Ben-Hur (2016)

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

Das hat doch schon einmal funktioniert!

Kann man diesen Film sehen, ohne ihn mit dem Original zu vergleichen? MGM sagt ja! Es sei ja eigentlich kein Remake, sondern die Neuinterpretation des Romans von 1880. Dafür hat man sogar die Ur-Ur-Enkelin des Autors Lew Wallace ausfindig gemacht und den Roman noch einmal „behutsam modernisiert und ihm für heutige Leser neues Leben eingehaucht“, so der Klappentext des Buches zum Film. Wie schon 1959 gibt sich das große Hollywood-Studio also alle Mühe, seine Neuauflage zu vermarkten.
Die Neuverfilmung ist dann auch erstaunlich unterhaltsam, obwohl die Geschichte altbekannt ist: Judah Ben-Hur (Jack Huston), reicher Patrizier aus Jerusalem, wird des Hochverrats an den Römern angeklagt und auf die Galeere verbannt. Fünf Jahre später kann er sich befreien und kehrt in seine Heimatstadt zurück, um sich an seinem Adoptivbruder Massala (Toby Kebbell) und damit stellvertretend an ganz Rom zu rächen. Es kommt zum großen Showdown in der Arena. So weit, so bekannt. Massala ist durch die Adoption noch näher an Ben-Hur gerückt. Aber der Fokus des Films liegt eben auch deutlich stärker auf den beiden Charakteren, ihrer Entfremdung und ihrem gegenseitigen Rachefeldzug.

Mit dem kasachisch-russischem Regisseur Timur Bekmambetov hat man dann auch jemanden verpflichtet, der nicht allzu viel Zeit mit Charakterzeichnung verliert, sondern vielmehr auf gutgemachte Actionsequenzen setzt. Zwei Mal hält man unweigerlich den Atem an: Wenn die Galeere, auf der Ben-Hur rudert, in einer Seeschlacht untergeht und er an seiner Fußkette mit allen anderen Sklaven ins Wasser gezogen wird. Und natürlich beim finalen Pferderennen. Die GoPro-haften Point-of-View-Kameraeinstellungen kommen zwar etwas unmotiviert daher – mal aus der Perspektive Ben-Hurs, mal aus der eines anderen Rennwagenfahrers –, aber sie erfüllen doch ihren Zweck und treiben das Geschehen an, ohne dass es wahllos hektischer Schnitte bedürfte, bei denen man in anderen Actionfilmen derzeit gern den Überblick verliert.

Dass Bekmambetov Action kann, hat er bereits mit Filmen wie Wächter der Nacht und Abraham Lincoln — Vampirjäger bewiesen. Und da die auch keine Vorzeigestücke für Subtilität waren, überrascht es nicht, dass er die biblische Handlung hier mit dem Vorschlaghammer integriert. Jesus wird als braungelockter, Weisheiten raspelnder Zimmermann eingeführt, der deutlich öfter zu sehen sein wird als in der 1959er Version. Damals war der Jesus-Darsteller Claude Heater in den Credits nicht einmal vermerkt, durfte doch sein Gesicht nicht zu sehen sein aufgrund eines Gesetzes, das Jesus-Darstellungen verbot, sofern sie nicht zentraler Bestandteil des Stückes seien. Das ließ seinen Auftritt in der alten Fassung eleganter, ja fast schon mysteriöser erscheinen. Das neue Kostümspektakel bräuchte die biblische Komponente eigentlich nicht mehr, wäre da nicht allein der Plot-Point, dass die Brüder natürlich nur wegen Jesus wieder zueinander finden können.

Und dann ist da noch Morgan Freeman. Er spielt die Rolle des Sheik Ilderim, der Ben-Hur auf das Rennen vorbereitet. Freeman spricht Pro- und Epilog und seine Stimme hängt dabei in ihrer Sonorität über den sonnenbestrahlten Bildern von Freundschaft und wiedergefundener Liebe, dass es fast schon wirkt, als würde Gott hier persönlich sprechen.

Auch 2016 bleibt Ben-Hur damit primär ein Film mit Bibel-Geschichte. Warum also dreht man so etwas heute überhaupt noch? Ben Hur war 1959 mit einem Budget von 15,4 Millionen Dollar der teuerste Film seiner Zeit. Das MGM-Studio hatte sich dafür fast ruiniert. Gedreht hatte man ihn auch wegen des Erfolgs der Zehn Gebote bei Paramount. Ähnlich ist die Situation auch heute. Unlängst legte Ridley Scott mit Exodus eine Neuverfilmung dieses Klassikers hin – die nicht wirklich begeisterte. Aber zwischen all den Comic-Verfilmungen mit ihren Prequels und Spinoffs scheinen auch Paramount und MGM langsam die Ideen für neue alternative Geschichten auszugehen. Also dreht man noch einmal, was schon vor Jahrzehnten funktioniert hat. MGM bewegt sich heute wie damals am Rande des Bankrotts. So solide Ben-Hur in seinen Actionsequenzen auch gemacht ist, ein Symbol, dass die Studios sich modernisieren und mit neuen Ideen in die Zukunft blicken, ist er nicht.  

Ben-Hur (2016)

Kann man diesen Film sehen, ohne ihn mit dem Original zu vergleichen? MGM sagt ja! Es sei ja eigentlich kein Remake, sondern die Neuinterpretation des Romans von 1880. Dafür hat man sogar die Ur-Ur-Enkelin des Autors Lew Wallace ausfindig gemacht und den Roman noch einmal „behutsam modernisiert und ihm für heutige Leser neues Leben eingehaucht“, so der Klappentext des Buches zum Film. Wie schon 1959 gibt sich das große Hollywood-Studio also alle Mühe, seine Neuauflage zu vermarkten.
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Meinungen

Gustav · 29.08.2016

Ich glaub's nicht .... wie blöd kannn man denn sein, um so einen Klassiker zu 'covern'? Sind religiöse Themen nicht dermaßen out - zumindest in Europa, dass ein Flop quasi vorprogrammiert ist?