Amy (2015)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Ein Dokumentarfilm mit Agenda

Nach Cobain: Montage of Heck kommt dieses Jahr ein weiterer Dokumentarfilm über ein Ausnahmetalent in die Kinos. Asif Kapadias Amy beleuchtet das Leben und die Karriere von Amy Winehouse. Die Britin feierte mit ihrem legendären „Back to Black“-Album weltweite Erfolge, geriet aber zunehmend in die Schlagzeilen ob ihrer Drogensucht und Bulimie. Am 27. Juli 2011 verstarb sie in ihrer Wohnung an Herzstillstand, induziert durch massiven Alkoholkonsum.

Amy, ganz ähnlich wie die Cobain-Dokumentation, kann mit einer unglaublichen Menge an Material aufwarten. Zum Teil sind es Privataufnahmen und -dokumente, die von Freunden und Familie zur Verfügung gestellt wurden. Diese zeigen meist eine junge Frau, eher schüchtern, mit einem großen Talent und Charisma, die gern Jazzsängerin sein wollte – ein Musikgenre, welches sie schon als Teenagerin liebte und ausgiebig studierte. Eine Frau, die von einem Talentscout und späteren Freund dazu überredet werden musste, ein Album aufzunehmen. Es zeigt aber auch eine Frau, die sich schon in Kindertagen nichts sehnlicher wünschte, als gehalten und geführt zu werden. Die Scheidung ihrer Eltern und die Abwesenheit ihres Vaters spielten in Amys Leben und in ihrer Musik eine große Rolle. Die Sehnsucht nach einer beschützenden Vaterfigur, so suggeriert der Film, war es dann auch, die sie in eine Abhängigkeitsbeziehung und schließlich Ehe mit Blake Civil Fielder brachte.

Und hier wird es schon ein wenig komisch, denn subtil versucht der Film die Akteure in Amys Leben stets in gute und böse zu teilen. Gut: Amys Freundinnen, ihr Bodyguard, der Rapper Mos Def. Schlecht: die Plattenfirmenmanager, der Vater, ihr Ehemann. Nun sollte man aus dem eigenen Leben wissen, dass es so einfach nicht ist. Der Film macht es sich aber so einfach und inszeniert die Personen auch dementsprechend. Im Grunde hat Amy nämlich eine Agenda. Es geht nicht um eine neutrale, wenn auch empathische Auseinandersetzung mit der Person und ihrem Leben. Es geht nämlich eigentlich um die Tragödie Amy Winehouse. Und diese versucht Kapadia etwas küchenpsychologisch zu ergründen. In den Video- und Audioaufnahmen, in den Interviews der Beteiligten, in den privaten Momenten und auch in ihrer Musik. Denn wer sich mit den Texten von Winehouse einmal beschäftigt hat, der merkt schnell, dass diese äußerst persönlich waren. Und so gibt es einige Aufnahmen von Auftritten, bei denen der Text stets ins Bild eingeblendet wird, fast so, als wäre dies ein Gerichtsdokument und die Musiktexte sind Beweise.

Dass Winehouse eine begnadete Jazzsängerin und –komponistin war, wird zwar immer wieder erwähnt, doch ihre Musik ist stets ein Mittel zum Erforschen des tragischen Zweckes und genau an dieser Stelle wird es makaber. Denn eigentlich interessiert sich Kapadia für das elende Ende. Und so arbeitet sich der Film in unendlichen Details zum großen Ende hin, dass es alsbald makaber und ein wenig bitter wird, sich diese ganzen Details anzusehen. Ja, das hat etwas von Leichenfledderei und Bigotterie, klagt der Film doch einerseits die Presse und die Öffentlichkeit an, die Winehouse weder Respekt, noch den Platz zum Atmen gaben und mit genüsslicher Schadenfreude dem langen Sterben zusahen, gleichsam speisen sich viele der Filmbilder aus dem gleichen geiferischen Material und replizieren dieses Sterben also noch einmal.

Tatsächlichen Mehrwert und Einblick in das Leben dieser Frau geben am Ende nur ein paar private Schnipsel, die man so noch nie gesehen hat. Abgesehen davon löst Amy vor allem eines aus: Man möchte dieser Frau endlich Ruhe gönnen und ihr unfassbares Talent betrauern. Dazu müsste man diesen Film dann aber faktisch sofort verlassen.
 

Amy (2015)

Nach „Kurt Cobain: Montage of Heck“ kommt dieses Jahr ein weiterer Dokumentarfilm über ein Ausnahmetalent in die Kinos. Asif Kapadias „Amy“ beleuchtet das Leben und die Karriere von Amy Winehouse. Die Britin feierte mit ihrem legendären „Back to Black“-Album weltweite Erfolge, geriet aber zunehmend in die Schlagzeilen ob ihrer Drogensucht und Bulimie.

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