American Translation - Sie lieben und sie töten

Eine Filmkritik von Falk Straub

Programmierte Roboter

Wenn Schauspieler Jean-Marc Barr auf dem Regiestuhl Platz nimmt, ist auf der Leinwand meist viel nackte Haut zu sehen. In American Translation widmet er sich gemeinsam mit Pascal Arnold einem mörderischen Pärchen.
Egal ob in Literatur, Film oder Fernsehen, in den USA haben Serienkiller Konjunktur. Die erstarrten Fratzen ihrer maskierten Protagonisten sind zu Ikonen der Popkultur geworden. Und auch bei Schockern, in denen die Mörder Gesicht zeigen, spuken einem sofort Namen wie Hannibal Lecter, Patrick Bateman oder Dexter Morgan durch den Kopf. Bei American Translation zieht der Zuschauer folglich unweigerlich Vergleiche mit den Größen des Genres, zumal der Film aus seinen Vorbildern keinen Hehl macht. Schon der Titel ist doppelbödig. Die Übersetzung, von der hier die Rede ist, ist einerseits in der Handlung verankert, impliziert andererseits eine Übertragung amerikanischer Vorbilder.

American Translation spielt in Frankreich. Der gutaussehende Chris (Pierre Perrier) ist ein Streuner und Spieler. Ohne festen Wohnsitz fährt er mit seinem Kleinbus durch die Gegend. Geld verdient er beim Poker. Frauen wie Männer erliegen gleichermaßen seinem Charme. Doch Chris hat ein dunkles Geheimnis. Junge Stricher sind seine Leidenschaft. Eine Obsession, die die Objekte der Begierde mit dem Leben bezahlen. Als Chris mit Aurore (Lizzie Brocheré) ein leidenschaftliches Verhältnis beginnt, mündet die Beziehung in einen tödlichen Roadtrip.

Pascal Arnolds und Jean-Marc Barrs Versuch, einen französischen Serienkillerfilm zu machen, ist nur in Ansätzen gelungen. Mit einer unaufdringlichen Digitalkamera rücken sie dicht ans Geschehen. Anstatt auf übertriebene Schauwerte setzen sie auf eine naturalistische Inszenierung, die dem Zuschauer Zeit zur Kontemplation einräumt. Jegliche Psychologisierung mit dem Holzhammer versucht American Translation zu vermeiden. Die meiste Zeit sieht der Film seinen Figuren einfach bei deren Alltag zu.

Das langsame Erzähltempo raubt American Translation jedoch jegliche Spannung. Ein viel größeres Problem liegt zudem in den Figuren selbst. Während der Zuschauer Chris den charismatischen Verführer und Mörder noch halbwegs abnimmt, wirkt Aurore seltsam steril. Zwar sagt sie an einer Stelle des Films: „Ich fühle mich wie ein programmierter Roboter. Es ist wirklich schwer zu rebellieren, wenn man alles hat.“ Und dennoch wirkt diese Teilnahmslosigkeit gekünstelt, die Revolte einer verwöhnten Tochter nicht im Ansatz glaubwürdig. Lizzie Brocheré vermag es erst in der letzten Szene des Films ihrem Charakter das nötige Leben einzuhauchen. Zu spät, um beim Zuschauer anzukommen.

Vielleicht entschlossen sich die Regisseure deshalb, American Translation nach dem offiziellen Ende mit erklärenden Texttafeln zu versehen. Dass der Film lose auf diversen wahren Fällen beruhe, ist darauf zu lesen. Danach werden Serienmörder zitiert, die ihre Gefühllosigkeit beschreiben. Die Tafeln wirken wie eine Rechtfertigung, wie ein letztes Ringen nach Glaubwürdigkeit, das den zuvor gewählten Weg des Films, nicht alles zu erklären, gnadenlos unterläuft.

American Translation - Sie lieben und sie töten

Wenn Schauspieler Jean-Marc Barr auf dem Regiestuhl Platz nimmt, ist auf der Leinwand meist viel nackte Haut zu sehen. In „American Translation“ widmet er sich gemeinsam mit Pascal Arnold einem mörderischen Pärchen.
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