Audition (1999)

Eine Filmkritik von Renatus Töpke

Casting einmal anders

Er ist hart. Sehr hart. Takashi Miikes Albtraum beginnt zwar zaghaft, fasst schüchtern. Doch ab der Mitte entlädt sich ein großartig gefilmter, sehr gut gespielter und extrem dichter Horrortrip über der Hauptperson Shigeharo (Ryo Ishibashi), dass einem Hören und Sehen vergeht.

Shigeharo Aoyama hat vor sieben Jahren seine Frau verloren. Seinen Sohn hat er alleine großgezogen, der Job läuft gut, Freunde hat er auch. Doch etwas fehlt in Shigeharos Leben und das ist natürlich eine Frau. Auch sein Sohn drängt ihn dazu, nicht mehr alleine zu sein. Doch der romantisch-zurückhaltende Shigeharo weiß nach all den Jahren gar nicht mehr, wie das geht; flirten, eine Frau ansprechen, ausgehen… Ein befreundeter Filmproduzent hat die Idee: Warum kein Casting machen? Er suche sowieso gerade eine neue Hauptdarstellerin und wer weiß, vielleicht haben sie ja beide was davon. Bei der folgenden Audition sticht Shigeharo sofort die schüchterne Asami (Eihi Shiina) ins Auge. Die tiefe Traurigkeit, die Asami ausstrahlt, fasziniert den einsamen Mann. Nach dem ersten Date beginnt Asami zu klammern, fleht förmlich um Shigeharos Aufmerksamkeit. Hier sollte der Mann schon hellhörig werden, doch er ist überwältigt von diesem Mädchen das von sich behauptet, wirklich niemanden zu haben, den sie auch nur entfernt als Freund bezeichnen kann. Bei einem gemeinsamen Ausflug ans Meer, schlafen die beiden dann auch das erste Mal miteinander und Asami nimmt Shigeharo das Versprechen ab, nur sie und niemanden sonst zu lieben. Ein folgenschwerer Fehler…

Miike war trotz seiner sensiblen (Film-)Seite immer auch der Mann fürs Grobe und der Extreme. Audition / Ôdishon hält nahezu perfekt die Balance zwischen Ruhe und Gewalterruption. Kleine Schocks bereiten den Zuschauer darauf vor, dass die komplette erste Hälfte nur die Ruhe vor dem Sturm ist. Asami hat mal mit einem Musikmanager einen Vertrag gehabt? Durch Nachforschungen stellt sich heraus, dass der Mann seit über zwei Jahren verschwunden ist. Und was ist das da in dem großen Sack in Asamis Wohnung? Man will es eigentlich gar nicht wissen. Doch man erfährt es. Hart und konsequent. Der Wahnsinn kommt unaufhaltsam in das Leben eines einfachen Menschen.

Audition ist mal was ganz Neues. Was für eine Story. Klasse. Man ahnt, was kommt. Und wird doch überrumpelt. Mit roher Kamera gefilmt, toll inszeniert, grandios gespielt (und sehr gut synchronisiert – was nicht selbstverständlich ist, bei asiatischen Produktionen). Eine wahre Frechheit ist es jedoch, die DVD als Special Edition zu titulieren, wo es doch nur ein Interview mit dem Regisseur als nennenswerten Bonus gibt.
 

Audition (1999)

Er ist hart. Sehr hart. Takashi Miikes Albtraum beginnt zwar zaghaft, fasst schüchtern.

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