Awake - Das Leben des Yogananda

Eine Filmkritik von Falk Straub

Aus dem Leben eines Yogi

Computerguru Steve Jobs hatte angeblich nur ein einziges Buch auf seinem Flachrechner: die Autobiographie eines Yogi aus der Feder eines anderen Gurus. Paola di Florios und Lisa Leemans Dokumentarfilm Awake – Das Leben des Yogananda bringt dessen abenteuerliche Geschichte nun ins Kino.
Ob in München, Turin oder New York City, Yoga ist längst in der westlichen Kultur angekommen. Ein montierter Rundtrip ganz am Ende von Awake – Das Leben des Yogananda unterstreicht diese Aussage noch einmal mit Nachdruck. In den knapp eineinhalb Stunden vorher wirbt der Dokumentarfilm für die tausende Jahre alte Tradition, die das Einswerden mit dem eigenen Bewusstsein zum Ziel hat. Doch die Faszination für jenen Yogi, der wesentlich dazu beigetragen hat, diese Philosophie vom Osten in den Westen zu tragen, will sich nicht so recht einstellen. Das liegt weniger am Protagonisten als vielmehr an den filmischen Mitteln, zu denen die Regisseurinnen greifen.

Glaubt man Yoganandas eigenen Worten, dann hatte er bereits im Mutterleib ein Bewusstsein. Glaubt man seinen Anhängern, dann konnte er hinter die Dinge, in eine andere Realität blicken. Zeitlebens begleiteten den 1893 als Mukunda Lal Ghosh im bengalischen Gorakhpur geborenen und 1952 in Los Angeles gestorbenen Yogi Visionen. Doch er musste erst bei einem Guru in die Lehre gehen, um sie zu verstehen, seinen Geist zu beherrschen und selbst zum Guru zu werden. Eine dieser Visionen führte ihn 1920 schließlich in die USA. Die Eroberung des Westens konnte beginnen. Doch der Weg dorthin war verschlungen und voller Hindernisse.

Ebenso verschlungen kommt Awake – Das Leben des Yogananda des Weges. Der Einstieg bietet einen Querschnitt aus Yoganandas Leben, Lehren und Expertenmeinungen. Der Zuschauer braucht eine rasche Auffassungsgabe, um der wirren Dramaturgie dieser ersten fünf Minuten zu folgen. Sieben Personen und der Yogi selbst – mal vom Tonband, mal als emphatischer Kommentar aus dem Off – kommen zu Wort. Um das Geschilderte zu illustrieren, mischen die Filmemacherinnen Archivaufnahmen munter mit inhaltsleeren Füllbildern oder vor Kitsch triefenden nachgestellten Szenen. Wer gerade spricht, ist häufig nur zu erahnen. Entweder sind die Namen und Funktionen der Befragten nur einen Wimpernschlag lang zu sehen oder sie werden erst gar nicht ins Bild gerückt. Zwar drosselt Awake – Das Leben des Yogananda danach das Tempo, der gewöhnungsbedürftige formale Mix bleibt allerdings bestehen. Schlecht motivierte Sprünge auf der Zeitachse, Einschübe, in denen Menschen vor einem weißen Hintergrund über das Leben, Gott und Yoga philosophieren, und miserable Computergrafiken verfestigen den Eindruck eines unausgegorenen erzählerischen wie visuellen Konzepts.

Und auch inhaltlich bietet Awake – Das Leben des Yogananda auf dem Weg zur Erleuchtung einige Hindernisse, an denen sich die Zuschauer böse stoßen könnten. Di Florio und Leeman möchten ihr Publikum ausnahmslos für ihren Protagonisten begeistern. Dessen wundersame Fähigkeiten stellen sie daher ebenso wenig infrage wie seine angeblich uneigennützigen Absichten. Um dieses Bild zu stützen, zerren die beiden auch den einen oder anderen fragwürdigen Leumundszeugen vor die Kamera. Dass Yogananda sich von einem liquiden Gönner für seine Lehre ein luxuriöses spirituelles Zentrum errichten ließ, ist dabei nur einer der Aspekte, über die Awake – Das Leben des Yogananda bedenkenlos hinwegsieht.

Somit scheint Awake – Das Leben des Yogananda nur für diejenigen spirituell erbauend, die für das Thema bereits Feuer und Flamme sind. Für alle anderen bleibt es ein inhaltlich wie formal recht kruder Mix, der sich beim Betrachten über weite Strecken so anfühlt wie Yoganandas Erfahrungen während seiner Lehrjahre: als bekäme man nach und nach alle faulen Zähne gezogen.

Awake - Das Leben des Yogananda

Computerguru Steve Jobs hatte angeblich nur ein einziges Buch auf seinem Flachrechner: die Autobiographie eines Yogi aus der Feder eines anderen Gurus. Paola di Florios und Lisa Leemans Dokumentarfilm „Awake – Das Leben des Yogananda“ bringt dessen abenteuerliche Geschichte nun ins Kino.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Roma · 19.03.2024

Hallo Herr Straub,
Sie sehen "awake" mit den Augen eines Filmkritikers. Würden Sie einen Werbestreifen mit den gleichen Kriterien betrachten? Nichts anderes ist awake. Man will neue Kunden für Kriya Yoga begeistern. Um mehr zu erfahren muss man "Lehrbriefe" abonnieren, die wie Sie sich denken können nicht kostenfrei sind.
Haben Sie bemerkt, wie Mahatma Gandhi kurz eingeblendet wurde, um den Anschein zu erzeugen er hätte etwas mit Yogananda gemein? Mir hat der Filmstreifen das Charisma Mukundas verdeutlicht. Ein wirklich wundervoller Scharlatan, der die Atemtechnik des Kriya Yoga unglaublich erfolgreich als erster vermarktet hat.