Ashes of Time: Redux

Eine Filmkritik von André Uhl

Die Wiederentdeckung eines Meisterwerks von Wong Kar Wai

Ashes of Time — Asche der Zeit: der Titel ist Programm. Fünfzehn Jahre lang waren mehrere Versionen von diesem frühen Werk Wong Kar Wais in den Archiven und Verleihen im Umlauf. Nun wurde Hong Kongs Kultregisseur zum Film-Archäologen und machte sich die seither erweiterten technischen Möglichkeiten zunutze, um seine Visionen von damals in einer Endfassung des Filmes freizulegen. Ashes of Time: Redux ist — und das ist die zweite Überraschung — ein Martial-Arts-Film:
Seitdem Ovang Feng (Leslie Cheung) von seiner großen Liebe verstoßen wurde, wohnt er in der Wüste und vermittelt Auftragsmorde an Schwertkämpfer. Sein verletztes Herz hat ihn gnadenlos und zynisch werden lassen, doch seine Begegnungen mit Freunden, Kunden und zukünftigen Feinden führen ihm seine Einsamkeit vor Augen.

Die filmische Orchestrierung von großen Gefühlen ist Wong Kar Wais Markenzeichen, und selbst Martial Arts weiß er diesem Zwecke dienlich zu machen: das sonst Maßgebende des Genres — die Ästhetik des Kampfes — ist für Wong Kar Wai kein Selbstzweck, sondern zusätzliches Gestaltungselement, um die Einsamkeit und Sehnsucht des Kriegers in Bilder von verstörender Schönheit zu übersetzen.

In Ashes of Time: Redux wird der Schauplatz der Wüste zum Spiegel der inneren Welten ihres Bewohners. Die Bilder ähneln durch den Einsatz von Lichtspielen und Farbfiltern bewegten Gemälden und sind Ausschnitte einer Wahrheit, die auf der bloßen Bildoberfläche kaum fassbar, kaum verständlich wird. Einstellung für Einstellung stellt Wong Kar Wai Figurenkonstellationen zusammen und passt deren Handlungen an die Rhythmik von Montage und Musik an. Um die Essenz des Filmes zu begreifen, müssen die stilisierten Close-Ups sowie die isolierten Dialoge und Kampfhandlungen in ihrer Gesamtkomposition betrachtet werden: Das Ineinandergreifen von Bild und Ton ruft Stimmungen hervor, die nicht in, sondern über den Darstellungen liegen — die Diegese wird zum Schwingen gebracht.

Bereits in diesem Frühwerk gelingt es Wong Kar Wai — von einigen schleppenden Stellen abgesehen — sein künstlerisches Talent unter Beweis zu stellen und die Magie der Gefühle in beeindruckender Ästhetik heraufzubeschwören. Zudem nutzt er das filmhistorische Potential seiner Arbeit, indem er gerade in der Unfertigkeit und Ungeschliffenheit des Filmes einen eigenen künstlerischen Wert erkennt: „Es ist kompliziert, einen Traum zu wiederholen, der über 15 Jahre alt ist. Neue Technologie hilft in vielen Fällen, aber nicht immer. Ich musste mich davon abhalten, den Film durch den Filter von Erfahrungen und Veränderungen zu sehen, die ich in den Jahren seitdem gemacht habe. Ich wollte nur den Film realisieren, der er immer sein sollte, und ich akzeptiere seine Werte, sollte er welche haben, ebenso wie seine Fehler.“ Das Ergebnis dieses Projektes ist ab dem 17. September in den deutschen Kinos zu sehen.

Ashes of Time: Redux

Ashes of Time — Asche der Zeit: der Titel ist Programm. Fünfzehn Jahre lang waren mehrere Versionen von diesem frühen Werk Wong Kar Wais in den Archiven und Verleihen im Umlauf. Nun wurde Hong Kongs Kultregisseur zum Film-Archäologen und machte sich die seither erweiterten technischen Möglichkeiten zunutze, um seine Visionen von damals in einer Endfassung des Filmes freizulegen.
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