Blau ist eine warme Farbe (2012)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Kinowunder und nichts anderes

Manchmal ist es im Kino wie im Leben — einmal hat man die größten Erwartungen und wird bitter enttäuscht, das andere Mal erwartet man nichts, ist vollkommen ungeschützt, und dann trifft einen die ganz große Liebe. Das widerfährt Adèle in Abdellatif Kechiches Film Blau ist eine warme Farbe und es ist mehr als wahrscheinlich, dass es dem Zuschauer dieser völlig unglaublichen und absolut hinreißenden Liebesgeschichte genauso ergeht.

Am Anfang steht eine zufällige Begegnung auf der Straße: Da ist Adèle (Adèle Exarchopoulos) noch eine Schülerin in einer Stadt im Départment Pas-de-Calais. Bei einem Spaziergang durch ihre Stadt fällt ihr eine Frau auf, deren Haare blau gefärbt sind. Später begegnen sie sich wieder, eine Freundschaft entsteht zwischen Adèle und Emma (Léa Seydoux), dann Liebe und eine Beziehung und später eine Trennung. Eine ganz normale Liebesgeschichte ist es also, die Adellatif Kechiche hier erzählt — abgesehen von dem eher zufälligen Umstand, dass es hier um eine Liebe zwischen zwei jungen Frauen geht. In Wahrheit aber ist Blau ist eine warme Farbe eine universelle Liebesgeschichte, wie sie jeden Tag passiert, überall und zwischen den verschiedensten Menschen jeden Geschlechts. Und deshalb stellt das Eingestehen ihrer Liebe für Adèle zwar eine Schwierigkeit dar, doch diese steht gleichberechtigt neben anderen Hindernissen in einer Partnerschaft wie dem Problem unterschiedlicher Rollen und Erwartungen an den anderen, der Eifersucht und all dem, was sich Menschen noch so antun, die einander lieben und doch nicht zusammen sein können.

Die Alltäglichkeit und Selbstverständlichkeit dieser Liebe wird getragen von Kechiches sehr intimer und naturalistischer Inszenierungsweise und von seiner Hauptdarstellerin Adèle Exarchopoulos, die einem schlichtweg den Atem verschlägt.Wenn man ihr zuschaut beim Entdecken ihrer sexuellen Identität, beim Verlieben, bei den Enttäuschungen, die folgen und dabei, wie sie leidet, dann zweifelt man in keinem Moment daran, dass sie das gerade Gesehene zweifellos selbst erlebt und nicht nur spielt. Kechiche und Exarchopoulos nehmen uns so tief mit hinein in diese Liebe (auch in deren sexuelle Aspekte), dass wir davon überzeugt sind, keinen Film zu sehen, sondern auf magische Weise Anteil zu nehmen am echten Leben, der echten Liebe und dem echten Leid. Man wünscht sich viel mehr solcher Filme, die direkt aus dem Leben gegriffen zu sein scheinen und weiß doch zugleich, dass Blau ist eine warme Farbe einer jener ganz seltenen Glücksfälle des Kinos ist, in denen beinahe drei Stunden Laufzeit wie im Flug vergehen und man sich wünscht, man könnte einfach immer nur weiterschauen.

Blau ist eine warme Farbe ist ein echtes Kinowunder voller Zärtlichkeit und Lebensklugheit, voller Schwärmerei, Ekstase und Ernüchterung, voller Süße und Bitterkeit. Wenn die grandiose Hauptdarstellerin dieses Films keinen Preis auf dem diesjährigen Festival von Cannes erhalten sollte, hat sie doch zumindest die Herzen der Zuschauer im Sturm erobert. Ihr und ihrem Schöpfer ist es zu verdanken, dass man nach 177 Minuten beglückt und traurig zugleich und auf seltsame Weise dem Leben entrückt das Kino verlässt — obwohl man gerade nichts weiter gesehen hat als genau das: Das wahre Leben und Lieben.
 

Blau ist eine warme Farbe (2012)

Manchmal ist es im Kino wie im Leben — einmal hat man die größten Erwartungen und wird bitter enttäuscht, das andere Mal erwartet man nichts, ist vollkommen ungeschützt, und dann trifft einen die ganz große Liebe. Das widerfährt Adèle in Abdellatif Kechiches Film „Blau ist eine warme Farbe“ und es ist mehr als wahrscheinlich, dass es dem Zuschauer dieser völlig unglaublichen und absolut hinreißenden Liebesgeschichte genauso ergeht.

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Meinungen

Elisa · 22.01.2014

G r o ß a r t i g e s K i n o e r l e b n i s ! ! !

Ein Szenendreh hat eine Woche gedauert. Ben, gut Ding braucht Weile! Ein Superfilm! Trotz der drei Stunden hatte ich danach L u s t, den Film nochmal anzuschauen! Ben oui!!!

Ingrid · 09.01.2014

Der Film begeistert durch seine Nahaufnahmen, seinem "Finger" mitten im Leben. Die Darstellungen von Gefühlen sind so intensiv dass es manchmal schwer fällt sie auszuhalten, so greifen sie auf einen über. Exarchopoulos eine begnadete Jungschauspielerin deren Namen man nicht vergisst, und sich schon auf weitere Filme freut. Nur die liebesszenen, die hätten etwas kürzer ausfallen dürfen

Bernd Dötzer · 30.12.2013

Ein Film, der zeigt und klar macht, daß lesbische Liebe & Leidenschaft die gleichen Höhen & Tiefen durchmacht wie die der Hetero-Seite. Jeder, egal wie orientiert, wird Gefühle und Situationen aus seinem eigenen Leben in diesem Film wiedererkennen und somit dient dieser Film auch zum Verständnis der anderen Seite. Das Hauptthema ist einfach Liebe, zusammen mit Begehren, Erwartungen, Enttäuschungen und wie man damit umgeht und umzugehen lernt. Egal wer den Oscar für die beste weibliche Hauptrollendarstellung in Los Angeles gewinnen wird - Adèle Exarchopoulos, die Darstellerin der Figur, um die sich der Film dreht, hat ihn mehr verdient! Vor allem sie aber auch Léa Seydoux gehen voll an die Grenze dessen, was eine seriöse Darstellerin in einem Film geben kann: ihr Herz, ihre Seele, ihren Körper, ihre Tränen, ihren Rotz und ihren Charme, in Szenen so unerwartet offen, freizügig, natürlich und ehrlich - irgendwie wie aus dem eigenen Leben eines jeden. Die 180 Minuten sind es wirklich wert gesehen zu werden - ich warte gespannt auf den Director's Cut und auf eine Fortsetzung von Adèles Geschichte, wie vom Regisseur geplant!

Daniela · 22.12.2013

Der Film is einfach nur toll. Unbeschreiblich. Ich war von der ersten Sekunde an gefesselt u die fast 3 Stunden vergingen wie im Flug. Ich kam mir vor als würde ich net im Kino sitzen sondern würde mitten drin sein weil es einfach wie ausm wahren Leben war. Wenn es danach ging hätte man den beiden immer u immer weiter zu sehen können auch wenn es zum Schluss sehr bewegend war u auch schade war das es so zu Ende ging.