Elijah Wood unter den Mitwirkenden. Es scheint fast so, als habe Hollywood förmlich auf solch einen Film gewartet, um Flagge zu zeigen, denn es ist kaum zu übersehen, dass Estevez mit Bobby – Sie alle hatten einen Traum / Bobby auch auf die politische Situation der USA heute anspielt. In diesem Jahr nämlich – so könnte man die Grundthese des Films umschreiben – verlor Amerika endgültig seine Utopien.
Wir schreiben den 4. Juni des Jahres 1968. Im Ambassador Hotel in Los Angeles herrscht nervöse Spannung: Heute entscheidet sich, welcher der beiden demokratischen Präsidentschaftskandidaten bei den Vorwahlen, den so genannten „Primaries“, das Rennen machen wird. Und es spricht vieles dafür, dass Robert F. Kennedy, der jüngere Bruder des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy, der glückliche Gewinner sein wird und somit am Abend offiziell als Kandidat der Demokraten ins Rennen um die Präsidentschaft geht. Vor diesem gewaltigen historischen Hintergrund entspinnt Estevez nun ein verschachteltes Episodenstück mit verschiedenen Handlungssträngen, das nahezu jede Facette jener bewegten Zeit streift: Es geht sowohl um den Vietnamkrieg als auch um den Kampf der Bürgerrechtsbewegung für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner, eine bewegte Zeit, in der das Land am Rande einer Spaltung steht. Robert F. Kennedy ist – so legt der Film es nahe – der einzige Mensch, der ein Auseinanderdriften der Gesellschaft noch verhindern kann, eine Integrationsfigur, die dazu in der Lage ist, die verschiedenen Lager miteinander auszusöhnen.

Die Hoffnungen, für die der smarte und rhetorisch gewandte Senator mit dem großen Namen stand, sie finden sich in beinahe jeder Szene und Episode des Filmes wieder, zumal authentische Fernsehbilder und Ausschnitte von Reden des Hoffnungsträgers den Politiker als allgegenwärtig erscheinen lassen. Mitunter erscheint die Botschaft, dass sich mit Robert F. Kennedy alles hätte zum Guten wenden können, ein wenig sehr penetrant, doch es fällt schwer, sich dem Charisma des Präsidentschaftskandidaten zu entziehen. Und so ist man tatsächlich bereit zu glauben, dass sich in dieser verhängnisvollen Nacht, in der wieder einmal ein Hoffnungsträger Amerikas durch Pistolenschüsse stirbt, das Antlitz der großen Nation ein für alle Mal verändert hat. Eine mit einigen Abstrichen interessante Geschichtsstunde mit guten Ansätzen, für den ganz großen Wurf reicht es allerdings nicht. Mehr Stars für den Preis eines Kinotickets gibt es derzeit jedoch kaum woanders.

Bobby – Sie alle hatten einen Traum

Emilio Estevez? Ist das nicht jener Schauspieler aus den Achtzigern, der gemeinsam mit Richard Dreyfus in Die Nacht hat tausend Augen zu sehen war und der in Young Guns als Teil des so genannten "Brat Packs" auftrat?
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