Auf das Leben!

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Alles hat zwei Seiten

Acht Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Vor allem dann, wenn man diese im Gefängnis verbringt. Als Ruth (in jungen Jahren von Sharon Brauner gespielt), früher eine energische junge Frau voller Hoffnungen und Pläne für ein Leben als Sängerin, nach dieser Zeitspanne aus der Haft entlassen wird, hat sie sich radikal verändert – ihre große Liebe zu Victor ist zerbrochen an der Trennung, an eine Fortsetzung ihrer Karriere ist nicht zu denken und an einen tiefen und ruhigen Schlaf ist auch nicht mehr zu denken. Der Grund für den Gefängnisaufenthalt: Eine zufällige Begegnung mit ihrem früheren Peiniger, einem SS-Obersturmbannführer (Mathieu Carrière), den sie im Affekt ersticht.
Diese Backstory enthüllt sich in Uwe Jansons Auf das Leben! aber erst im Laufe des Films, der in der tristen Gegenwart einsetzt: Viele Jahre später begegnet Ruth (nun dargestellt von Hannelore Elsner) bei ihrer Zwangsräumung und dem folgenden Umzug in eine schreckliche Sozialwohnung dem jungen Aushilfsmöbelpacker Jonas (Max Riemelt), der sie fatal an ihre einstige große Liebe erinnert. Doch nicht nur sie trägt ein Trauma mit sich herum, auch Jonas hat mit Problemen zu kämpfen: Seine Freundin Emily (Aylin Tezel) hat er gerade verlassen, er lebt in einem Kleinbus und muss sich zudem seiner MS-Erkrankung stellen, deren Symptome sich langsam bemerkbar machen. Ausgelöst durch die fatale Ähnlichkeit zwischen Victor und dem verzweifelten jungen Mann und die Tatsache, dass letzterer sie nach einem Selbstmordversuch gerettet hat, entsteht bei Ruth ein Gefühl der inneren Verbundenheit. Und auch Jonas findet bei der älteren Dame jene Form von Geborgenheit, die ihm gerade so dringend in seinem Leben fehlt.

Natürlich erinnert die Kombination junger Mann und ältere Frau, gepaart mit der Melancholie des Alterns und einer gewissen Todessehnsucht, ein klein wenig an Hal Ashbys Harold and Maude (1971). Doch Uwe Jansons Auf das Leben! nimmt dann doch einen anderen Weg und Verlauf. Statt dem schwarzen Humor des Kultklassikers nachzueifern, ist Auf das Leben! der entschieden gefühligere Film – daran können auch die spitzzüngigen Bemerkungen und die Berliner Schnauze vom Anfang des Films nichts ändern. Auch die Musik trägt ihren Gutteil zu der heiter-melancholischen Grundstimmung des Filmes bei, passend zu Ruths früherem Leben als Cabaret-Sängerin besteht sie überwiegend aus angejazzten jiddischen Schlagern, die gut mit der überwiegend gedeckten Farbpalette harmonieren, mit der Janson sein Werk versehen hat. Die ihrerseits vertragen sich bestens mit den Rückblenden, die das Drehbuch ganz buchstäblich als Film-im-Film in die Geschichte hinein verpflanzt hat.

Bisweilen leidet die Geschichte, die in ihren Grundzügen an die Familiengeschichte der Berliner Produzentendynastie Brauner (Alice Brauner fungiert hierbei als Produzentin, während ihre Cousine Sharon die junge Ruth verkörpert) erinnert, ein wenig daran, dass der Film zu viel hineinpacken möchte in seine Laufzeit: Ein Sittengemälde Nachkriegsdeutschlands möchte Auf das Leben! sein, das Porträt einer Frau, die als Jüdin weiterhin in dem Land lebt, das ihr so viel Leid verursacht hat, eine Freundschaftsgeschichte und ein Melodram. All das zusammen ist bisweilen ein bisschen zuviel des Guten. So ist es vor allem Hannelore Elsner und Max Riemelt zu verdanken, dass der Film trotz dieser Fülle nicht auseinanderfällt.

Uwe Janson, der bislang überwiegend fürs Fernsehen gearbeitet hat, liefert mit Auf das Leben! einen Kinofilm ab, der handwerklich sauber (auch im Sinne von konventionell) gemacht ist und der zuvorderst ein überwiegend älteres Publikum ansprechen dürfte.

Auf das Leben!

Acht Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Vor allem dann, wenn man diese im Gefängnis verbringt. Als Ruth (in jungen Jahren von Sharon Brauner gespielt), früher eine energische junge Frau voller Hoffnungen und Pläne für ein Leben als Sängerin, nach dieser Zeitspanne aus der Haft entlassen wird, hat sie sich radikal verändert – ihre große Liebe zu Victor ist zerbrochen an der Trennung, an eine Fortsetzung ihrer Karriere ist nicht zu denken und an einen tiefen und ruhigen Schlaf ist auch nicht mehr zu denken.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Nils · 22.05.2015

Max Riemelt und Hannelore Elsner spielen großartig! Ein sehr bewegender Film - traurig, lustig, emotional, aufrührend - sehr sehenswert! DVD-Verkauf startet laut camino.de irgendwann im Juni/Juli 2015 - can\'t wait :) im Kino war er schon toll - aber freue mich schon darauf, ihn zu Hause auf der Couch nochmal zu schauen - mit Pizza und Taschentüchern :))

cynthia · 02.12.2014

Mir erschloss sich die Figur, die H. Elsner darstellte, nicht.
Das war so eine etwas flippige Frau, die mir irgendwie nicht zu der Geschichte passen wollte.

Maria · 02.12.2014

Meine Begleitung und ich sind auch der Meinung, dass es zu viele Handlungsstränge gibt. Hier wäre weniger bestimmt mehr gewesen.
So kam der Film etwas wirr rüber.
Ansonsten habe ich den Protagonisten gerne beim Spiel zugeschaut.