Battle of the Sexes (2017)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

King vs. Riggs

Wimbledon, 2017. Nachdem Andy Murray gerade sein Viertelfinale gegen Sam Querrey verloren hat, wird er von einem Reporter gefragt, wie er seinen Gegner einschätzt, der als „first US player“ seit 2009 ein Halbfinale bei einem wichtigen Turnier erreicht hat. Andy Murray weist den Reporter jedoch kurz darauf hin, dass Querry „the first male player“ ist. Damit macht er auf zwei Dinge aufmerksam. Erstens die Erfolge bpsw. von der US-Amerikanerin Serena Williams, die seit 2009 zwölf Grand-Slam-Turniere gewonnen hat. Und zweitens, dass es im Sport auch im Jahre 2017 noch immer üblich ist, dass von Fußball und Tennis, von Mannschaften und Weltmeisterschaften gesprochen wird, solange es um Männer geht. Frauen spielen hingegen Frauenfußball oder Frauentennis, sie sind Frauenmannschaften und spielen um Frauenweltmeisterschaften. Männer sind die Allgemeinheit, Frauen die Besonderheit. Und diese Ansicht ist es unter anderem, die dazu beiträgt, dass Frauen auch im Sport weniger Geld bekommen als Männer.

Um Gleichberechtigung geht es auch Billie Jean King (Emma Stone) Anfang der 1970er Jahre. Weil sich die Association of Tennis Professionals (ATP) in Person von Jack Kramer (Bill Pullman) weigert, den Frauen mehr als ein Achtel der Preisgelder der Herrenturniere zu zahlen, weigerte sich Billie Jean King, einen Vertrag mit dem Verband zu schließen. Vielmehr schließt sie sich mit acht weiteren Spielerinnen und Gladys Heldman (Sarah Silverman), der Herausgeberin des World Tennis Magazine, zusammen und startet eine eigene Turniertour, die mittlerweile unter dem Namen Viriginia Slims Series bekannt ist. Aus ihr ging dann 1973 die Women’s Tennis Association (WTA) hervor. Aber das ist nur ein Beitrag zur Gleichstellung. Außerdem lässt sich die damals 29-Jährige nach einigem Zögern darauf ein, gegen den 55-jährigen Bobby Riggs (Steve Carrell) einen „Kampf der Geschlechter“ auszutragen. Denn Riggs ist überzeugt, dass Männer Frauen überlegen sind – nicht nur auf dem Tennisplatz. Außerdem braucht er Geld. Ihr Zusammentreffen, das sie 1973 im Astrodome in Houston ausgetragen haben, wird weltweit von 90 Millionen Zuschauern gesehen und zu einem der legendärsten Spiele des (Tennis-)Sports werden.

Nach Borg/McEnroe ist Battle of the Sexes – Gegen jede Regel der zweite Tennisfilm, der dieses Jahr in die Kinos kommt. Sie verbindet sowohl das ausgeprägte Interesse an den Figuren als auch die spannende Inszenierung des finalen Matches. Waren es bei Janus Metz’ Film insbesondere die Kamera und der Schnitt, die die Dramatik und Anspannung transportierten, sind es hier der Ton, das – historisch korrekte und hier nachvollzogene – Spektakel, als das das Spiel aufgezogen war, und die zuvor aufgebaute Fallhöhe. Denn längst geht es für Billie Jean King nicht mehr nur um ein Spiel, sondern sie will der Welt beweisen, dass Frauen genauso gut sind wie Männer – und sie will sich beweisen, dass auch sie in ihrem Leben auf dem richtigen Weg ist.

Valerie Faris und Jonathan Dayton (Little Miss Sunshine) beweisen ein gutes Gespür für den Zeitgeist der 1970er Jahre. Die Ausstattung, die Frisuren – Austin Stowell als Kings Ehemann ist bis zu den Koteletten ein herrlicher 1970er-Jahre-Robert-Redford –, die Kleidung, die Musik greifen launig die damalige Atmosphäre auf. Außerdem nehmen sie sich in der Erzählung auch ausreichend Zeit, um in die (Tennis-)Welt dieser Jahre einzuführen und die Ausgangsbedingungen deutlich zu machen. Dabei ist es bisweilen unfassbar, was Männer zur Verteidigung der Hierarchie sagen: Es sei aufregender, den Männern zuzuschauen; sie seien stärker und ehrgeiziger. Bobby Riggs liebt Frauen „im Schlafzimmer und in der Küche“. Sie sagen das öffentlich – und oftmals müssen die Spielerinnen neben Reportern stehen und deren sexistische Beleidigungen mit einem Lächeln hinnehmen. Hier drängt sich immer wieder der Gedanke auf, dass sich in den vergangenen 47 Jahren gar nicht so viel geändert hat – abgesehen davon, dass so etwas nicht mehr mit Selbstverständlichkeit öffentlich gesagt oder getan wird.

Zu diesem öffentlichen Rahmen des Spiels geben Faris und Dayton dem Konflikt eine persönliche Note: Die verheiratete Billy Jean King hat sich in die Friseurin Marilyn Barnett (Andrea Riseborough) verliebt, die mit ihnen auf die Tour gegangen ist. Ihre Affäre lässt sich nicht allzu lange vor allen verheimlich und stellt auch Billy Jean King vor die Frage, wie sie ihr Leben leben möchte. Emma Stone passt sehr in diese Rolle. Sie verkörpert sowohl Kings Professionalität und Willen als auch die Unsicherheit, die sie immer wieder beschleicht. Steve Carell legt Bobby Riggs als Chauvinisten-Schwein an, das jede Provokation nutzt, um mehr Aufmerksamkeit zu erregen – und lässt immer wieder den manischen Spielsüchtigen aufblitzen, der auf alles wetten muss, was sich ihm bietet. Sicherlich lassen weder Stone noch Carrel vergessen, wer diese Rollen spielt, aber es macht Spaß, ihnen dabei zuzusehen.

Ohnehin ist The Battle of the Sexes – Gegen jede Regel ein sehr unterhaltsamer und mitreißender Film mit sehr viel Liebe zum Detail – gerade auch in der Ausstattung von Riggs Show-Spielen – und mit Humor. Da überrascht es schon fast, dass Faris und Dayton auf ein langlebiges Gerücht nicht eingehen. Von den insgesamt drei Battles of the Sexes ist dieses Spiel das einzige, das die Spielerin gewonnen hat. Zuvor verlor Margaret Court gegen Bobby Riggs, 1992 verlor Martina Navratilova gegen Jimmy Conners. Schon damals kamen Gerüchte auf, Riggs hätte absichtlich verloren, weil er mit einer Wette auf King Geld für seine Spielschulden verdienen wollte. Obwohl Faris und Dayton zeigen, dass sich Riggs nicht professionell auf das Spiel vorbereitet hat, spielt diese mögliche Deutung aber keine Rolle. Womöglich halten sie sich hier an die Aussage von Riggs, der noch auf dem Sterbebett eine Manipulation bestritten hat.
 

Battle of the Sexes (2017)

Wimbledon, 2017. Nachdem Andy Murray gerade sein Viertelfinale gegen Sam Querrey verloren hat, wird er von einem Reporter gefragt, wie er seinen Gegner einschätzt, der als „first US player“ seit 2009 ein Halbfinale bei einem wichtigen Turnier erreicht hat. Andy Murray weist den Reporter jedoch darauf hin, dass Querry „the first male player“ ist.

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